2018: eher Sahelzone statt Schüttstein der Nation

Regenloch Luzern? Diesen Sommer sicher nicht

Luzern wird wohl auch in Zukunft ein Regenloch sein. So wie beim Hochwasser 2005.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Während es rundherum immer wieder zu Gewittern kam, fällt in Luzern seit bald drei Wochen kaum ein Tropfen Regen. Haben die sich verändernden klimatischen Bedingungen also einen positiven Einfluss auf das schlechte Image Luzerns als «Schüttstein der Nation»?

Die Bezeichnung «Schüttstein der Nation» gehört ebenso zu Luzern wie die Kapellbrücke oder der Pilatus. Wenn es in der Schweiz regnet, tippt wohl mancher zuerst auf Luzern.

Der Mythos wird sodann seit geraumer Zeit auch von Prominenten am Leben erhalten. Beispielsweise vom ehemaligen Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz, der sich 1991 anlässlich einer Visite am Vierwaldstättersee über das Luzerner Wetter lustig machte. «Wir sind in Luzern und es regnet nicht? Ein Beweis für die Macht der Ingenieure», so Delamuraz an einem Ingenieurtag. Luzern, der Schüttstein der Schweiz? Mitnichten.

Verkehrsdirektor warb mit dem Regenloch

Zum eher zweifelhaften Ruf Luzerns als Regenloch trug auch der ehemalige, sehr umtriebige Direktor des Verkehrsvereins, Kurt H. Illi, bei. Um die reichen Scheichs aus der Golfregion nach Luzern zu locken, warb er mit dem vielen Regen, den es hier anscheinend geben soll.

In einem Zeitungsbericht hiess es damals: «1987 unternahm er (Illi) eine Werbereise nach Kuwait. Für die Araber mit ihrem trockenen, heissen Klima sei der Regen eine echte Attraktion, argumentierte er und pries Luzern als Regen-Ferienort. Illi wollte damit die einseitig amerikanische Gästestruktur Luzerns aufbrechen und erhoffte sich mehr Einnahmen. Denn die Kuwaitis liessen – zumindest damals – mehr Geld liegen als ein Durchschnittstourist. Doch Illis Rechnung ging nicht auf. Die arabischen Scheichs blieben aus. Selbst in der Zeit ihres erzwungenen Exils reizte sie Luzern nicht. Offenbar regnet es ihnen in der Leuchtenstadt nicht genug.»

Das schlechte Image der Leuchtenstadt und ihrer Umgebung veranlasste sogar den Kanton Luzern dazu, der weit verbreiteten Meinung ein Ende zu setzen. So schreibt er in einer Informationsbroschüre für Auswärtige: «Die Legende, Luzern sei der Schüttstein der Nation, lässt sich nicht beweisen.» Doch das sei nicht alles. Zwar gebe es auch in Luzern Regentage. Ein Luzerner Confiseur stelle sogar extra «Luzerner Rägetröpfli» her. «Zudem geniessen Luzernerinnen und Luzerner viele Föhntage mit schönem, warmem Wetter, wenn es andernorts regnet», so der Kanton.

Fehlender Regen ist reiner Zufall

Tempi passati also? Zumindest diesen Sommer könnte man künftig als Beweis betrachten, dass Luzern kein grösseres Regenloch ist als andere Regionen. So fiel am Mittwochmorgen seit knapp drei Wochen in der Stadt und Agglo Luzern das erste Mal wieder etwas Regen. Andernorts goss es zwischenzeitlich das eine oder andere Mal wie aus Eimern und es gab heftige Gewitter. Sogar von kleinen Überschwemmungen war zu lesen. Doch in Luzern war der lange ausbleibende Regen wohl an jeder Grillparty ein Thema.

Dass es in Luzern dieses Jahr meistens keinen Niederschlag gab, während es rundherum regnete, ist laut dem Meteorologen Cedric Sütterlin von Meteonews allerdings purer Zufall. «Eine schlüssige Erklärung gibt es aus wissenschaftlicher Sicht nicht», sagt er.

«Wenn es in Luzern mal regnet, dann tut es dies meist richtig.»

Cedric Sütterlin, Meteorologe

Mit der geografischen Lage der Stadt habe das Ganze jedenfalls nichts zu tun. Die Schauer seien dieses Jahr einfach an der Region vorbeigezogen. Folglich könne man auch nicht davon ausgehen, dass sich die Sommer in Luzern künftig ähnlich präsentieren werden, so Sütterlin. Der Ruf als «Schüttstein der Nation» wird wohl also auch weiterhin an Luzern haften.

Dass die Situation aber durchaus etwas speziell ist, verneint Sütterlin nicht. Doch er hält auch fest: «Auch wenn es in Luzern nun schon seit mehr als drei Wochen keinen Niederschlag mehr gab, ist die Region keineswegs trockener als andere. Über den ganzen Sommer betrachtet gibt es in Luzern wahrscheinlich mehr Niederschlag als in anderen Gebieten», so der Meteorologe. Auch über das ganze Jahr gesehen gleiche sich die Regenmenge wieder aus.

Wenn es in Luzern regnet, dann richtig

Bei diesem Punkt spielt laut Sütterlin die Lage der Leuchtenstadt aber durchaus eine Rolle. «Durch die bisher häufig aufgetretene Strömung aus Nordosten werden die Gewitter in die Alpen gedrückt und bleiben lange dort.» Zudem entladen sie sich lokal und in grossen Mengen. «Wenn es in Luzern dann aber mit einer Störung wie der Kaltfront von kommender Nacht von Donnerstag auf Freitag regnet, dann tut es dies meist richtig», erklärt Sütterlin.

Dies könnte auch in Zukunft öfters geschehen. Zumindest gebe es Theorien, die besagen, dass Nordostströmungen mit heisser Luft über Skandinavien in Zukunft regelmässiger auftreten. Bisher kam das Wetter die meiste Zeit aus dem Westen.

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