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Die Bewegung Mass-Voll provoziert mit einem goldenen Lindt-Hasen, auf dem das Wort «Remigration» prangt. Die Schokoladenfirma distanziert sich deutlich – und droht mit Konsequenzen.
«Der Remigrationshase»: Mit diesen Worten preist Mass-Voll einen Schokoladenhasen von Lindt an. Auf dem Bild zu sehen: der typische Hase, eingehüllt in eine goldene Folie. Um den Hals trägt er ein rotes Band mit goldener Glocke. Nur, dass bei diesem Hasen auf dem roten Band «Remigrationshase» prangt.
Dazu schreibt die Bewegung auf der Plattform X: «Das Traditionsunternehmen Lindt hat für Mass-Voll! den Remigrationshasen produziert! Bravo!»
Der Begriff «Remigration» bezeichnet ursprünglich die Rückkehr von Menschen in ihr Herkunftsland nach einem längeren Aufenthalt im Ausland. Inzwischen wurde der Begriff jedoch von rechtsextremen Kreisen gekapert. Sie nutzt ihn als Euphemismus für massenhafte – teils auch gewaltsame – Abschiebungen.
Ist der Hase eine Fotomontage? Nein, er ist echt. Das zeigt eine Anfrage von zentralplus beim Präsidenten Nicolas A. Rimoldi. Dazu schickt er nochmals ein Bild des Goldhasen – und die Quittung. Mindestens vier dieser Hasen existieren.
Ein Kleinaktionär ist besorgt – und hat mit der Schokoladenfirma Kontakt aufgenommen. Er fordert, dass Lindt & Sprüngli zivil- und strafrechtliche Schritte gegen Nicolas Rimoldi beziehungsweise gegen den Verein Mass-Voll «wegen der offensichtlich missbräuchlichen Verwendung Ihrer Marke» einleitet, wie ein E-Mailverlauf zeigt. Und er will, dass Lindt & Sprüngli dafür sorgt, dass ähnliche Fälle künftig unterbunden werden.
Das sagt Lindt & Sprüngli
Hat tatsächlich Lindt & Sprüngli das Wort auf das rote Band gedruckt? Und wie positioniert sich das Unternehmen zu diesem Wort und zur Bewegung Mass-Voll?
Ein Mediensprecher der Firma erläutert, dass Konsumentinnen in ihren Shops Lindt Goldhasen personalisieren und eine «individuelle Grussbotschaft» auf das Band drucken können. Mitarbeiterinnen würden Personalisierungsanfragen jeweils prüfen.
Ob es sich bei dem abgebildeten Goldhasen um ein echtes, unbearbeitetes Foto handle, lasse sich aufgrund der Beiträge in den sozialen Medien nicht abschliessend klären, so der Mediensprecher weiter. «Festzuhalten ist, dass wir keine Geschäftsbeziehung mit der Organisation ‹Mass-Voll!› unterhalten, uns von deren Aussagen distanzieren. Wir bedauern es, wenn unsere Produkte ohne Autorisierung für politische Kampagnen zweckentfremdet werden.»
Und weiter: «Wir behalten uns vor, geeignete Massnahmen gegen eine missbräuchliche Nutzung unserer Produkte zu ergreifen.»
Remigration – Rimoldis Wort
Mit dem Wort «Remigration» zielt Rimoldi darauf ab, dass Menschen mit Migrationshintergrund zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer bewegt werden.
Das Wort ist fest in Rimoldis Wortschatz verankert. Etwa am 17. Februar 2024, wie ein Blick auf sein Profil auf der Plattform X zeigt. Der Mass-Voll-Präsident postet den Screenshot eines Artikels der «Aargauer Zeitung», die titelte: «Polizei am Anschlag, Justiz hilflos: Was kann man gegen die Deliktwelle von Algeriern im Aargau tun?» – Dazu schreibt Rimoldi: «Remigration!»
Am 31. Juli 2024 teilt er die Worte «Remigration statt Revolution», am 22. Januar 2025 – nach dem Messerangriff in Aschaffenburg – schreibt Rimoldi: «Raus, alle RAUS! Das Mass ist voll» und dazu den Hashtag Remigration. Solche Beiträge lassen sich von ihm auf X zuhauf finden.
Mass-Voll und die Nähe zu Rechtsextremen
Mass-Voll wurde 2021 gegründet, als Reaktion auf die staatlichen Massnahmen zur Eindämmung der Covid-Pandemie (zentralplus berichtete). Präsident Nicolas A. Rimoldi hat sich immer wieder mit Personen aus dem rechtsextremen Milieu gezeigt. So besuchte er unter anderem eine Kundgebung in Wien, die von der Identitären Bewegung organisiert wurde. Eine Gruppierung, die vom österreichischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird, wie SRF berichtete.
Auch hat Rimoldi am umstrittenen «Freedom Festival» in Volketswil teilgenommen. Dieses wurde vom «Free Economic Forum» organisiert, daran beteiligt ist die Atlas-Initiative des deutschen Unternehmers Martin Krall, der laut der «Zeit» Kontakte zu deutschen Reichsbürgern hat. Und: Rimoldi hat den Austausch mit Mitgliedern der Jungen Tat gesucht. Diese wird von Extremismusexpertinnen als klar rechtsextrem eingestuft.
Rimoldi hingegen äusserte sich immer dahingehend, dass Medien, staatliche Stellen und Justiz «unliebsame Oppositionelle» als «rechtsextrem», «Nazi» oder «Schwurbler» diffamieren würden, «was nicht den Tatsachen entspricht». Für Rimoldi sei die Junge Tat auch keine rechtsextreme Organisation.
Extremismusforscher Dirk Baier sieht das vehement anders. Gegenüber SRF hielt er fest: «Mass-Voll hat sich als vermeintliche Bürgerrechtsbewegung etabliert, welche sich für die Freiheit einsetzt – und diese vermischt sich nun mit klar rechtsradikalen Gruppierungen.»
- Beitrag von Mass-Voll auf X
- Beiträge von Nicolas A. Rimoldi auf X
- Schriftlicher Austausch mit Nicolas A. Rimoldi, Präsident von Mass-Voll
- Schriftlicher Austausch mit dem Mediensprecher von Lindt & Sprüngli
- E-Mail-Verlauf zwischen Kleinaktionär und Lindt & Sprüngli
- Artikel von SRF