Organisatoren sehen über Kritik hinweg

Umstrittener Bischof Vitus Huonder predigt in Luzern

Der Churer Bischof Vitus Huonder predigt diesen Sonntag in Luzern. (Bild: flickr / Michael Beat)

Solidarisch gibt sich das Hilfswerk «Kirche in Not». Solidarisch ist auch ihr Gottesdienst diesen Sonntag, der Personen in Not gewidmet ist. Da überrascht, dass mit Vitus Huonder der wohl umstrittenste Schweizer Bischof eingeladen wurde. Huonder machte in der Vergangenheit mit radikalen Äusserungen zu Abtreibung, Verhütung und Homosexualität auf sich aufmerksam.

Diesen Sonntag feiert Neuenkirch in der Kirche St. Ulrich den üblichen Sonntagsgottesdienst. Von Feier wird jedoch zumindest thematisch wenig zu spüren sein, der Anlass steht unter dem Stern der Verfolgung von Christen. Veranstaltet wird der Anlass vom katholischen Hilfswerk «Kirche in Not».

Das 1947 gegründete Hilfswerk setzt sich seither für die Heimatvertriebenen aus Mittel- und Osteuropa ein und steht für Information, Gebet und Projektarbeit für bedrängte und Not leidende Christen. Was als Not gilt, wird bei diesem Anlass, wie es scheint, von Bischofs Vitus Huonders Interpretation beeinflusst. Er wird die Predigt an diesem Tag in Neuenkirch halten.

Einladung trotz scharfer Kritik

Der Hirte an der Spitze des Churer Bistums ist in der Vergangenheit immer wieder durch seine extrem konservative Haltung aufgefallen. Besonders die grundsätzliche Verachtung von Verhütung und Abtreibung sowie seine Verunglimpfungen gegenüber Homosexuellen führten zur Distanzierung vieler Katholiken. Trotzdem wurde er für die Sonntagsfeier nach Luzern geladen.

«Ich muss nicht gleicher Meinung sein, aber als Teil der Kirche stehe ich hinter Bischof Huonder.»

Jan Probst, Geschäftsführer «Kirche in Not»

Während die Kirche St. Ulrich in Neuenkirch selbst keine Stellung zum Anlass oder zur Person Huonder nehmen will, meint Jan Probst, Geschäftsführer des Hilfswerks «Kirche in Not»: «Ich muss nicht gleicher Meinung sein, aber als Teil der Kirche stehe ich hinter Bischof Huonder.»

Probst sieht kein Problem zwischen der Veranstaltung und den Ansichten des Predigers. Eingeladen habe er den Bischof jedoch selber nicht. Die Einladung Huonders als Prediger des Gottesdienstes sei dem Solidaritätsprinzip der Kirche entsprungen, wonach in einer Rotation alle Schweizer Bischöfe einzeln an die jeweiligen Veranstaltungen geladen würden.

Kirchenpolitik soll aussen vor bleiben

«Klar wird über die Haltung Huonders innerhalb der Kirchengemeinde diskutiert», führt Probst weiter aus. «Aber Kirchenpolitik ist nicht unser Auftrag.» Ihm ist der Pluralismus innerhalb der Kirche wichtig. Probst betont dabei jedoch auch den Zweck der Veranstaltung, der nicht dem Bischof, sondern in erster Linie den Personen in Not dienen soll. «Da ist jeder Priester willkommen, der sich für Religionsfreiheit und Verfolgte einsetzt.»  

Dass dies jedoch ausgerechnet derjenige Priester sein muss, der sich am vehementesten gegen Homosexuelle, Abtreibung und sogar gegen Beratungszentren für Schwangere und Teenager ausspricht, bleibt fragwürdig. Erst diesen Juni polarisierte der Churer Bischof mit einem Brief an die Öffentlichkeit.

«Es droht eine Kultur des Todes»

Mit «liebe Brüder und Schwestern im Herrn» beginnt Huonder sein zwölfseitiges Plädoyer. Darin bezieht er sich immer wieder auf die vor 50 Jahren veröffentlichte Enzyklika Humanae vitae (ein lehramtliches Schreiben für alle Katholiken), in der die grundsätzliche Verachtung von Verhütung und Abtreibung im Zentrum steht. Unter anderem führe die Verhütung, so Huonder, zur Entkoppelung von Sexualität und Fortpflanzung, was wiederum die Frau zum Objekt der Triebbefriedigung verkommen lasse. Gender sieht er dabei als Ideologie, die es abzulehnen gilt.

«Ich habe ihn auch schon in einer Messe erlebt. Da war er sehr versöhnlich gestimmt.»

Jan Probst, Geschäftsführer «Kirche in Not»

Eine grundsätzliche «Kultur des Todes» sei die Konsequenz der heutigen Entwicklungen im Umgang mit dem Thema Gender und Verhütung. Nur durch das Abschwören von jeglichen Verhütungsmethoden und Abtreibungen könne die ursprüngliche Schöpfungsordnung wiederhergestellt werden. Denn Verhütung stehe sowohl im Widerspruch mit der Liebe als auch mit der göttlichen Ordnung. Eine Ordnung, in welcher die Gleichstellung der Geschlechter wieder aufgehoben scheint.

Von diesen Aussagen Huonders distanziert sich zwar Jan Probst von «Kirche in Not», steht dem Bischof jedoch sympathisierend gegenüber. «Ich habe ihn auch schon in einer Messe erlebt. Da war er sehr versöhnlich gestimmt», so Probst. Dass diese Versöhnung von Bischof Vitus Huonder jedoch fragwürdige Grenzen hat, scheint für den kommenden Gottesdienst eher wenig zu interessieren.

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