Ein Jahr nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs

So steht es um die Hilfsbereitschaft der Zuger

In Zug trommelten sich Privatpersonen zusammen, um Spenden an ukrainische Flüchtlinge zu geben. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Die Solidarität mit Geflüchteten aus der Ukraine ist gemäss Experten nach wie vor gross. Doch beschweren sich seit Monaten Flüchtlinge und Betreuerinnen bei der Ombudsstelle in Zug wegen ungleicher Behandlung.

In der Nacht des 24. Februars 2022 marschieren Putins Truppen in die Ukraine ein. Damals bombardierten sie erste Städte. Seither ist über ein Jahr vergangen. Der Krieg tobt noch immer. Tausende Ukrainerinnen flohen, Hunderte von ihnen in den Kanton Zug. Ende Februar hielten sich noch 896 ukrainische Flüchtlinge im Kanton Zug auf.

Der Krieg erschüttert viele – dementsprechend gross war die Solidarität der Bevölkerung zu Beginn (zentralplus berichtete). Zugerinnen lancierten Hilfsaktionen, stampften Gratisläden aus dem Boden (zentralplus berichtete) und Privatpersonen nahmen Geflüchtete bei sich zuhause auf (zentralplus berichtete).

Doch immer wieder war in den Medien auch von Unmut zu lesen. So wurde etwa kritisiert, dass es Flüchtlinge gebe, die besser behandelt würden als andere.

Mehr Wohlwollen für ukrainische Flüchtlinge

Auch die Zuger Ombudsstelle wurde mit dieser Kritik konfrontiert, wie es im neuesten Jahresbericht heisst. Beschwert hätten sich andere Flüchtlinge, Betreuerinnen und vereinzelt auch Privatpersonen. «Sie störten sich unter anderem daran, dass ukrainische Flüchtlinge sofort arbeiten können und grundsätzlich wohlwollender aufgenommen würden als andere Flüchtende», sagt Ombudsfrau Bernadette Zürcher auf Anfrage. «Von betreuenden Personen wurde ebenfalls teilweise ein Erstaunen oder sogar ein Unverständnis deponiert über die rasche, unbürokratische und privilegierte Behandlung von ukrainischen Flüchtlingen gegenüber anderen Flüchtlingen.»

«Der Unmut wurde auf der Ombudsstelle ab Beginn der ukrainischen Krise geäussert.»

Bernadette Zürcher, Ombudsfrau Kanton Zug

Wegen dieser Kritik alleine hätten die Betroffenen aber nicht die Ombudsstelle aufgesucht. Sie seien im Kontext mit anderen Beschwerdeangelegenheiten gekommen – wie beispielsweise fehlender Unterstützung in der Wohnungssuche.

Ob die Solidarität seit Beginn des Krieges abgenommen habe, kann Zürcher nicht beantworten. «Der Unmut wurde auf der Ombudsstelle ab Beginn der ukrainischen Krise geäussert.»

Nicht mehr Anfragen von Freiwilligen

Bei Benevol Kanton Zug, der Fachstelle für Freiwilligenarbeit, heisst es auf Anfrage: «Wir haben eine grosse Solidarität bei der Zuger Bevölkerung gespürt.» Das freiwillige Engagement ist auch nicht abgeflacht, schreibt Geschäftsleiterin Estefania Garcia Jung. «Die Bereitschaft, sich für Geflüchtete zu engagieren, ist nach wie vor da. Die Anfragen der freiwilligen Helferinnen und Helfer hat sich jedoch eingependelt.»

«Die strikte Kategorisierung täuscht darüber hinweg, dass die Kontexte und der Schutzbedarf der Personen oft vergleichbar sind.»

Caritas Schweiz

Die Caritas Luzern begleitet und vermittelt im Auftrag des Kantons Zug freiwillige Familien, die ukrainische Flüchtlinge bei sich aufgenommen haben (zentralplus berichtete). «Auch ein Jahr später engagieren sich weiterhin zahlreiche Gastfamilien für Menschen aus der Ukraine», so Reto Stalder, Mediensprecher bei der Caritas Luzern. Stand letzten Dezember halten sich von den 857 Personen mit Schutzstatus S, die im Kanton Zug leben, fast die Hälfte in Gastfamilien auf. Nämlich 414 Personen. Das ist für die Caritas Luzern «erfreulich», hält Stalder fest.

Caritas hofft auf eine Reform

Die Caritas Schweiz hat sich in einem Positionspapier mit Fragen rund um den Schutzstatus S und einer «ganzen Reihe anderer Aufenthaltstitel» – wie eben «Asylsuchende», «Vorläufig Aufgenommene», «Anerkannte Flüchtlinge» – auseinandergesetzt. Die Aufenthaltstitel sind jeweils mit unterschiedlichen Rechten und Einschränkungen verbunden. «Die strikte Kategorisierung täuscht darüber hinweg, dass die Kontexte und der Schutzbedarf der Personen oft vergleichbar sind», teilt die Hilfsorganisation mit.

Gerade bei vorläufig Aufgenommenen würden Reiseeinschränkungen, die grossen Hürden für einen Familiennachzug oder der fehlende Anspruch, nach einer gewissen Zeit eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten, auf viel Unverständnis stossen. «Auch dass die Sozialhilfe für vorläufig Aufgenommene und für Personen mit Status S tiefer angesetzt ist als für anerkannte Flüchtlinge, ist nur schwer verständlich.»

Für die Caritas Schweiz ist klar: Aus den Erfahrungen sollen Lehren gezogen werden. Für den Status seien Anpassungen im Bereich der Integrationspauschale und der Sozialhilfe angezeigt, so das Hilfswerk. «Aber auch eine Reformierung der vorläufigen Aufnahme drängt sich nach diesen Erkenntnissen dringend auf.» Ob dies geschieht, wird sich zeigen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Bernadette Zürcher, Ombudsstelle Kanton Zug
  • Bericht 2022 der Ombudsstelle Kanton Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Reto Stalder, Caritas Luzern
  • Positionspapier der Caritas Schweiz
  • Schriftlicher Austausch mit Estefania Garcia Jung, Benevol Zug
  • Infobulletin Ukraine-Hilfe Kanton Zug
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