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Wie viele Frauen im Kanton Zug im Sexgewerbe tätig sind, ist selbst der Regierung schleierhaft. Ohne Daten und gezielte Unterstützung werde die Sicherheit von Sexarbeiterinnen aufs Spiel gesetzt, kritisiert eine Politikerin.
Dass es Prostituierte in Zug gibt, streitet niemand ab. Manche bieten ihre Dienste in Privatwohnungen an, zu denen man diskret über eine Tiefgarage gelangt (zentralplus berichtete). Andere fahren mit folierten Jeeps umher, um auf ihre sexuellen Dienstleistungen aufmerksam zu machen, wie etwa Mia May (zentralplus berichtete).
Doch wie viele Sexarbeiterinnen es wirklich gibt, wie es ihnen geht und wie es um ihre Gesundheit und Sicherheit steht, das weiss niemand so genau. Dass wichtige Daten fehlen würden, monierte auch Mirjam Arnold. Die Zuger Mitte-Kantonsrätin hat deswegen im Frühling eine Interpellation eingereicht (zentralplus berichtete).
«Sexarbeitende arbeiten für einen Lohn und verdienen sich mit ihrer Arbeit den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder oder Familien», hielt sie darin fest. «Auch sie haben Anrecht auf gute und sichere Arbeitsbedingungen.» Deswegen wollte sie in Erfahrung bringen, wie viele Sexarbeiter es in Zug gibt, wie sie vom Kanton unterstützt werden und ob die Regierung Bedarf für eine kantonale Anlaufstelle sieht – denn eine solche fehlt.
Regierung weiss nicht, wie viele Sexarbeiterinnen es gibt
Nun liegt die Antwort der Regierung vor. Und die ist vielsagend, obwohl die Regierung kaum etwas sagen kann. Sie weiss nämlich auch nicht viel über die Situation von Sexarbeitenden in Zug. So kann sie nicht sagen, wie viele Personen im Sexgewerbe tätig sind.
Auch kann sie nicht sagen, wie viele spezifische Anlaufstellen für Prostituierte in anderen Kantonen – wie etwa den Verein Lisa – in Anspruch nehmen. Weiter kann die Regierung die Frage nicht «verlässlich» beantworten, wie oft die Polizei zu Einsätzen ausrücken muss, die mit Sexarbeit zusammenhängen.
Wirklich unterstützt werden Sexarbeiterinnen kaum
Die Unterstützung sieht eher dürftig aus. Ein Leistungsauftrag zwischen dem Kanton Zug und dem Verein Lisa existiert nicht. Seit sieben Jahren würde der Kanton den Verein jedoch mit Beiträgen aus dem Lotteriefonds unterstützen. Im laufenden Jahr sind das 5000 Franken.
Spezifische Unterstützungsangebote für Sexarbeiterinnen fehlen. Die Zuger Regierung führt Angebote auf, die alle nutzen können – und somit auch Prostituierte. Dazu gehört die Fachstelle «S&X Sexuelle Gesundheit Zentralschweiz», bei der man sich auf sexuelle übertragbare Infektionen testen lassen kann (zentralplus berichtete).
«Unsere Gesellschaft konsumiert offensichtlich deren Dienstleistungen, dann sind wir auch verpflichtet, diese Frauen zu schützen.»
Mirjam Arnold, Mitte-Kantonsrätin
Die Zuger Polizei kontrolliert das Sexgewerbe und steht dabei «beratend» zur Seite, wenn es um Fragen bezüglich Melde- und Bewilligungspflichten geht. Auch händigen sie eine Visitenkarte von Polizistinnen, die Schwarzarbeit bekämpfen, aus. Auf die FIZ – eine Fachstelle für Frauenhandel und Frauenmigration – würden sie hinweisen. Und dass Sexarbeiterinnen in Notfällen die Nummer 117 wählen sollen.
Eine spezifische Beratungsstelle für Sexarbeiterinnen soll es auch künftig im Kanton Zug nicht geben. Aus Sicht der Exekutive besteht dafür «kein Bedarf».
Kantonsrätin hat «kein Verständnis» für Haltung der Regierung
Mitte-Kantonsrätin Mirjam Arnold erstaunen die Antworten nicht. Befriedigend finde sie diese aber auch nicht, wie sie gegenüber zentralplus sagt. «Die Antwort des Regierungsrats zeigt, dass man nur marginale Kenntnisse der Sexarbeit im Kanton Zug hat», führt sie aus.
Dass der Kanton keine Daten dazu hat, wie es Sexarbeiterinnen geht – und wie viele es überhaupt von ihnen gibt –, löst in ihr «Befremden» aus. «Wie kann die Exekutive zum Schluss kommen, dass kein Handlungsbedarf besteht, wenn keine Datenlage vorhanden ist? Das ergibt keinen Sinn.»
Ihrer Meinung nach mache der Kanton viel zu wenig. Doch dies sei wichtig. Frauen, die Sexarbeit nachgehen würden, seien vulnerabel, schreibt die Baarerin. «Sie setzen sich einem Sicherheits- und Gesundheitsrisiko aus und das in vielen Fällen nicht freiwillig.»
Sie habe kein Verständnis dafür, dass der Kanton keinen Handlungsbedarf erkenne, eine eigene Anlaufstelle zu schaffen. «Unsere Gesellschaft konsumiert offensichtlich deren Dienstleistungen, dann sind wir auch verpflichtet, diese Frauen zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich bei Gesundheitsfragen an einen geschützten und sicheren Ort in der Nähe begeben zu können.»
- Interpellation von Mirjam Arnold
- Antwort des Regierungsrats
- Schriftlicher Austausch mit Mirjam Arnold, Mitte-Kantonsrätin und Präsidentin der Mitte Baar