In Luzern Süd entsteht eine neue Stadt

Problem mit öffentlichen Räumen ist erkannt – Lösungen noch offen

So sieht es momentan auf dem Nidfeld-Areal aus: 2024 sollen ein 60-Meter-Hochhaus und 445 neue Wohnungen bereitstehen.

(Bild: nidfeld-kriens.ch/webcam)

Die Entwicklung in Luzern Süd schreitet rasant voran. Einst war die Region als «Hinterhof» der Gemeinden Kriens, Horw und Stadt Luzern verschrien, heute pulsiert sie. Doch der öffentliche Raum droht auf der Strecke zu bleiben.

In keiner Schweizer Stadt hat sich die Leerwohnungsziffer im letzten Jahr stärker erhöht als in Kriens (zentralplus berichtete). Und der Bauboom geht ungebremst weiter. So sollen etwa in der Nidfeld-Überbauung 445 neue Wohnungen entstehen (zentralplus berichtete). Dazu kommen die Projekte Mattenhof, Schweighof oder Horw Mitte – Luzern wächst im Süden rasant. Die Rede ist von 15’000 zusätzlichen Einwohnern.

Bauen, Raum- und Siedlungsentwicklung: Diese drei Themen standen im Mittelpunkt einer Veranstaltung der Architektenfachgruppe des SIA Zentralschweiz. Und insbesondere: Wie soll der öffentliche Raum gesichert werden?

«Alles, was es für eine Stadt braucht, ist schon da», sagte Ursina Fausch zu Beginn ihres Referats. Sie hat am Masterplan Luzern Süd mitgearbeitet. Gemeint sind Wohngebiete, Geschäfte, öV-Anschlüsse und landschaftliche Element. «Aber es fehlt die räumliche Qualität, um das Gebiet Stadt zu nennen.»

Jeanpierre Deville moderierte das Podium. Ursina Fausch zeigte in ihrem Einstiegsreferat die Entwicklungen in Luzern Süd auf.

Jeanpierre Deville moderierte das Podium. Ursina Fausch zeigte in ihrem Einstiegsreferat die Entwicklungen in Luzern Süd auf.

(Bild: les)

Und dieses Gerüst wolle man mit den neuen Projekten nun schaffen. Mit der Autobahn oder dem Velo-Highway Freigleis bestünden bereits Teile davon. Ein wichtiger Zentrumspunkt soll der ausgebaute Bahnhof Mattenhof werden. 

Hat die Gemeinde die Entwicklung verschlafen?

Im darauffolgenden Podiumsgespräch betonte der Krienser Stadtpräsident Cyrill Wiget die Bedeutung des öffentlichen Raumes. Und dieser fehle in Luzern Süd. «Es gibt weder Dorfplatz noch Friedhof oder Pfarreizentrum.» Ihm mache es Sorgen, dass die Gemeinde in Luzern kein Eigentum besitze. Wiget zeigte sich selbstkritisch: «Wir hätten die Räume früher sichern müssen.»

Ohne öffentliche Räume entstehe kein Leben, ist Wiget überzeugt. «Es braucht darüber hinaus auch öffentliche Nutzungen.» Diesbezüglich nahm Wiget die Investoren in die Pflicht. Ein Café, eine Bäckerei oder eine offen zugängliche Werkstatt würden schliesslich die Qualität steigern, und damit lasse sich Geld verdienen (zentralplus berichtete).

Das Modell zeigt, wie sie die Region in Luzern Süd entwickeln soll.

Das Modell zeigt, wie sie die Region in Luzern Süd entwickeln soll.

(Bild: les)

Manuel Schneider nahm als Vertreter des Bauunternehmens Losinger Marazzi am Podium teil. «Lebenswerte Räume bringen Geld», sagte er. Er zeigte sich offen, die Gemeinde in ihren Bestrebungen zu unterstützen. Gerade auf grossen Arealen sei es einfacher, den öffentlichen Raum aufzuwerten.

Doch in seinen Ausführungen war auch grosse Skepsis zu spüren. So zeigte er sich wenig erfreut, dass die Gemeinde seinem Unternehmen bei der Nidfeld-Überbauung eine öffentliche Entsorgungsstation «aufs Auge drückte». Diese bringe Verkehr, Lärm und Dreck. 

Anwohner sind teilweise überfordert

An der vom ehemaligen Luzerner Stadtarchitekten Jean-Pierre Deville geleiteten Diskussion nahm auch Wada Jossen teil. Er wohnt heute in Luzern Süd und verfolgt die Entwicklung interessiert mit. Als Opfer wollte er sich jedoch keinesfalls sehen. «Ich kann von ganz vielen Sachen profitieren, etwa vom verbesserten öV-Angebot», sagte Jossen.

Er machte aber auch klar, dass Angst vor «dem Neuen» da sei (zentralplus berichtete). «Alles wirkt so gross. Man kann gar nicht nachvollziehen, weshalb diese Entwicklung so vorangetrieben wird», sagte Jossen. Bei der Höhe und Flugweite sei es auch schwierig, die Leute in die Diskussion miteinzubeziehen. Jossen betonte auch die Wichtigkeit von halböffentlichen Räumen: «Die Menschen brauchen ihr Gärtchen.»

Manuel Schneider, Wada Jossen und Cyrill Wiget an der Podiumsdiskussion.

Manuel Schneider, Wada Jossen und Cyrill Wiget an der Podiumsdiskussion.

(Bild: les)

Dies wurde auch in der anschliessenden Diskussion zum Thema. Die Voten zeigten, dass die Skepsis vorhanden ist, ob man den öffentlichen Räumen in der ganzen Entwicklung genügend Priorität zugesteht. Hier wurde auch der Wunsch an die Adresse des Krienser Stadtpräsidenten Cyrill Wiget laut, die Gemeinde müsse mehr Einfluss nehmen.

Pius Zängerle, der Präsident des regionalen Entwicklungsträgers und federführenden Verbands Luzern Plus, warb zum Schluss für Zuversicht statt Skepsis: «Wir entwickeln den Hinterhof von drei Gemeinden. Es ist ein Transformationsprojekt, in dem wir laufend neue urbane Räume schaffen.» Deshalb sei es auch möglich, laufend auf Entwicklungen und Begehrlichkeiten einzugehen.

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