Gefahr durch Tollwut

So geht Zug mit den Haustieren der Geflüchteten um

Dieses Bild ist von Oleksandr Chernobai. Er, seine Frau und seine Katze Michelle befinden sich bei der Aufnahme im Schutzraum in Kiew. (Bild: Oleksandr Chernobai via Unsplash)

Die Schweiz empfängt flüchtende Menschen aus der Ukraine mit offenen Armen. Der «Schutzstatus S» ermöglicht eine unbürokratische Einreise. Doch was für Regeln gelten eigentlich für die mitgebrachten Haustiere?

Es ist ein absoluter Albtraum. Du musst sofort alles packen, was nötig ist, und deine Heimat verlassen. Ob du jemals deine Wohnung und Freunde wieder sehen wirst, das ist unsicher. Dies ist kein böser Traum, sondern bittere Realität für viele Menschen, welche derzeit aus der Ukraine flüchten.

Das Bild, welches wir für diesen Artikel verwenden, ist von Oleksandr Chernobai. Es bietet einen kleinen Einblick in die schreckliche Welt des Krieges. Aufgenommen hat er seine Katze Michelle, als er und seine Frau Schutz vor einem Angriff suchten. Dieses Bild ist am 1. März in Kiew entstanden.

Die geflüchteten Menschen werden bei uns mit offenen Armen empfangen. Zum Beispiel wird im Kanton Zug der freistehende «Luegeten»-Pavillon im Dorfzentrum von Menzingen zu einem vorübergehenden Zuhause für Flüchtlinge aus der Ukraine (zentralplus berichtete). Der Kanton Zug rechnet, dass sich 1'000 bis 2'000 Menschen und Kinder aus der Ukraine in Zug in Sicherheit bringen werden. Auch die Schulen sind daher auf geflüchtete Kinder und Jugendliche vorbereitet (zentralplus berichtete).

Was gilt für mitgebrachte Haustiere?

Für die Menschen gilt der «Sonderstatus S», welcher die Anmeldung als Flüchtenden massiv vereinfacht. Was gilt aber bei mitgebrachten Haustieren? Wie das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) auf der Homepage schreibt, gibt es auch da Sonderregelungen.

«Zahlreiche Menschen befinden sich auf der Flucht aus der Ukraine. Hunde und Katzen, die von ihren Besitzern mitgeführt werden, dürfen in die Schweiz einreisen, auch wenn nicht alle Einfuhrbedingungen erfüllt sind», schreibt das BLV.

Wie uns der Zuger Kantonstierarzt Rainer Nussbaumer erklärt, gilt diese Erleichterung ausschliesslich für die Haustiere der Flüchtlinge. «Würde also jemand eine Aktion starten und selbst Tiere aus der Ukraine retten gehen, gelten diese Sonderregeln nicht.» In diesem Fall gelten die normalen Einreisebestimmungen für Tiere.

Schweizer Tierschutz STS ist froh über den Sonderstatus

Dass die Schweizer Bürokratie auch für geflüchtete Haustiere ein Herz hat, freut den Schweizer Tierschutz (STS). Falls bei diesen Tieren ein Verdacht auf eine Erkrankung besteht, bietet der STS rasch und unbürokratisch Hilfe in den angeschlossenen Tierheimen an.

«Wir tun alles, um zusätzliches Leid für die betroffenen Menschen und ihre Tiere zu lindern. Sie haben Schreckliches durchgemacht, sie sind oftmals traumatisiert und völlig verängstigt. Als Tierschutzorganisation sehen wir es als unsere Aufgabe, diesen Tieren zu helfen – und damit auch ihren Besitzern», schreibt Nicole Ruch, Präsidentin des STS auf Facebook.

«Die Tiere, welche aus der Ukraine in die Schweiz gelangen, sind vor allem aus Tierseuchensicht nicht ganz unproblematisch.»

Martin Brügger, Kantonstierarzt Luzern

Doch wegen der Seuchengefahr können die Behörden nicht für alle Tierarten Ausnahmen machen. «Die Tiere, welche aus der Ukraine in die Schweiz gelangen, sind vor allem aus Tierseuchensicht nicht ganz unproblematisch. Aufgrund des hohen Seuchenrisikos, zum Beispiel der afrikanischen Schweinepest, ist die Einreise mit Geflügel, Huf- und Klauentieren weiterhin verboten», schreibt uns der Luzerner Kantonstierarzt Martin Brügger.

Das grosse Problem ist die Tollwut

Die afrikanische Schweinepest ist allerdings nicht die einzige Problematik. «Prinzipiell ist die Ukraine ein Tollwut-Risiko-Land. Das ist bei den Einreisen der Tiere auch unsere Hauptsorge», sagt der Zuger Kantonstierarzt Rainer Nussbaumer.

«Hunde müssen beim Spaziergang an die Leine. Katzen sollten in der Wohnung bleiben.»

Rainer Nussbaumer, Kantonstierarzt Zug

«Die Tollwut ist eine tödliche Krankheit und sie kann auch auf den Menschen übertragen werden», sagt Nussbaumer. Daher gelten in normalen Zeiten auch strenge Regeln, wenn Tiere aus der Ukraine eingeführt werden. «Die Tiere müssen geimpft sein, einen Chip und einen Pass haben. Ausserdem muss auch eine Antikörperbestimmung vorhanden sein, um sicherzustellen, dass das Tier genügend Antikörper gegen Tollwut im Blut hat.»

Die Herrchen und Frauchen müssen nun darauf achten, dass die ukrainischen Haustiere keinen Kontakt mit Schweizer Haustieren haben. «Hunde müssen beim Spaziergang an die Leine. Katzen sollten in der Wohnung bleiben.» Der Kantonstierarzt sieht es vor allem als Herausforderung, wenn Private, welche den Flüchtlingen Obdach bieten, selbst Haustiere haben.

Zug: Fünf Tiere wurden angemeldet

Auf die Veterinärdienste könnte nun viel Arbeit zukommen. «Geflüchtete Menschen haben die Möglichkeit, ihre Haustiere anzumelden», sagt Nussbaumer. Bis Freitag waren dies in Zug jedoch erst fünf Fälle. Die Ämter kontrollieren anschliessend diese Angaben und leiten Massnahmen ein, um eine mögliche Ansteckung mit Tollwut zu verhindern.

Seine Kollegen aus Luzern haben im Moment noch wenig zu tun, rechnen allerdings mit wachsendem Aufwand. «Der Veterinärdienst Kanton Luzern befasst sich seit Ausbruch des Krieges sehr intensiv mit dieser Thematik und wird dies voraussichtlich noch längere Zeit tun müssen», schreibt Kantonsarzt Martin Brügger.

Die Vorarbeit für die nun ankommenden Tiere ist aufwändig. Da muss unter anderem klar sein, wo die Tiere in eine Quarantäne gehen könnten, wenn dies nötig ist. «Die Arbeitsbelastung in der Abteilung Tiergesundheit diesbezüglich ist sehr hoch», schreibt Brügger.

Tiere müssen nach der Meldung eventuell in Quarantäne

«Bei beabsichtigter Einreise in die Schweiz müssen die Besitzer ein Meldeformular ausfüllen und ans BLV schicken. Der zuständige Veterinärdienst wird informiert und prüft dann in jedem Einzelfall, welche Massnahmen gemäss dem entsprechenden Konzept des Veterinärdienstes Schweiz getroffen werden müssen», schreibt der Luzerner Kantonstierarzt.

Haben die Tiere einen ausreichenden Impfschutz, dürfen sie bei den Besitzern bleiben. Wenn dies nicht der Fall ist, könnte es sein, dass die Haustiere in Quarantäne müssen. Nach der Quarantäne dürfen die Haustiere dann wieder zurück in die Arme der Frauchen und Herrchen.

Verwendete Quellen
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