Knatsch um das Entsorgungsgeschäft

Ökihof in Sihlbrugg: Groteske aus der Welt des Recylings

Reges Treiben trotz kürzerer Öffnngszeiten: Sammelstelle von Schneider Umweltservice in Baar-Sihlbrugg. (Bild: Markus Mathis)

Der Zuger Abfallbewirtschaftungsverband Zeba besteht darauf, dass ihm eine private Sammelstelle in Baar-Sihlbrugg alle Wertstoffe abliefert. Grund: auf deren Entsorgung haben die Gemeinden das Monopol. Die Migros hingegen darf eine eigene Sammelstelle unterhalten.

Die Firma Schneider Umweltservice betreibt in Sihlbrugg eine beliebte Entsorgungsstelle. Ende letzten Jahres informierte sie ihre Kunden darüber, dass man die Öffnungszeiten reduzieren werde. Die langen Öffnungszeiten waren jedoch einer der Gründe, warum viele Berufstätige bei Schneider entsorgten. Freundliches Personal war ein anderer.

Man habe bisher die Sammelstelle auf eigene Rechnung hin betrieben, erklärte Roland Fleischli, welcher die Geschäfte des Unternehmens in der Zentralschweiz leitet, im Informationsschreiben. Doch dies sei rechtlich nicht zulässig, weil die recycelten Wertstoffe als Siedlungsabfälle von Privaten gelten. Und auf deren Entsorgung haben die Gemeinden das Monopol.

Baar will nur Twerenbold

Diese haben sich dazu im Zweckverband der Zuger Einwohnergemeinden zur Bewirtschaftung von Abfällen (Zeba) zusammen geschlossen, welche das ganze Abfallwesen verwaltet. Dennoch sind die Ökihöfe der Gemeinden unterschiedlich organisiert. In der Stadt Zug etwa wird er von der Gemeinde betrieben. In Baar hat man den Ökihof hingegen an einen Privaten ausgelagert. Nämlich die Franz Twerenbold AG, welche am andern und südlichen Ende der Gemeinde, an der Altgasse, ansässig ist.

Offensichtlich hatte man keine Lust, ein weiteres Unternehmen mit ins Boot zu holen. Jedenfalls wird Schneider Umweltservice von der Zeba und der Gemeinde Baar nur noch geduldet. Das Unternehmen, welches auch Wertstoffe des Gewerbes sammelt und einen Muldenservice unterhält, darf zwar seinen Ökihof in Sihlbrugg weiter betreiben, muss aber alle Materialien an die Zeba abliefern. Ohne dafür eine Entschädigung zu erhalten.

Kostspielige Lösung mit Werbeeffekt

Die Auseinandersetzung mit Gemeinde und Baar über den Ökihof habe lange gedauert, sagt Roland Fleischli im Gespräch. «Unser Verwaltungsratspräsident René Schneider wollte aber unbedingt eine Lösung finden.» Die sieht nun so aus, dass Schneider Umweltservice den Ökihof als Integrations- und Lehrlingsprojekt betreibt. Die Idee dahinter: Lehrlinge lernen Verantwortung wahrzunehmen, Menschen mit schwierigem Hintergrund finden eine sinnvolle Beschäftigung.

«Natürlich legen wir dabei drauf», sagt Roland Fleischli. «Aber wir gehen diese Konzession ein.» Die Öffnungszeiten entsprechen nun ungefähr jenen der andern Zuger Ökihöfe, der Beliebtheit der Sammelstelle scheint dies aber keinen Abbruch getan zu haben, wie ein Lokaltermin am vergangenen Samstag zeigt. «Wir haben im Ökihof bisher 900 Tonnen Material gesammelt und die Menge ist seit Dezember kaum zurückgegangen», bestätigt Fleischli.

Auf das Kundenbedürfnis nach längeren Öffnungszeiten für Berufstätige angesprochen, welche bisher den Ökihof in Sihlbrugg so attraktiv machte, sagt Zeba-Geschäftsführerin Heidi Oswald, dass am offiziellen Ökihof an der Baarer Altgasse am Donnerstagabend ein «Abendverkauf» mit längeren Öffnungszeiten geplant sei, um das Angebot auszuweiten.

Warum die Migros darf, was Schneider nicht darf

Nun ist es keineswegs so, dass im Kanton Zug nur die Sammelstellen der Zeba-Mitglieder Wertstoffe aus Siedlungsabfällen sammeln. Die Migros tut dies im Einkaufszentrum Zugerland auch – unabhängig von der Zeba. «In Steinhausen liegt eine andere Situation vor», sagt Oswald. «Als Bedingung für den Umbau der Migros Zugerland wurde damals von der Gemeinde eine umfassende Sammelstelle gefordert.»

Daher gibt es nun in Steinhausen zwei rechtskonforme Sammelstellen innerhalb von wenigen hundert Metern. Die der Migros westlich der Eisenbahngeleise und jene der Gemeinde beziehungsweise der Zeba östlich der Geleise an der Sennweidstrasse.

«Die Finanzierung der Entsorgung hat verursachergerecht und kostendeckend zu erfolgen.»

Heidi Oswald, Geschäftsführerin Zeba

Nun mag man sich die geneigte Leserin, der geneigte Leser an dieser Stelle fragen: Wenn meine Siedlungsabfälle den Gemeinden gehören, warum darf ich dann zwar meine Wertstoffe der Zeba spenden, aber muss dennoch Sackgebühren bezahlen?

«Die Finanzierung der Entsorgung hat verursachergerecht und kostendeckend zu erfolgen», sagt dazu Heidi Oswald von der Zeba. «Leider deckt der Erlöspreis der Wertstoffe in den wenigsten Fällen den Aufwand für Sammlung, Transport und Verwertung.» Dazu seien unterschiedliche Finanzierungssysteme im Einsatz, wie die Sackgebühr für den Kehricht, vorgezogene Recyclinggebühren bei PET-Flaschen und anderes mehr.

Verwendete Quellen
  • Information von Schneider Umweltservice AG
  • Telefonat mit Geschäftsleiter Zentralschweiz von Schneider Umweltservice
  • Antworten auf Anfragen an Zeba und Baarer Gemeinderäte
  • Augenschein vor Ort
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Ulli
    Peter Ulli, 07.03.2023, 08:20 Uhr

    In der Privatwirtschaft wird immer mehr Konkurrenz gefordert. Die Politik ist aber geradewegs verliebt in ihre eigenen Monopole.

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  • Profilfoto von Fairtrauter
    Fairtrauter, 15.02.2022, 11:19 Uhr

    Diese Recyclingstation ist extrem beliebt, da Sie anständige dem Kundenbedürfnis entsprechende Öffnungszeiten hatte. Der jetzige Zustand ist wieder ein Musterbeispiel wohin Monopole führen.

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