Subventionsaffäre: Gutachten soll Firma entlasten

Nix mit 16 Millionen? VBL weigern sich, Vereinbarung zu unterzeichnen

Die Verkehrsbetriebe Luzern stehen im Verdacht, zu viel Geld kassiert zu haben. (Bild: zvg)

Plötzlich ist wieder alles anders. 16 Millionen Franken sollen die Luzerner Verkehrsbetriebe (VBL) eigentlich an Kanton und Gemeinden zurückzahlen. Nun stellen die VBL aber infrage, ob sie überhaupt etwas falsch gemacht haben. Dabei berufen sie sich auf das Gutachten eines alten Bekannten – und drohen selbst mit rechtlichen Schritten.

Der Verkehrsverbund Luzern (VVL) ist «not amused». Mit Nachdruck fordert er die VBL dazu auf, zu viel bezogene Abgeltungen in der Höhe von 16 Millionen Franken zurückzuzahlen (zentralplus berichtete). Bereits anfangs März hatten sich die VBL bereit erklärt, die Subventionsgelder rückzuerstatten (zentralplus berichtete). Allerdings beteuerten die VBL schon damals, nach «bestem Wissen und Gewissen» gehandelt zu haben.

In der Folge forderte die Luzerner Regierung alle Beteiligten dazu auf, dass bis Mitte 2020 eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Verkehrsverbund, den VBL und dem Bundesamt für Verkehr auf dem Tisch liegt (zentralplus berichtete).

An diesem Punkt im Jahr wäre man nun angekommen – doch jetzt kommt doch wieder alles ganz anders.

VBL haben Gutachten von Ex-Uni-Rektor erstellen lassen

Die VBL könnten die derzeitige Version dieser Vereinbarung aus mehreren Gründen nicht unterschreiben, teilen sie auf Anfrage von zentralplus mit. «Es gibt gemäss externen Juristen und Experten begründete rechtliche Zweifel an den Forderungen des VVL und des Bundesamts für Verkehr», heisst es in einem Schreiben des Verwaltungsrats. Und weiter: «Deshalb ist der Entscheid zum Umgang mit der rechtlich ungeklärten Forderung besonders sorgfältig abzuwägen.»

«Es gibt gemäss externen Juristen und Experten begründete rechtliche Zweifel an den Forderungen des VVL und des BAV.»

Stellungnahme des VBL-Verwaltungsrats

Im Zentrum steht ein Gutachten, das die VBL durch den Juristen und ehemaligen Uni-Rektor Paul Richli hat erstellen lassen. Dieses liegt zentralplus vor. Es kommt zum Schluss, dass der Anspruch auf Rückforderung über 16 Millionen Franken vor Gericht wohl nicht standhalten würde.

Teilweise bereits verjährt?

In seinem Fazit schreibt Richli, dass dem Bund und dem VVL bereits 2012 bewusst gewesen sei, dass die VBL mit kalkulatorischen Zinsen zugunsten der VBL AG rechneten. Es gehe jedoch «kein klarer Vorbehalt zulasten der VBL AG hinsichtlich der Höhe solcher Zinsen» aus dem Bericht hervor, heisst es weiter.

Mit anderen Worten: Bund und VVL wussten genau, was die VBL taten, und hatten nichts dagegen. «Zudem dürfte der Rückforderungsanspruch auch unter verjährungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht standhalten», heisst es in Richlis Gutachten weiter. Insgesamt würden «gewichtigere Argumente gegen als für die Begründetheit des Rückforderungsanspruchs sprechen», lautet seine Schlussfolgerung.

VBL wollen Absegnung des Stadtrats

Die VBL sind zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Luzern. Der Verwaltungsrat der VBL fordert nun eine konkrete Absegnung der Zahlung durch den Stadtrat. Dies «aufgrund der unklaren Rechtslage und der Tatsache, dass es um Gelder der öffentlichen Hand geht». Dies sei auch zur Absicherung des Verwaltungsrats notwendig, heisst es auf Anfrage.

Da gemäss Paul Richlis Gutachten begründete rechtliche Zweifel an der Rückzahlungsforderung bestünden, benötige der Verwaltungsrat eine fundierte Basis. Die Absegnung des Stadtrats wäre für die VBL eine solche.

«Bei den VBL nimmt der Stadtrat die Aktionärsrechte wahr. Er kann vorliegend nicht über die Rechtmässigkeit der Forderung befinden.»

Franziska Bitzi Staub, Finanzdirektorin

Der Stadtrat sieht dies jedoch anders, wie Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub auf Anfrage bestätigt. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft – wie die VBL AG eine ist – basiere wesentlich auf einer klaren Trennung der Verantwor­tung des Verwaltungsrats und der Aktionäre. «Bei den VBL nimmt der Stadtrat die Aktionärsrechte wahr. Er kann vorliegend nicht über die Rechtmässigkeit der Forderung befinden», so die Juristin.

Der Stadtrat sei einverstanden, dass zu viel geflossene Abgeltungen von den VBL an den VVL zurückbezahlt würden, und unterstütze die VBL in dieser Hinsicht. Bitzi stellt jedoch klar: «Der Stadtrat kann selber keine Vergleiche mit dem VVL abschliessen, da er nicht Vertragspartei ist.»

VBL drohen nun ebenfalls mit rechtlichen Schritten

Der Rechtsweg scheint derweil immer wahrscheinlicher. Der VVL hat den VBL bereits mit rechtlichen Schritten gedroht, wie in einer Medienmitteilung zu lesen war. Welche Schritte dies konkret sind, lässt Verbundratspräsident Thomas Buchmann auf Anfrage jedoch offen. Man könne sich nicht im Detail zu weiteren Massnahmen äussern. «Es laufen dazu Abklärungen auf verschiedenen Ebenen», sagt Buchmann.

Der Verwaltungsrat der VBL kontert nun: «Sollte eine Bereinigung mit dem BAV und dem VVL auf dem Verhandlungsweg aber weiterhin nicht möglich sein und die Stadt der Zahlung nicht zustimmen, ist für die VBL AG eine rechtliche Klärung nicht ausgeschlossen.»

Untersuchungen laufen noch

Bei den VBL ist man letztlich einigermassen irritiert, dass der VVL jetzt dermassen Druck ausübt. Schliesslich laufe derzeit noch die externe Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des städtischen Parlaments und des Luzerner Stadtrats (zentraplus berichtete).

«Die vom VVL und vom BAV vorbereitete Rückzahlungsvereinbarung, die wir trotz laufender politischer Prozesse erhalten haben, ist in der aktuell vorliegenden Form aus Sicht der VBL nicht akzeptierbar», lautete das Fazit des Verwaltungsrats.

Es droht auch ein politisches Nachspiel

Ein «zeitnaher» Abschluss der Vereinbarung, wie ihn der Regierungsrat gewünscht hat, scheint somit in weite Ferne gerückt zu sein. Ein weiteres politisches Nachspiel ist damit programmiert – nach den neuesten Entwicklungen wohl auch ein rechtliches.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon