Asylsuchende Familie in Fischbach

«Sicherheit und Frieden ist alles, was zählt»

Ashgen Abdalla mit ihrem Partner und ihren zwei Söhnen in ihrer Wohnung in Fischbach. (Bild: cha)

Für die Mehrheit der Fischbacher kommt ein Asylzentrum nicht in Frage. Inmitten dieses Hexenkessels lebt eine asylsuchende Familie aus Ägypten. Doch wo Gegner aufeinandertreffen, entstehen auch Freundschaften.

Irgendwo im Luzerner Hinterland zwischen Zell und Altbüron liegt das idyllische Fischbach. Keine Ampel, kaum Verkehr, viel Wiesland und Wald prägen das Dörfchen, das quasi aus ein paar Häusern an der Hauptstrasse besteht. Fischbach ist dort, wo sich Fuchs und Hase noch gute Nacht sagen. Doch der Schein trügt.

Die Fischbacher sind weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt für ihren Widerstand gegen das geplante Asylzentrum in der 700-Seelen-Gemeinde. 85 Prozent sprechen sich zurzeit gegen dieses aus. Gemessen an der Einwohnerzahl ist Fischbach die fünftkleinste Gemeinde im Kanton Luzern.

Geschichte soll sich nicht wiederholen

Mitten in diesem Hexenkessel lebt eine asylsuchende Familie aus Ägypten. Ashgen Abdalla bewohnt mit ihrem Partner und ihren zwei Kindern eine Wohnung in Fischbach. «Wir sind vor zweieinhalb Jahren von Ägypten hierher gekommen», sagt Abdalla. Der Grund, weshalb sie ihre Heimat verliess und in die Schweiz kam, möchte sie allerdings nicht erwähnt haben. «Ich und mein Partner haben Angst, dass sich die ganze Geschichte hier wiederholt.» Klar seien die Schweizer ein anderes Volk. Aber zu ihrem Selbstschutz sei es so sicherer. «Wir haben wirklich Angst davor», betont die Mutter zweier Kinder.

Die Situation verunmöglichte es ihnen damals, in Ägypten zu bleiben. «Wir kennen uns nun seit sieben Jahren. Während fünf Jahren haben wir Geld gespart, um in die Schweiz zu gehen. Wir finden, dass die Schweiz das Land der Menschenrechte ist», weshalb sie unbedingt hierher kommen wollten. «Kein anderes Land – nur die Schweiz», sei damals für Abdalla, ihren Partner und ihre beiden Söhne in Frage gekommen.

«Einfach grüssen und einen schönen Tag wünschen reicht für mich nicht. Ich möchte echte Freundschaften schliessen.»

Ashgen Abdalla, Asylsuchende aus Ägypten

Angst vor Fremden

Seit zweieinhalb Jahren sind sie nun hier. Doch aller Anfang ist schwer. «Im ersten Jahr war es schwierig. Ich kannte niemanden und sprach kein Deutsch», erinnert sich Abdalla zurück. Sie habe schon früh gemerkt, dass die Menschen hier Angst vor Fremden haben. «Schritt für Schritt habe ich immer wieder neue Leute kennengelernt und bin heute sogar gut vernetzt in Fischbach.» Die Fischbacher seien sehr nett, betont Abdalla immer wieder während dem Gespräch.

Dass sie den Zugang zur örtlichen Bevölkerung gefunden habe, liegt auch an ihrem Effort. «Täglich lerne ich vier bis fünf Stunden Deutsch. Denn einfach grüssen und einen schönen Tag wünschen reicht für mich nicht. Ich möchte echte Freundschaften schliessen», betont die Ägypterin.

«Wir fühlen hier die Sicherheit und den Frieden. Das ist alles, was für uns zählt.»

Ashgen Abdalla

Sozialhilfe für Asylsuchende

Die Verteilung der Asylsuchenden erfolgt entsprechend der Kantonsgrösse. Der Kanton Luzern muss 4,9 Prozent der Asylsuchenden aufnehmen und betreuen. Gemäss des Sozialhilfegesetzes gewährt der Kanton Luzern Asylsuchenden persönliche und wirtschaftliche Sozialhilfe, die wie folgt angesetzt ist:

Personen/HaushaltSozialhilfe in Franken (SKOS)
1 (jünger als 25 Jahre)986

1 (älter als 25 Jahre)

754
21'509
31'834
42'110
52'386
62'662
72'938

«Bin froh, wachsen meine Kinder hier auf»

Und das Dorf selbst? «Es ist sehr schön, klein und überschaubar. Ich komme aus Kairo, wo alles immer mit Menschen vollgestopft ist», sagt Abdalla. Hier könnten ihre Kinder unbesorgt draussen spielen. «Ich bin froh, wachsen meine Kinder hier auf. Wir fühlen hier die Sicherheit und den Frieden. Das ist momentan alles, was für uns zählt.»

Da spiele selbst das Finanzielle keine grosse Rolle. Klar sei das Geld nicht viel, das sie von der Caritas erhalten. «Aber wir sind zufrieden, mit dem was wir haben. Grundsätzlich warten wir auf den Asylentscheid und die Papiere», sagt Abdalla. Denn sie beide seien erpicht darauf, endlich berufstätig zu werden.

Drang zu arbeiten

«Ich will unbedingt an der Universität Zürich studieren.» Ashgen Abdalla besitzt ein Master-Diplom in Pflanzenvirologie und hat gar beinahe doktoriert, wenn sie Ägypten nicht verlassen hätte. Ihr Partner hat Plattenleger gelernt und möchte nun endlich, nachdem er einige Monate bei der Caritas arbeitete, einen Job finden. Doch bis es soweit ist, ist Geduld angesagt.

Bis dahin möchten sie weiter Kontakte aufbauen und Freunde hier gewinnen. «Wir fühlen uns, als wäre die Schweiz unser Land. Wir lieben alles hier: Das Dorf, die Wohnung und die Leute.»

(Bild: spo)

(Bild: cha)

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