Zuger Sozialamt rechnet immer noch

Teure Ukrainer-Autos verkaufen ist schwerer als gedacht

Gemäss Schätzungen hat ein Zehntel der ukrainischen Haushalte in der Schweiz ein Auto zur Verfügung. (Bild: Adobe Stock)

Unter Umständen müssen ukrainische Geflüchtete ihre Autos verkaufen, um weiter Sozialhilfe zu erhalten. Das entschieden die Kantone zuletzt. Doch die Regel umzusetzen, ist ziemlich knifflig. Auch in Luzern und Zug.

Anfänglich wurden die Autos der Ukrainer nicht an die Sozialhilfe angerechnet. Doch ein Jahr nach Einreise in die Schweiz werden die Vermögenswerte der Eingereisten mit Schutzstatus S von den kantonalen Sozialämtern neu berechnet. Nun zählen alle «beweglichen Vermögenswerte, welche sich in der Schweiz befinden», zum Vermögen. Also auch die Autos der ukrainischen Geflüchteten (zentralplus berichtete).

Sofern die Vermögenswerte einer Person mit Schutzstatus S den Freibetrag von 4000 Franken pro Person übersteigen, müssen die Geflüchteten diese verkaufen. Bei Familien liegt der Freibetrag bei 10’000 Franken. Wollen Ukrainer also weiter Sozialhilfe erhalten, müssten sie unter Umständen ihr Auto verkaufen.

Zug ermittelt noch, wer verkaufen muss

Doch jetzt zeigt sich: Die neue Regelung durchzusetzen, erweist sich schweizweit als grosse Herausforderung. Im Kanton Zug beispielsweise ermitteln die Behörden immer noch, wer davon betroffen ist.

«Die Anzahl der Autoverkäufe kann noch nicht beziffert werden.»

Christian Murbach, Soziale Dienste Asyl Zug

«Im Kanton Zug laufen die Abklärungen in Form einer Erhebung der Vermögenswerte bei den Sozialhilfe beziehenden Schutzbedürftigen aus der Ukraine», schreibt Christian Murbach vom Sozialamt auf Anfrage von zentralplus. «Die Anzahl der Autoverkäufe kann daher noch nicht beziffert werden.»

Häufig ist Nachrüstung und Verzollung notwendig

Auch der Zustand der Autos aus der Ukraine sorgt für Mehraufwand. Die Autos entsprächen «häufig nicht den schweizerischen Bau- und Ausrüstungsvorschriften», erklärt Murbach. Eine Garage müsse häufig erst Komponenten austauschen, bevor das Auto eine Zulassung und einen Fahrzeugausweis für die Schweiz erhalten kann.

Ausserdem fehle meistens auch die Verzollung. Bevor sich ukrainische Fahrzeuge in der Schweiz verkaufen lassen, müssen sie verzollt werden. Der Zoll beträgt etwa 14 Prozent des Fahrzeugwerts und wurde bei der Einreise in der Regel nicht gezahlt, erläutert er.

«Die Verwertung erfolgt nur in Fällen, in denen der Saldo des Verwertungswerts den Vermögensfreibetrag übertrifft.»

Christian Murbach

Um zu prüfen, ob Ukrainer ihr Auto verkaufen müssen, geht der Kanton wie folgt vor: Erst schätzt er den Wert des Fahrzeugs, dann zieht er die erwarteten Kosten für technische Anpassungen und die Zulassung ab. Daraus ergibt sich der sogenannte Verwertungswert, erklärt Christian Murbach. «Die Verwertung erfolgt nur in Fällen, in denen der Saldo des Verwertungswerts den Vermögensfreibetrag übertrifft.»

Landesweit gibt es Schwierigkeiten

Dass solche Fälle selten sind, bestätigte kürzlich die Asylkoordinatorin von Basel-Stadt, Renata Gäumann, gegenüber dem «SRF»: «Die wenigsten Fahrzeuge sind so viel wert, dass es sich lohnt, das Auto in der Schweiz zu verkaufen.» Der Kanton Genf stoppte gar Verkäufe, da die jeweiligen Autos zu wenig Wert hatten.

Von anderen Schwierigkeiten berichtet der Verantwortliche aus dem Kanton Bern. Dort sei rund ein Dutzend Fälle hängig, da sich die Besitzer gegen den Verkauf wehren würden. Teils würden sie Papiere vorlegen, die beweisen, dass sie das Auto geleast haben oder es jemandem in der Ukraine gehört. Andere würden ihre Autos zurück ins Heimatland bringen, berichtete er dem «SRF».

«Aktuell hat die DAF 141 Personen mit Fahrzeugbesitz registriert. Die Prüfung dieser Fortsetzungsbegehren nimmt viel Zeit in Anspruch.»

Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen Luzern

Auf Anfrage teilt auch die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) in Luzern mit, dass die Abklärungen noch laufen. «Aktuell hat die DAF 141 Personen mit Fahrzeugbesitz registriert. Die Prüfung dieser Fortsetzungsbegehren nimmt viel Zeit in Anspruch.» Es sei daher noch nicht klar, wie viele Autos den Vermögensfreibetrag überschreiten.

«Radio SRF» hat derweil bei sieben grösseren Kantonen und Städten angefragt. Fast alle würden Fälle prüfen, verkauft worden sei aber noch kein Auto. Die Kantone würden ausserdem schätzen, dass höchstens zehn Prozent der ukrainischen Haushalte in der Schweiz ein Auto haben. Somit sei nur eine Minderheit der Kriegsgeflüchteten von der Diskussion um die Autos betroffen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Christian Murbach, Soziale Dienste Asyl
  • Schriftlicher Austausch mit der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
  • Artikel auf «SRF»
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11 Kommentare
  • Profilfoto von Landberner
    Landberner, 27.05.2023, 08:41 Uhr

    Asylbewerber mit Autos bekommen in der Schweiz im Prinzip keine Sozialleistungen. Es ist aber sehr schwierig diese Benziner, welche ausserdem die hiesigen Normen nicht erfüllen, zu veräussern. Niemand will sie.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 27.05.2023, 09:28 Uhr

      Danke für diese Kurzzusammenfassung des Artikels.

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    Rentner Baldi, 25.05.2023, 11:05 Uhr

    Ab nach Hause ,Sozialhilfe Wohnung weis noch was, wir Rentner können schauen wie wir Durchkommen, die bleiben alle wie in den 80jgern die Jugoslawen, Tamilen da sagte der Bundesrat auch ,die müssen wieder Gehen, …. Helfen ja eine Unterstützung ein Dach über dem Kopf ,,aber was der Bundesrat sich Erlaubt ist zu viel des Guten, meine Meinung, wir haben bald keine Arbeit und schon gar nicht Wohnungen, Klar alle haben sich Grösstenteils angepasst und Arbeiten, aber wir sind zu klein,

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 25.05.2023, 12:15 Uhr

      Sie haben keine Arbeit und keine Wohnung? Als Rentner? Das tut mir aber leid!
      Sehen Sie, der Fall ist doch der:
      Wir können die Ukrainerinnen auf unserem Arbeitsmarkt hervorragend brauchen und benötigen sie dringend. Die meisten von ihnen würden auch gerne bleiben, Mann zuhause hin oder her. Der ist nämlich meistens ohnehin für die Katz.
      Informierte Stellen sind offenbar der Ansicht, dass man Herren aus anderen Kulturkreisen, die den Weg hierher gefunden haben, weniger gut brauchen kann. Daher die Ungleichbehandlung. Eine Meinung dazu äussere ich nicht.
      Jetzt wäre halt das heuchlerische Doppelspiel sofort zu beenden und die Ukrainerinnen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, indem man ein Bleiberecht verkündet.

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    Markus Rotzbeutel, 25.05.2023, 09:26 Uhr

    “Teure Ukrainer-Autos” in der Schlagzeile, “Freibetrag von 4000 Franken pro Person “ im Text. Bin zwar kein Autoexperte aber so ein Auto ist noch bei weitem noch nicht teuer?

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    Remo, 25.05.2023, 07:58 Uhr

    Ja so eine Überraschung aber auch. Wenn überhaupt werden diese Autos nur von irgendwelchen Exporthändlern für einen Witzpreis gekauft.

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      Dunning-Kruger, 25.05.2023, 09:05 Uhr

      Schön. Dann befürworten Sie also im Umkehrschluss die systematische und gar geförderte Ungleichbehandlung (das Modewort dafür ist Diskriminierung) verschiedener Anspruchsgruppen in der Sozialhilfe? Nett, dieser modus operandi. Wenn die evident gewordene Ungleichbehandlung nur in die «richtige Richtung» geht, ist offenbar alles halb so schlimm. Also Willkür statt Prinzip. Wird notiert.

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 25.05.2023, 06:38 Uhr

    Wie kleinkariert die Schweizer denken…
    Das Auto wird nach Polen verkauft und geht von dort in die Ukraine.

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    • Profilfoto von Franz
      Franz, 25.05.2023, 08:29 Uhr

      Lieber klären unsere Bürokraten ab und erwägen – um nach langem Nachdenken zum Schluss zu kommen, dass die Autos nicht verkauft werden müssen. Dass also weiterhin mit unverzollten Autos, die zudem nicht unseren technischen Normen entsprechen, herumgefahren werden darf.

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    • Profilfoto von Roli Greter
      Roli Greter, 25.05.2023, 10:06 Uhr

      Noch intelligenter: Die Autos werden für 20 Franken an «Nachbarn» «verkauft» und werden normal weitergenutzt. 🤷🏻‍♂️

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      • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
        Marie-Françoise Arouet, 25.05.2023, 12:07 Uhr

        Das kommt halt davon, wenn Bürokraten und Bürokratenparteien immer davon ausgehen, dass alle Menschen, groteskerweise auch solche aus vormaligen Sovjetrepubliken, die gleiche Bildung und die gleichen intellektuellen Fähigkeiten besitzen wie sie selber. Einer unserer Mitforisten trägt die Bezeichnung für diesen Trugschluss im Namen.

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