50 Fragen an... Konrad Weber

Strassenphilosoph und Gastgeber

Mr. Sommerbar schlechthin: Konrad Weber bei seiner Buvette auf dem Luzerner Inseli. 

(Bild: web)

Was vor acht Jahren als kleiner Geheimtipp auf die Beine gestellt wurde, ist heute einer der beliebtesten Sommer-Treffpunkte in der Stadt Luzern: die Buvette auf dem Inseli. Eine Saisonbar zu betreiben ist kein Zuckerschlecken und die Buvette ist auch keine Goldgrube. Ein Gespräch mit dem Buvette-Mann im Anzug über den Regen-Radar, Schutzengel und die Szene auf dem Inseli. 

zentralplus: 1. Die Buvette geht ins neunte Jahr. Wie bist du auf die Idee gekommen?
Enrico Ciliberto und Roger Stalder sind damit auf mich zugekommen, weil ich jahrelange Erfahrung als Veranstalter im öffentlichen Raum hatte. Das ist bei einem solchen Projekt unabdingbar. Insbesondere, was den Umgang mit Behörden und Vorschriften betrifft.

2. Wie ist es gelungen, die Buvette zu realisieren?
Nach vielen Verhandlungen wurde seitens Stadt ein Dreier-Päckli geschnürt: Die Stadt-Lounge von Radio 3-Fach, die Ufschötti-Bar und eben die Buvette wurden als Präventionsprojekte gegen Gewalt und Littering bewilligt und realisiert.

«In guter griechischer Tradition bin ich heute sozusagen ein Strassenphilosoph.»

3. Bringt denn eine Sommerbar etwas in punkto Prävention?
Grundsätzlich ist das Fazit sehr positiv. Es ist gelungen, den Park für alle aufzutun. Es begegnen sich verschiedenste Bevölkerungsgruppen. Vor allem in der Nacht wird der Bereich Inseli und Bahnhof aber immer ein etwas heikler Ort bleiben. Wo auch spät so viele Leute unterwegs sind, gibt es Reibungsflächen – das liegt in der Natur der Sache und daran kann auch eine Buvette nichts ändern.

4. Du hast Philosophie studiert und bewegst dich seit Jahren in der Gastro-Szene. Warum der Wechsel?

Das eine schliesst das andere nicht aus, im Gegenteil: In guter griechischer Tradition bin ich heute sozusagen ein Strassenphilosoph.

5. Auf dem Inseli hängen viele Randgruppen herum. Wie gehst du damit um?
Gerade da ist mein Background ganz hilfreich: Ich habe gelernt, offen zu sein mit Menschen und begegne ihnen mit Respekt. Aber wenn nötig, bin ich auch sehr bestimmt.

6. Geht dir die Szene auf dem Inseli auch mal auf die Nerven?
Manche Sachen kann ich nicht nachvollziehen. Müll liegen lassen, grölen und mit dröhnenden Lautsprechern den tollen Musikgeschmack demonstrieren – das irritiert mich teils und ich denke: Es würde euch guttun, euch selbst etwas weniger wichtig zu nehmen.

«Die Lage ist super und die Buvette beliebt. Aber es gibt einige Risiken und gerade in diesem Sommer ist man weit weg von einer Goldgrube.»

7. Machst du Kampfsport?
Nein. Und ich hätte das hier auch noch nie gebraucht.

8. Bezahlst du der Stadt Miete?
Wir bezahlen ganz regulär Miete für die Nutzung des öffentlichen Raums. In den ersten Jahren gab es als Starthilfe eine Rückerstattung der Gebühren – aber das war alles.

9. Ist die Buvette eine Goldgrube?
Nein. Die Lage ist zwar super und die Buvette beliebt. Aber wir sind sehr wetterabhängig und zudem ein Saisonbetrieb. Kurz: Es gibt einige Risiken und gerade in diesem Sommer ist man damit weit weg von einer Goldgrube …

10. Wochenlanger Regen. Ab wann macht dich das schlechte Wetter nervös?
Ich stehe nicht jeden Tag auf und habe Angst, dass ich am Hungertuch nagen muss (lacht). Im Ernst: Es kann schon zu Durststrecken kommen, aber buchhalterisch gleicht sich das übers Jahr wieder aus.

11. Welches App brauchst du am häufigsten?
Ich habe genau ein einziges App: der Regenradar! Und den brauche ich aktuell leider fast nonstop.

12. Seit 2012 betreibst du die Buvette alleine. Bist du ein Einzelkämpfer?
Nein. Ich würde mich bestenfalls als Dirigent eines Orchesters bezeichnen. Das Orchester sind all die Leute, die in irgendeiner Form an der Buvette tätig sind. Ohne sie wäre die Buvette nie das, was sie heute ist.

13. Bist du bei deinen Mitarbeitenden beliebt?
Wir haben einen herzlichen und persönlichen Umgang, also werde ich nicht alles schlecht machen – aber ob ich bei ihnen beliebt bin? Das müssten sie schon selber beantworten.

14. Umgekehrt: Sind deine Mitarbeitenden bei dir beliebt?
Ja. Ich kenne viele von ihnen schon lange, das schweisst zusammen. Alles in allem sind wir ein kleines, verschworenes Grüppchen.

15. Wozu hängt ein Engel an der Buvette?
Dieser Schutzengel ist uns zugeflogen und macht seither einen wunderbaren Job. Schon an einem seiner ersten Tage hat sich das gezeigt: Beim Public-Viewing vor dem KKL kam es zu Randalen zwischen Kroaten und Polizei. Rundum tobte ein halber Bürgerkrieg, aber kein Mensch ist aufs Inseli gekommen.

16. Du bist exponiert: Ist es dir wichtig, was andere über dich denken?
Jeder würde lügen, der jetzt nein sagt. Es gibt Leute, deren Urteil mir wichtig ist und bei anderen ist es mir weniger wichtig.

17. Bei der Gastbar stehen auch Promis hinter dem Tresen. Zum Beispiel?
Am allerersten Eröffnungstag sagte Stadträtin Ursula Stämmer: «Ich komme auch mal hinter den Tresen!». Das hat sie gemacht, und seither stehen regelmässig Leute wie Stefan Roth, Dani Wettstein, Rico deBona, Yvette Estermann aus Politik, Kultur oder anderen Bereichen am Ausschank.

18. In der Buvette gibt es auch kleine Konzerte. Welches war dein Highlight?
Hier sind ausschliesslich Highlights zu hören (lacht). Persönlich ist einer meiner Favoriten – auch weil wir uns persönlich gut kennen – «Al-berto» mit seinen «Fried Bikinis».

19. Mitte September ist Saisonschluss. Was machst du im Winter?
Es gibt auch dann recht viel zu tun: Die Saison nachbereiten, Administration, Buchhaltung, und im Januar beginnen schon die Vorbereitungen für den nächsten Sommer. Aber für den Winterschlaf gibt es auch etwas Zeit und die lässt sich zum Beispiel bestens vor dem Chemineefeuer verbringen.

20. Die Buvette läuft sicher noch bis 2019. Hast du einen Plan B für nachher?
Ich habe weder einen Plan B, noch interessiere ich mich dafür, eine weitere Buvette zu betreiben.  

21. Dein Markenzeichen sind Anzüge. Wählst du sie selber aus?
Meistens. Aber ich lege auch Wert auf den guten Geschmack meiner Frau Larisa. Meine Lieblingsanzüge sind anthrazitfarben.

22. Seit ein paar Jahren bist du verheiratet. Ist das mit dem Buvette-Leben kompatibel?
Das Jahr ist für mich zweigeteilt und das ist natürlich eine gewisse Herausforderung: ein intensiver Sommer, ein gemächlicherer Winter. Das ist für meine Frau nicht immer einfach. Wir versuchen, den arbeitsintensiven Sommer im Winter zu kompensieren.

23. In welchem Lokal in Luzern trifft man dich an?
Ich bin eher selten unterwegs, und im Winter mache ich auch lieber private Besuche. Ab und zu bin ich aber gerne an Orten wie im Magdi oder Houdini.

«Mein Lieblingsgetränk? Nicht lachen: Ich trinke sehr viel Milch!»

24. Du bist ein Musikliebhaber mit einer grosser Plattensammlung. Deine Lieblingsband?
Das kann ich so nicht sagen. Ich kann mich auch nicht auf eine bestimmte Stilrichtung festlegen – ich höre sehr breit und habe auch da keine Berührungsängste.

25. In der Buvette wird regelmässig Salsa und Tango getanzt. Schwingst du selber auch das Tanzbein?
Nein! Ich bin professioneller Nichttänzer.

26. Neigt man in einem solchen Job zu häufigem Trinken?
Es ist eine gesellige Arbeit und da fliesst schon gerne und schnell mal ein Bierchen. Selber vermeide ich Spirituosen und so hält sich das in einem tolerierbaren Rahmen.

27. Dein Lieblingsgetränk?
Nicht lachen: Aber ich trinke sehr viel Milch. Und Bier.

28. Wir lachen nicht. Aber erzähl doch mal einen Witz!

29. Bei deinen Freunden bist du als Fleischtiger bekannt. Was legst du am liebsten auf den Grill oder in die Pfanne?
In die Pfanne ein Cordon-Bleu, auf den Grill unsere beliebte Buvette-Wurst.

30. Woher kommt diese Wurst eigentlich?
Bei einer Wurst-Degustation hat die Metzgerei Blättler extra für uns einen Prototyp gemacht. Nachdem wir unseren Senf dazu gegeben haben, entwickelten sie dann die Buvette-Wurst: eine Mischung aus Schweine- und Kalbfleisch.

31. Schreibst du Tagebuch?
Seit rund 40 Jahren schreibe ich täglich und regelmässig Tagebuch.

32. Und welche Geheimnisse schreibst du dort rein?
(lacht) Das sag ich dir natürlich nicht.

«Die Vorstellung, Koffer zu packen und in ein Flugzeug zu steigen, wo ich nicht rauchen kann, ist mir ein Gräuel.»

33. Wohin möchtest du reisen?
Ich bin kein Reisevogel. Zwar bin ich gerne an anderen Orten, aber ich habe sehr ungern Koffer und solche Sachen. Die Vorstellung, Koffer zu packen und in ein Flugzeug zu steigen, wo ich nicht rauchen kann – das ist mir ein Gräuel.  

34. Was liest du gerade?
Früher habe ich phasenweise sehr viel gelesen. Seit einiger Zeit lese ich wenig bis nichts.

35. Was singst du unter der Dusche?
Das mache ich nicht.

36. Wie steht es mit zeichnen?
Uff. Ich kann leider nicht zeichnen. Schon als Kind war beim ersten Strich das potenzielle Meisterwerk zunichte.

Kater «Snegurok» geht bei Weber ein und aus.

Kater «Snegurok» geht bei Weber ein und aus.

37. Bist du ein politischer Mensch?
Ich verfolge die Politik mal mehr und mal weniger interessiert, bin jedoch selber nicht aktiv und auch in keiner Partei.

38. Stichwort Kulturpolitik: Was denkst du zur Salle Modulable?
Im Moment ist das schwierig zu sagen. Das Ganze hat noch zu wenig Fleisch am Knochen. Grundsätzlich kann ich der Sache etwas abgewinnen und warte jetzt mal ab, was sich da in nächster Zeit tut. 

39. Käme das Musiktheaterhaus der Buvette in die Quere?
Der Nutzungsvertrag für die Buvette läuft bis 2019, dann werden die Standorte für die Präventions-Bars neu ausgeschrieben. Was dann wird, ist also unabhängig von der Salle Modulable komplett offen. Darum mache ich mir darüber kaum Gedanken.

«Ich bin kein nachtragender Mensch und habe die wunderbare Gabe, vergessen zu können.»

40. Du hast mit deiner Agentur Ca-Tourne als einer der ersten Konzerte ins KKL gebracht. Wie das?
Ich wollte das einfach ausprobieren. Gonzalo Rubalcaba war 1999 tatsächlich das erste Jazz-Einzelkonzert, das im weissen Saal über die Bühne ging. Es folgten dann weitere Konzerte, unter anderem mit Miriam Makeba oder Sandy Dillon. Es brauchte schon eine Portion Übermut und nicht wenige Telefonate, um herauszufinden, was in so einem Haus möglich und erwünscht war.

41. Bist du denn ein übermütiger Typ?
Das war ich bestimmt mal. Diesbezüglich habe ich mich in den letzten Jahren jedoch zurückgenommen. Das ist ein Privileg des Älterwerdens: Gelassenheit in wichtigen Fragen, statt immer gleich überreagieren.

42. Du hast dich im Vorstand der IG Kultur engagiert, der wegen Unstimmigkeiten ausgewechselt wurde. Hat das dein Bild der Kulturszene verändert?
Nein. Es gibt Sachen, die mich irritiert haben, aber das ist schon alles. Ich bin auch immer noch Mitglied in der IG Kultur.

43. Bist du ein nachtragender Mensch?
Überhaupt nicht. Ich habe die wunderbare Gabe, vergessen zu können. Ich will mir auch meine Tage nicht mit solchen Sachen madig machen. Es ist viel einfacher, vorwärts zu schauen.

44. Was ist Luxus für dich?
Schönes Wetter (lacht). Überhaupt hier zu sein, in diesem Land und dieser Stadt – das ist der grösste Luxus. Und mein Arbeitsplatz ist wohl der schönste, den es auf dem Platz Luzern überhaupt gibt. 

Nicht schlecht, dieser Arbeitsort am See: Die «Buvette» auf dem Inseli.

Nicht schlecht, dieser Arbeitsort am See: Die «Buvette» auf dem Inseli.

(Bild: cha)

45. Beatles oder Stones?
Völlig klar: Beatles. Im Gegensatz zu den Stones haben sie nicht nur gute Songs, sondern auch gute Platten gemacht.

46. Gibt es Dinge in deinem Leben, die du bereust?
Es gibt sicher Momente, bei denen ich aus dem Kontext heraus falsch gehandelt habe und aus heutiger Sicht anders reagieren würde. Aber von der grossen Linie her bereue ich in diesem Sinn nichts.

47. Worauf bist du besonders stolz?
Auf die Buvette. Es ist gelungen, aus einem Ort, der lange gemieden wurde, einen der beliebtesten Treffpunkte in Luzern zu machen.

48. Auch beim Reusszopf soll es eine Buvette geben. Sie ist soeben ausgeschrieben. Bewirbst du dich?
Nein. Ich habe meine Buvette auf dem Inseli und das ist genug. 

49. Hast du Vorbilder?
Ich bin ja kein Teenager, der noch Bravo-Poster daheim aufhängt. Es gibt Leute wie meine Eltern, die mich geprägt haben und die mir wichtig sind.

50. Deine Vision für den Rest der Sommersaison?
Endlich einmal zwei Wochen am Stück schönes Wetter! Das würde nicht nur uns guttun, sondern allen Leuten.

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