Mit Kampagne und «Awareness Day»

Universität Luzern sagt sexueller Belästigung den Kampf an

Aktion des feministischen Hochschulkollektivs im November 2019: Damals warfen Aktivistinnen der Uni vor, Frauen zu benachteiligen. (Bild: Natalie Boo)

Die Universität Luzern will zu einem Ort werden, der frei von Barrieren, Belästigung und Diskriminierung ist. Sie plant gemeinsam mit mehreren Schweizer Hochschulen eine grosse Kampagne.

Eine junge Frau trägt eine Matratze über den Campus der New Yorker Columbia University. Mit ihrer Aktion hat die Studentin Emma Sulkowicz 2015 in Amerika eine nationale Debatte über die «rape culture» an Universitäten ausgelöst. Die Matratze stand für eine Vergewaltigung, welche die Frau einem Kommilitonen vorwarf.

Die Kunstperformance hatte zahlreiche Kampagnen gegen sexuelle Übergriffe an Hochschulen zur Folge – initiiert vom damaligen Präsidenten Barack Obama. Auch in der Schweiz rückte das Problem seither stärker in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Wer heute die Uni Luzern besucht – sei es als Studentin oder Mitarbeiter – soll auf einen barriere-, belästigungs- und diskriminierungsfreien Ort treffen. Und das unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Weltanschauung oder sexueller Orientierung. Dieses Ziel hat sich die Universität Luzern auf die Fahne geschrieben – und im Januar 2021 die sogenannte «Diversity-Strategie» verabschiedet (zentralplus berichtete).

In diesem Zusammenhang lanciert die Universität Luzern eine Kampagne gegen sexuelle Belästigung. Denn auch vor den Hochschulen mache diese keinen Halt. «Die prekären Anstellungsbedingungen vieler Forschender, eine hohe Arbeitslast, hierarchische Strukturen sowie wenig Diversität in gewissen Fachbereichen und Departementen stellen vier von mehreren Risikofaktoren für grenzverletzendes Verhalten dar», schreibt die Universität Luzern auf ihrer Website.

Sexuelle Belästigung: Uni Luzern hat Lead bei grosser Kampagne

Wie Mediensprecher Lukas Portmann schreibt, hat die Universität Luzern den Lead bei Präventions- und Sensibilisierungskampagne, welche die Schweizer Hochschulen im Rahmen eines Projekts von Swissuniversities planen.

«Die Schweizer Hochschulen sind einerseits mit Fällen von sexueller Belästigung konfrontiert und andererseits grundsätzlich verpflichtet, ihre Angehörigen vor sexueller Belästigung zu schützen und ein belästigungsfreies Klima zu schaffen», begründet Portmann die Kampagne. Die Sensibilisierung für sexuelle Belästigung sei allgemein gewachsen. Das kann dazu führen, dass die Zahl der Anzeigen steigt. «Wir haben aber keine Hinweise, dass die Problematik sich verschärft hätte», meint Portmann.

Im Rahmen der Kampagne steigt am 23. März zudem der erste «Sexual Harassment Awareness Day». An diesem Tag werden online und an den Schweizer Hochschulen Events, Aktionen und Vorträge zum Thema stattfinden. Zudem gibt's eine Informationskampagne auf Social Media, die auch in den Räumen der Hochschulen sichtbar sein wird. Geplant ist, dass der Sensibilisierungstag jedes Jahr wieder stattfindet.

Diversity-Strategie der Uni Luzern: das ist passiert

Als zentralplus vor über einem Jahr über die «Diversity-Strategie» der Universität Luzern berichtet hat, waren viele der Massnahmen noch nicht beschlossene Sache.

Geprüft hat die Uni Luzern beispielsweise eine Notfallkinderbetreuung, barrierefreie Getränkeautomaten und die Option, dass nicht-binäre Menschen in den Unidokumenten ein Feld mit «divers» vorfinden, statt nur männlich und weiblich.

Wir wollten wissen: Was ist seither geschehen? Lukas Portmann schreibt, die Uni sei mit der Umsetzung «ein gutes Stück vorangekommen.» Und weiter: «Viele der Massnahmen benötigen allerdings Zeit und lassen sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Wichtig ist aber, dass ein Prozess entwickelt worden ist, der uns immer wieder aufzeigt, wo wir stehen und wo noch Handlungsbedarf besteht.»

«Divers» statt nur «männlich» und «weiblich» – zumindest zum Teil

Dennoch hat sich bereits einiges getan. So sind beispielsweise die neuen Getränke- und Snackautomaten auf den Gängen barrierefrei. Das heisst: Sie können auch vom Rollstuhl aus benutzt werden.

Zudem setzt die Uni im Rahmen ihrer offiziellen Kommunikation «konsequent» auf eine gendergerechte Sprache. «Dies etwa, indem geschlechtsneutrale Ausdrücke und Pronomen oder Paarformen benutzt werden», so Portmann dazu.

«Es muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass für das amtliche Geschlecht ‹weiblich› oder ‹männlich› die einzigen Optionen sind.»

Lukas Portmann, Universität Luzern

Auch gebe es in Formularen zumindest zum Teil die Möglichkeit, dass Studentinnen auch nicht-binäre Geschlechtsidentitäten ankreuzen können. Aber nicht auf allen Dokumenten – weil der Uni die Hände gebunden sind. «Eine flächendeckende Anwendung ist zurzeit nicht möglich», so Portmann. «Es muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass für das amtliche Geschlecht ‹weiblich› oder ‹männlich› die einzigen Optionen sind.»

Zudem sei die Uni verpflichtet, dem Bundesamt für Statistik sowie Swissuniversities bestimmte Angaben zu liefern – unter anderem zu Studierendenzahlen. Und diese sind laut Portmann «zwingend» mit der Angabe des Frauen- und Männeranteils verbunden.

Andere Massnahmen wie die Notfallkinderbetreuung sind noch in Prüfung.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Lukas Portmann, Kommunikationsbeauftragter der Universität Luzern
  • Informationen der Website Luzern zum Sexual Harassment Awareness Day
  • FAZ-Artikel zur Kunstaktion 2015
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