Gemeinsames Projekt mit Stiftung Rodtegg

Warum das Neubad Menschen mit Beeinträchtigungen ins Haus holt

Freuen sich auf das gemeinsame Projekt: Laurin Schwob vom Neubad (oben) und Regula Amgarten von der Stiftung Rodtegg (unten). (Bild: zvg)

Die Stiftung Rodtegg wagt den Schritt aus den eigenen vier Wänden: Bald wird ein Teil der geschützten Arbeitsplätze ins Kulturhaus Neubad verlegt. Wir haben mit den Verantwortlichen gesprochen, was dahintersteckt.

«Vielfalt heisst, zur Party eingeladen zu werden.» Und Teilhabe wäre dann, die Party mitzuorganisieren, wenn es nach der Inklusions-Expertin Vernā Myers und ihrem vielzitierten Zitat geht.

Und genau das wollen die Stiftung Rodtegg und das Neubad erreichen. Für ein gemeinsames Projekt spannen die Stiftung für Menschen mit körperlicher Behinderung und das Kulturhaus nämlich zusammen.

Stiftung Rodtegg wird sechs Arbeitsplätze im Neubad beziehen

Im Rahmen des Projekts «Vereinbar» verlegt die Rodtegg sechs der geschützten Arbeitsplätze der «Bürowärkstatt» in die Räume an der Bireggstrasse. Die Plätze werden dabei abwechselnd von rund 20 Mitarbeitenden besetzt. Im Neubad sind noch einige baulichen Massnahmen notwendig, damit es barrierefrei wird. Im Sommer soll das ganze Erdgeschoss mit Bistro und Atelierbereich rollstuhlgängig werden.

Laurin Schwob, Assistenz der Geschäftsleitung des Neubads, verrät uns, wie es zum Projekt gekommen ist. Das Neubad wünschte sich ein Projekt aus dem sozialen Bereich, welches kooperativ mit Organisationen aus der Nachbarschaft umgesetzt werden kann. Schliesslich hat er bei der Stiftung Rodtegg angeklopft.

Das Ziel: Mehr Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung

Die Bereichsleiterin Erwachsene der Stiftung Rodtegg war sofort begeistert. «Ich musste keine Sekunde überlegen», sagt sie. «Das gegenseitige Interesse und das Potenzial war vom ersten Moment an spürbar», ergänzt Laurin Schwob. Und als sie auf die Ausschreibung des Förderprogramms «piiik» der Albert-Koechlin-Stiftung gestossen sind, welches den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Fokus stellt, wussten sie: Mit ihrem Projekt treffen sie ins Schwarze.

«Menschen mit Beeinträchtigung an einem Arbeits- und Kulturort zusammenbringen, fördert Inklusion sichtbar und wirksam.»

Regula Amgarten, Stiftung Rodtegg

Warum will die Rodtegg in neue Sphären eintauchen? Regula Amgarten erklärt, dass sich die Stiftung seit letztem Jahr mit der «Bürowärkstatt» in einem Neuausrichtungsprozess befände. Man wolle neue Tätigkeitsfelder finden, in denen die Mitarbeitenden besser in der Gesellschaft inkludiert sind. Und: Mehr Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung schaffen.

... und Menschen mit Beeinträchtigung ins Neubad locken

«Menschen mit Beeinträchtigung bewegen sich oft in einem kleinen Radius», sagt Amgarten. «Die Begegnungen ausserhalb dieses Kreises sind häufig gering. Statt Inklusion passiert Separation.» Mit dem Projekt soll hier Abhilfe geschaffen werden. Sie ist überzeugt: «Menschen mit Beeinträchtigung an einem Arbeits- und Kulturort zusammenbringen, fördert Inklusion sichtbar und wirksam.»

Und Laurin Schwob vom Neubad ergänzt, dass sich das Neubad als Haus der offenen Kultur(en) verstehe. «Wir möchten möglichst alle Menschen unterschiedlichster Couleur unter einem Dach vereinen und aufeinandertreffen lassen. Menschen mit Beeinträchtigungen sind Teil der Gesellschaft. Sie gehören also unbedingt auch ins Neubad, sollen am kulturellen und gesellschaftlichen Austausch teilnehmen und mit ihrer Präsenz und Projekten das Haus bereichern.» Ziel ist es dann auch, dass das Neubad das Label «Kultur inklusiv» erhält.

«Menschen mit Beeinträchtigung sollen im Neubad ein- und ausgehen, ganz normal und ohne grosses Tamtam.»

Laurin Schwob, Neubad Luzern

Das Besondere am Projekt sei, dass die Inklusion räumlich und damit stetig sei. «Es bleibt nicht bei der einen speziellen, inklusiven Veranstaltung, die gross angepriesen wird. Menschen mit Beeinträchtigung sollen im Neubad ein- und ausgehen, ganz normal und ohne grosses Tamtam. Indem die Rodtegg Ateliers im Neubad einrichtet, glauben wir dorthin zu kommen.»

Regula Amgarten schätzt, dass im Co-Working-Bereich des Neubads Menschen aus unterschiedlichsten Metiers arbeiten. «Umso mehr ist es für die Mitarbeitenden der Bürowärkstatt eine Chance, dort zu arbeiten und aus ‹dem Chueche› rauszukommen, wie es ein Mitarbeiter der Bürowärkstatt wunderbar formuliert hat.»

Gemeinsam können Projekte entstehen

Der Umzug der Bürowärkstatt der Rodtegg in die Ateliers ist auf diesen Oktober geplant. «Von da aus sollen sie das ganze Haus, mit all seinen Facetten erobern», sagt Laurin Schwob. Die Kennenlernphase hat aber bereits gestartet – mit Führungen, Schnuppertagen und einem gemeinsamen Grillabend. Und Laurin Schwob hat sich bereits schon jetzt mit einigen aus der Bürowärkstatt zum Feierabendbier verabredet.

Geplant ist übrigens auch, dass gemeinsame Projekte entstehen. Sei das mit Events, der Mitarbeit im Bistro oder im Garten, oder das Herstellen von eigenen Produkten im Bereich Kunst und Kreativwirtschaft. Was genau, das wird sich zeigen. «Kern von unserem Ansatz ist die Partizipation», so Laurin Schwob. Statt vorgefertigter Arbeitsprogramme steht als Erstes die räumliche Integration an. Dann wollen sie gemeinsame Projekte schmieden.

Und – wie Vernā Myers sagen würde – die Menschen der Rodtegg nicht einfach nur einzuladen, sondern sie eben auch teilhaben lassen, eigene Partys zu organisieren.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Laurin Schwob und Regula Amgarten
  • Medienmitteilung Albert-Koechlin-Stiftung
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