Kesb liess den Langfinger jahrelang unbehelligt

Strafgericht verurteilt Zuger, weil er das Vermögen seines Vaters verprasste

Jahrelang gab der Mann das Geld seiner Eltern aus – die Kesb merkte nichts.

Statt das Vermögen seiner hochbetagten Eltern in deren Sinne zu verwalten, zweigte ein Zuger fast 700’000 Franken für sich selber ab. Damit machte sich der heute 74-Jährige der Veruntreuung schuldig.

Die Staatsanwaltschaft Zug hatte neun Monate Freiheitsstrafe gefordert, geworden sind es sechs: Das Strafgericht verurteilt einen Mann, weil er seine Funktion als Beistand seiner Eltern gnadenlos ausgenutzt hat.

Beim Vater des Mannes – damals 97-jährig – wurde 2011 Alzheimer diagnostiziert. Auch seine Mutter hatte mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Deshalb setzte die damalige Vormundschaftsbehörde den Sohn als Beistand für die beiden ein. Er hatte Zugriff auf sämtliche Konten seiner Eltern – und das sollte sich als grosser Fehler erweisen (zentralplus berichtete).

Erst 2015 kam das ganze Ausmass der Katastrophe ans Licht: Von dem ursprünglichen Vermögen der Eltern war kaum noch was übrig. Der Sohn hatte fast 700'000 Franken für seine eigenen Zwecke missbraucht – mit Bargeld-Bezügen und angeblichen Investitionen.

Er hat den Bruder um sein Erbe gebracht

Bereits 2018 wurde der Mann, der heute im Moskau lebt, wegen ähnlicher Delikte vom Zuger Obergericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die sechs Monate für die Veruntreuung in diesem Fall, werden deshalb als Zusatzstrafe ausgesprochen.

Strafmildernd berücksichtigt hat das Strafgericht, dass der Mann geständig war, ein Teil der Taten bereits verjährt ist und sich der Beschuldigte mit seinen Taten letztlich selber um sein Erbe gebracht hat.

Letzteres gilt allerdings auch für seinen Bruder, der mit dem Tod der Eltern eigentlich Anspruch auf rund 335'000 Franken gehabt hätte. Das Gericht verpflichten den Mann deshalb zu Schadenersatz in dieser Höhe. Dass das Geld eingetrieben werden kann, ist allerdings unwahrscheinlich. Der Beschuldigte – der zeitweise an der Zürcher Goldküste lebte – ist zwischenzeitlich derart verarmt, dass der Staat die sogar die Kosten für die Verteidigung übernehmen muss.

Tadelnde Worte an die Adresse der Kesb

Der Mann habe bei seinen Tagen «nicht unerhebliche kriminelle Energie» an den Tag gelegt und zudem aus rein eigennützlichen Beweggründen ohne finanziellen Engpass gehandelt. Zum Zeitpunkt der Taten verfügte er über ein Einkommen von 5000 bis 6000 Franken monatlich.

Berücksichtig hat das Gericht, dass es die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) dem Mann durch die fehlende Überprüfung seiner Tätigkeiten als Beistand «relativ einfach gemacht» habe, die Taten zu begehen.

Misstrauisch hätte man nämlich schon werden können, als der Sohn nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2012, den geforderten Schlussbericht nicht einreichte. Die Kesb, die den Fall 2013 übernahm, schickte mehrfach Mahnungen, unternahm ansonsten aber nichts. Erst im April 2014 stellte ein Kesb-Revisor fest, dass mit den Abrechnungen etwas nicht stimmte.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von H. Meier
    H. Meier, 02.06.2020, 12:08 Uhr

    All dies soll nicht heissen, dass private Beistände grundsätzlich die schlechtere Wahl sind. In vielen Fällen handelt ein privater Beistand im Sinne des Verbeiständeten, und ein von den Behörden gestellter Beistand nicht.
    Würden die Kesb die Schlussabrechnungen jährlich prüfen, und dies gewissenhaft, so wären Aufwand und Kosten auf Behördenseite m.E. im Rahmen. Und eine genügende Kontrolle wäre gewährleistet.

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