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Der heutige Montag war ein pechschwarzer Tag für alle Berufspendler. Einmal mehr. Für all jene also, die sich täglich mit kreischenden Schulkindern, fröhlichen Rentnergruppen, Müesli essenden Studentinnen in die vollgestopften Interregios zwischen Zürich und Luzern quetschen.
Die Einen wohnen in Luzern oder Zug und pendeln nach Zürich (die Mehrheit), Andere wiederum wohnen zum Beispiel in Zürich und fahren nach Zug oder Luzern zur Arbeit (eine Minderheit). Ich gehöre zur letzteren Spezies, seit nunmehr elf Jahren, freiwillig. Wobei ich die angenehmere Pendlerstrecke von Zürich nach Luzern befahre. Im Gegensatz zur umgekehrten Strecke ist die Chance gross, dass man auch einen Platz ergattert – sofern man nicht in Rotkreuz zusteigt.
Alle wieder aussteigen
Dieser Montag ist aussergewöhnlich. Es gibt über die Mitpassagiere nichts Aussergewöhnliches zu schreiben – weil der Zug gar nicht fährt. Nach einigen Minuten im Interregio Zürich-Luzern, vorgesehene Abfahrtszeit 8.04 Uhr, heisst es, die Abfahrt verzögere sich um einige Minuten. Okay, das gab es letzte Woche und die Wochen zuvor auch. Dann plötzlich: Alle aussteigen, dieser Zug fahre nicht. Grund sei eine Fahrleitungsstörung in Horgen-Oberdorf. Kurz darauf stehen Hunderte auf dem Bahnsteig, wissen nicht, was läuft. Die meisten zücken das Handy, telefonieren oder schreiben SMS an ihren Chef oder ihren Kollegen.
(Bild: mbe.)
Kaffee holen und abwarten
Die Hoffnung, mit dem Zug eine halbe Stunde darauf mitzufahren, zerschlägt sich auch. Der nächste IC wird angezeigt auf der Tafel, dann erlischt die Anzeige wieder. Wir stehen weiter ahnungslos auf dem Perron, starren auf die Anzeigetafeln, wo keine Umleitung angezeigt wird. Ich setze mich zwischenzeitlich mal auf eine Bank, nehme den Laptop hervor, den ich zum Glück mitgenommen habe, und beginne mit meiner Arbeit.
Aus dem Lautsprecher ertönt nur immer wieder, wie ein Mantra, eine Computerstimme, die denselben Sermon wiederholt von der Fahrleitungsstörung, den man langsam kennt. Ich schliesse daraus: Die SBB setzen zunehmend auf Automatisierung. Mal etwas Spontanes zu sagen, ein Mensch, der die Ansage macht, scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.
Automaten-Durchsagen nerven
Da gibt es eine Panne und man erzählt immer das Gleiche. Statt uns die wirklich nötige Info mitzuteilen. Nämlich: Wie komme ich nun endlich von Zürich nach Luzern mit dem öffentlichen Verkehr, auf den ich nun mal angewiesen bin, da ich kein Auto habe. Und für diesen miesen Service zahle ich den SBB jedes Jahr noch mehr für das GA.
Immerhin kann ich mir vorstellen, wie irgendwelche SBB-Leute im Hintergrund daran arbeiten, um das Problem im Bahnhof Horgen-Oberdorf schnell zu beheben. – In Horgen-Oberdorf gibt es notabene schon lange kein Stationsgebäude mehr, es wurde vor einigen Jahren abgerissen und hat einem Laden Platz gemacht. Ist also auch kein Stationsvorstand dort, der sich verantwortlich fühlen würde.
Kälte, warten, nichts wissen
Zurück in den Hauptbahnhof: Ich nerve mich, wie all die anderen Passagiere. Es ist kalt in der zugigen Unterführung. Eine geschlagene Stunde dauert es, bis die Umleitungen endlich auf den Tafeln angezeigt werden. Die Leute rennen in den unterirdischen Bahnhof «Museumsstrasse», auf Gleis 41, um die Linie S9 über das Knonauer Amt nach Zug zu erwischen und so über Umwege doch noch in die Zentralschweiz zu gelangen.
(Bild: mbe.)
Der Zug wird förmlich gestürmt
Immer mehr Leute quetschen sich in den bereits vollgestopften Zug. Der Lokführer hinter dem Führerstand will pünktlich losfahren, doch weitere Personen stürmen den Zug, wollen auch noch rein, eine Türe geht wieder auf. «Es hat keinen Platz mehr!», schreit jemand aus dem vollgestopften Zug, doch der Mann drängt sich trotzdem noch rein, Tumult. Endlich gehen die Türen zu, einige Passagiere fluchen dem bereits abfahrenden Zug nach. Alles ist ein wenig aus den Fugen.
Lieber auf den EC Richtung Süden
Ich habe es vorgezogen, diesen Zug nicht zu nehmen, da ich klaustrophobisch veranlagt bin und mir meine Körperkontakte gerne selber aussuche. Stattdessen schaffe ich es einige Minuten später auf einen EC in den Süden – Tessin oder Milano, weiss es nicht so genau – und finde dort gut Platz. Die Tessiner oder Italiener, die bereits im Zug sitzen, wundern sich wohl über den plötzlichen Ansturm. Bald sind wir in Rotkreuz, es sind 2 Stunden 10 Minuten vergangen seit dem Beginn dieser Reise. Von dort geleitet uns ein fast leerer Zug nach Luzern.
(Bild: mbe.)
Bis dass der Akku leer war
Während der Zugreise konnte ich immerhin die ersten Arbeiten erledigen. Bis das Handy wieder mal keinen Strom hat und der Hotspot für die Internetverbindung ausfällt. Auch diese Panne hat mit dem Strom zu tun – wie die Fahrleitungsstörung der SBB in Horgen-Oberdorf. Unser System ist hoch anfällig, schiesst es mir durch den Kopf, was geschieht, wenn einmal unsere Stromversorgung attackiert würde? Nicht auszudenken. Doch das ist wieder ein ganz anderes Thema.
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