Vorwurf: Rassismus & Sexismus

Promi-Professor unter Beschuss

Professor Dr. Herfried Münkler bei einem Vortrag an der Universität Zürich. (Bild: siaf.ch)

Deutsche Medien berichten von einer Hetzkampagne im Internet: Ein Lehrbeauftragter der Universität Luzern wird von einer anonymen Gruppe von Berliner Studenten scharf angegriffen. Er sei ein «Sexist», «Rassist» und lasse in den Vorlesungen keine kritischen Fragen zu. Was ist dran an diesen Vorwürfen?

Im Vorlesungssaal herrscht dicke Luft. «Rassismus, Sexismus und Militarismus?», so lautet der happige Vorwurf an die Adresse des renommierten Deutschen Politikprofessors Herfried Münkler. Die harten Worte stehen auf einem Sticker, der in der Berliner Humboldt-Universität auf die Bänke und Stühle geklebt wurde.

Interessant: Dieser Professor Münkler hält nächsten Freitag eine Vorlesung an der Universität Luzern. Seit mehreren Jahren hat er hier einen Posten als Lehrbeauftragter inne. Das Hauptseminar des Politikwissenschaftlers trägt den Titel «Neue Kriege. Asymmetrien, Drohnen und Terroristen». 

«Das ist eine Diffamierung.» 

Prof. Dr. Herfried Münkler

Derbe Anschuldigungen

Die Vorwürfe sind starker Tobak für einen Uni-Professor. Zurzeit ist im Internet eine regelrechte Fehde im Gang. Eine anonyme Studentenschaft schaltete vor kurzem eine Aufsichtsplattform namens «Münkler-Watch» gegen den Wissenschaftler. In den Foren wird Münkler unter anderem als «Kolonialverbrecherverehrer» bezeichnet.

Auch liesse er im Unterricht keine Fragen zu und pflege einen krass autoritären Unterrichtsstil. Die Anschuldigungen erscheinen nicht beiläufig auf Facebook, sondern ausführlich, in offiziellem Ton, auf verschiedenen dafür eingerichteten Seiten – eine regelrechte Kampagne. Die Angriffe auf Herfried Münklers Person bieten denn auch Stoff für grosse Schlagzeilen im «Spiegel» oder der «Süddeutschen Zeitung».

«Ich habe ihn als kompetent erlebt»

Hier in Luzern gibt es allerdings nichts gegen den deutschen Professor einzuwenden, wie Recherchen zeigen. Herfried Münkler reagiert in deutschen Medien zwar heftig und bezeichnet die Angriffe aus dem Internet als «Diffamierung», er nennt die namenlosen Blogger «erbärmlich» und «feige», versteht die Attacken als «asymmetrische Kampfführung» und vermutet «Trotzkisten» hinter den Bloggern. Und auf Anfrage von zentral+ kann und möchte Münkler dem nichts mehr hinzufügen. 

«Ich hatte überhaupt nie den Eindruck, Münkler sei unfreundlich.»

Politik-Student an der Uni Luzern

Ein Politikstudent, der Professor Münkler an der Uni Luzern als Dozent erlebt hat, kann die Anschuldigungen der Blogger nicht nachvollziehen: «Ich hatte überhaupt nie den Eindruck, Münkler sei unfreundlich, gar rassistisch oder sexistisch. Im Gegenteil. Ich habe ihn als sehr kompetent erlebt.» Er animiere die Studenten, Fragen zu stellen und gehe auch auf die Fragen ein.

In Wissenschaftskreisen gilt Münkler als Koryphäe auf seinem Gebiet. Bei einer Erhebung der 500 wichtigsten deutschsprachigen Intellektuellen des Politik-Magazins «Cicero» erreicht er Platz 77. Er sei damit der «einflussreichste Politikwissenschaftler nach Gesine Schwan (Januar 2013). Zudem ist er Mitglied im einflussreichen Beratungsstab der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. 

Uni Luzern: keine Beschwerden

Bei der Universität Luzern seien bis heute keinerlei Beschwerden gegen Herfried Münkler eingegangen, sagt Sprecher Lukas Portmann. «Die Vorlesungen von Herrn Münkler sind sehr beliebt. Kritik dazu haben wir noch nie welche vernommen.» 

Generell würden den Studierenden mehrere Möglichkeiten offenstehen, wenn sie mit einer Lehrveranstaltung nicht zufrieden sind, erklärt Portmann. So können sie die Dozierenden direkt darauf ansprechen. «Die Möglichkeit, dank der überschaubaren Grösse einfach mit den Dozierenden in Kontakt zu kommen, ist etwas, das unsere Universität auszeichnet und von den Studierenden geschätzt wird. »

«Die Vorlesungen von Herrn Münkler sind sehr beliebt.»

Lukas Portmann, Sprecher Uni Luzern

Ein nächster Schritt, falls eine solche Beschwerde nicht fruchten würde, wäre eine Reklamation beim Dekan, also beim Vorstehenden der Fakultät. «Die Fakultäten verfügen zudem über Aufsichtskommissionen, an die sich die Studierenden wenden können.» Zudem würden die Lehrveranstaltungen regelmässig durch Umfragen bei den Studierenden ausgewertet. In Luzern habe man auch noch keine Rückmeldungen vernommen, dass Münkler etwa kritische Fragen nicht zugelassen hätte.

Befremdlicher Tonfall 

Was bleibt? Was ist von den Anfeindungen gegen Münkler zu halten? Grundsätzlich sollte es bei solchen Auseinandersetzungen zwischen Studierenden und Professoren um Wissenschaft gehen. Und eine kritische Haltung wird eigentlich von den Studenten erwartet und ist nicht negativ. Andererseits sind die Professoren auch aufgefordert, auf die Gegenstimmen einzugehen.

In diesem speziellen Fall Münkler ist die Diskussionskultur aber schon etwas befremdlich. Wenn die Stimmen nur im Internet laut werden und anonym sind, wird es schwierig. Und die Angriffe in den Foren sind ganz offensichtlich persönlich motiviert. Mit wissenschaftlichem Diskurs hat das wenig zu tun. 

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