Luzerner Fasnacht hinterlässt 150 Tonnen Müll

Rund 100 Putzmännchen machen die Innenstadt sauber

Albert Kreienbühl verschiebt die Gitter nach dem Fasnachtsumzug.

(Bild: ens)

Sie schrubben, wischen, schleppen und sorgen dafür, dass Luzern glänzt – auch dann, wenn die anderen Fasnacht feiern. Im Interview sagt Strasseninspektor Albert Kreienbühl, was mit den 100 bis 150 Tonnen Abfall passiert, welche Rolle das Wetter spielt und wie die Festfreudigen auf die Arbeit der Putzkolonnen reagieren.

Wenn am Dienstag die Guuggemusigen in der Stadt ein allerletztes Mal zu fasnächtlichen Tönen blasen, Menschen mit ineinander verschränkten Armen «Unter der Egg» hin- und herwanken, Bierdosen die Pflastersteine zieren, und eine verdickte klebrige Masse aus Konfettiregen mit dem Boden verschmilzt: Dann erinnert am Aschermittwoch nicht mehr viel an die Fasnacht 2018. Zu verdanken ist dies den rund 100 Putzmännern des Strasseninspektorats der Stadt Luzern.

Über 400 Säcke werden vom «Schmudo» bis zum Fasnachtsende in der Stadt eingerichtet, 450 bis 500 Barrieren von den Mitarbeitern aufgestellt, damit der Verkehr während den Umzügen umgeleitet wird und nicht vollständig zum Stillstand kommt. Prophylaktisch werden 170 Parkverbote installiert, um den Verkehr dort punktuell aufzuhalten, und schlussendlich sollen 40 Wegweiser die Fasnächtler sicher ans Ziel bringen.

Wenn die Putzkolonnen ausrücken

Auch auf den Strassen herrscht in diesen Tagen reges Treiben: Neben den wischenden Putzmännern zirkulieren sechs Putzfahrzeuge, um den Abfall einzusammeln. Und auch die Grünflächen kommen während der Fasnacht nicht zu kurz: Sie werden mit Scherengittern und Ästen geschützt und abgedeckt. Sodass die Stadt am Tag danach um 9 Uhr wieder in einem ähnlichen Glanz erstrahlt wie am Tag davor.

Einer, der vom hiesigen Treiben der Fasnächtler zwar losgelöst ist, aber trotzdem mittendrin steckt, ist der Strasseninspektor der Mitte der Stadt Luzern: Albert Kreinbühl. Seit acht Jahren kümmert er sich darum, dass die Strassen und Gassen der Luzerner Altstadt während der Fasnacht nicht zugemüllt sind. Wir wollten von ihm wissen, welche Rolle das Wetter während und nach der Fasnacht für die Abfallentsorgung spielt, was mit den etwa 100 bis 150 Tonnen Abfall passiert und wie die Fasnächtler auf ihn und seine Mitarbeiter reagieren.

zentralplus: Herr Kreienbühl, am Montag mussten Sie noch früher aufstehen als normal. Weshalb?

Albert Kreienbühl: Der Schneefall hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir mussten die Strassen vor der «Wey-Tagwach» vom vielen Schnee befreien. Deshalb musste ich bereits um 4 Uhr aufstehen und arbeiten gehen und nicht um 5 Uhr, was eher der Norm entsprechen würde.

zentralplus: Und wie lange hat Ihre Schicht gedauert?

Kreienbühl: Normalerweise dauern die Aufräumarbeiten bis ungefähr 12 Uhr. Weil es in der Nacht auf Montag aber stark geschneit hat, zogen sich auch die Aufräumarbeiten am Morgen in die Länge. Schliesslich müssen die Strassen vom Schnee bis zum Umzug am Nachmittag befreit werden. Denn wer steckt an einem Fasnachtsumzug gerne in einem Hügel Schnee fest?

zentralplus: Das klingt anstrengend.

Kreienbühl: (lacht) Ist es auch. Vor allem dann, wenn es regnet oder schneit. Dann wird der Abfall zweimal schwerer als gewöhnlich. Das bedeutet für uns einerseits längere Arbeitszeiten, aber auch schwerere Bedingungen für die Räumungsarbeiten. So gelangen wir beispielsweise mit den Putzfahrzeugen nicht in alle Ecken, die gereinigt werden müssen.

zentralplus: Wie lange dauert es, bis die Strassen, auf denen die beiden Umzüge stattfinden, oberflächlich gereinigt sind?

Kreienbühl: Vom Kurzplatz, wo der Umzug beginnt, bis zum Ende auf dem Helvetia-Platz brauchen wir knapp zwei Stunden. Während dieser Zeit arbeiten zwölf bis 15 Reinigungsarbeiter daran, die Strassen zu säubern.

«Es ist einfacher, alles zu verbrennen.»

Albert Kreienbühl, Strasseninspektor Mitte der Stadt Luzern

zentralplus: Was geschieht, nachdem der Müll eingesammelt wurde? Recyceln Sie ihn?

Kreienbühl: An der Fasnacht werfen die Menschen sämtlichen Abfall in den «Big Bag», so nennen wir die Müllsäcke. Wir sammeln den Abfall später ein und transportieren ihn in die Kehrichtverbrennungsanlage in Perlen, wo wir ihn verbrennen. Würden wir den Dreck trennen, hätte dies ein Mehraufwand zur Folge, der nicht nur zu kostspielig, sondern auch zu aufwendig wäre. Es ist einfacher, alles zu verbrennen.

zentralplus: Heute gab es aber noch ein zusätzliches Problem. Der Abfall war mit Schnee überzogen und nass. Was dann?

Kreienbühl: Dieses Problem hatten wir 2005. Damals schneite es in Luzern während der ganzen Fasnachtszeit enorm. Trotzdem versuchten wir, den Abfall, so gut es ging, einzusammeln. Später haben wir den Dreck zusammen mit dem Schnee in verschiedenen Hallen auf der Luzerner Allmend und in der Nähe der Tribschenbadi abtauen und trocknen lassen. Erst nachher konnten wir den Müll im KVA verbrennen. Das hat sich heute geändert. Heute sind die Maschinen der Kehrichtverbrennungsanlage besser, deshalb ist es möglich, auch nassen Abfall völlig zu verbrennen.

zentralplus: Wie viel Abfall produziert die Fasnachtsgemeinde in der Stadt in den Fasnachtstagen?

Kreienbühl: In den letzten Jahren haben wir eine Zunahme verzeichnet. Vor allem neue Imbiss-Stände oder Fasnachtsgänger, die ihr Essen selber mitbringen oder die kleine mobile Sujet-Wagen mitbringen, wirken sich auf den Abfall aus. Tendenziell pendeln wir zwischen 100 bis 150 Tonnen. Wenn es dann noch schneit, wie in der Nacht auf Montag, steigt auch das Gewicht.

zentralplus: Wie viele Mitarbeiter sammeln diese 100 bis 150 Tonnen ein?

Kreienbühl: Mit den Vorbereitungsarbeiten, die zwei Wochen vor der Fasnacht beginnen, und den Reinigungsarbeiten während der Fasnacht, zählt man ungefähr 100 Mitarbeiter. Dazu gehören auch Mitarbeiter des Kanaldienstes oder solche, die Mobiliar wie Mülleimer oder Strassenschilder entfernen. Sieben bis acht Tonnen Material werden jedes Jahr während der Fasnacht pro Mitarbeiter abtransportiert. Das ist eine unglaubliche Zahl und sie steigt weiter!

 

zentralplus: Als Strasseninspektor Mitte haben Sie die Aufgabe, die Arbeiter zu koordinieren. Worauf müssen Ihre Mitarbeiter bei den Aufräumarbeiten besonders achten?

Kreienbühl: Die Stadt riecht an der Fasnacht stark nach Bier oder sonstigem Alkohol und natürlich nach weggeworfenem Essen. Wir konzentrieren uns deshalb stark darauf, diese Essensreste von den Strassen zu entfernen, weil sonst ungebetene Gäste wie Ratten auftauchen. Am Tag nach einem Urknall oder den Umzügen entfernen wir aber nur die grössten Reste, die Detailarbeit folgt am Aschermittwoch.

Unser Ziel ist es, dass am Donnerstag nichts mehr auf die Feierlichkeiten hindeutet, die während einer Woche in der Innenstadt stattgefunden haben.

zentralplus: Mit Ihren Putzwagen greifen Sie ein, sobald der Umzug zu Ende ist. Wie reagieren die Fasnächtler auf die Abräumarbeiten?

Kreienbühl: Die meisten von ihnen sind sehr dankbar und bleiben anständig, auch wenn der eine oder andere etwas zu viel getrunken haben sollte.

zentralplus: Und was machen Sie jetzt, da Sie mit der ersten Schicht des Tages fertig sind?

Kreienbühl: Zuerst einmal lege ich mich für zwei Stunden aufs Ohr, bis es später mit der zweiten Schicht weitergeht. Bis dann wird sich der Müll auf den Strassen wieder angesammelt haben. Am Dienstag um 4 Uhr folgt die dritte Schicht. Glauben Sie mir, während der Fasnacht wird es uns Reinigungsarbeitern nie langweilig (lacht).

Offizielles Video der Luzerner «Fasnachts-Chrampfer»:

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Marjana Ensmenger
    Marjana Ensmenger, 13.02.2018, 11:52 Uhr

    Liebe/r «Wortschatz»
    Wenn Sie den Text bis zu Ende lesen, sollte meiner Meinung nach klar werden dass die Verwendung des Diminutivs keineswegs eine abwertende Bezeichnung für die Arbeit der Putzkolonnen impliziert. Vielmehr soll mit der liebevollen Bezeichnung eine Sensibilisierung für die wertvolle Arbeit der Putzequipe angestellt werden.

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  • Profilfoto von wortschatz
    wortschatz, 13.02.2018, 08:19 Uhr

    Wie um alles in der Welt kann mann diese Helden der Gesellschaft gerade in der Schalgzeile «Putzmännchen» nennen? Dieser Diminutiv ist bei den Menschen, die täglich für uns Berge von Dreck wegputzen und dazu noch nicht mal den Lohn haben, den sie wirklich verdienen würden, aber wirklich nicht angebracht. An der Stelle ein Herzdankeschön allen Menschen, die diese wertvollen Arbeiten verrichten!

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