Gesellschaft
Kind einer Regenbogenfamilie in Luzern

«Mit zwei Müttern aufwachsen? Ganz normal»

Malin (18, links) mit ihrer Mama Lisa, Lisa Bachmann (68, rechts). (Bild: ida)

Geht es um die Abstimmung zur «Ehe für alle», fällt oft das Stichwort Kindeswohl. Doch: Wie geht es Kindern aus Regenbogenfamilien wirklich? Die 18-jährige Malin weiss es. Denn sie wuchs mit zwei Müttern auf – kennt aber auch ihren Vater.

Wir alle haben sie mit bunten Stiften auf Papier gezeichnet: unsere Familie. Mit Papi und Mami, Geschwistern, Katze und Hund. Bei Malin sah das ein wenig anders aus: Sie malte Mama Lisa gemeinsam mit Mami Maya und Bruder Lou aufs Papier. Malin wuchs mit zwei Müttern auf. Auch mit ihrem leiblichen Vater hat sie guten Kontakt.

Bei einem Sirup im «Mardi Gras» erzählt die 18-Jährige: «Als ich klein war, habe ich einmal gesagt: Meine zwei Mütter sind meine Eltern – und mein Vater ist die Kirsche on Top.»

Hätte Malin nur eine Mutter und einen Vater, so würden wir sie wohl kaum fragen, wie das war. Bei der aktuellen Debatte zur «Ehe für alle» fällt aber oftmals das Stichwort Kindeswohl. Kinder bräuchten einen Vater und eine Mutter, sind die Gegner überzeugt. Und dabei reden sie über Kinder aus Regenbogenfamilien – und nicht mit ihnen.

Stolz auf ihre Familie

Nun sitzen wir mit Malin und ihrer Mutter Lisa an einem Tisch. Malin lächelte, als Lisa Bachmann erzählte, wie sie und ihre damalige Partnerin schwanger wurden (zentralplus berichtete). «Für mich war es völlig normal, mit zwei Müttern aufzuwachsen», sagt die Luzernerin. Was sollte sie auch anderes sagen?

Auch Studien zeigen: Kinder entwickeln sich bei gleichgeschlechtlichen Eltern genauso gut. Das Geschlecht der Eltern spielt also keine Rolle. Viel wichtiger ist die Qualität der Beziehung.

Realisiert, dass ihre Familienkonstellation ein wenig anders ist, hat Malin früh. Ihre beste Freundin hatte eine Mutter und einen Vater. «Dass meine Familie anders ist, hat mich nie gestört. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich meine Eltern mal gefragt habe, wieso wir so sind. Das war und ist meine Familie.»

«Da dachte ich auch: Interessant, ich bin also ein soziales Experiment. Dabei fühle ich mich ganz normal.»

Malin

Lisa Bachmann schaut ihrer Tochter in die Augen und ergänzt: «Bei dir mussten wir eher darauf schauen, dass du nicht ins Angeben kamst», sagt sie und lacht. «Manchmal hast du andere Kinder gefragt, ob sie auch zwei Mamis und einen Papi haben.» Malin lacht. «Stimmt. Da war ich vielleicht vierjährig. Aber ich war stolz darauf. Es ist ja auch etwas Schönes.»

Malin ist froh, dass sie ihren Vater kennt. Weiss, wie er ist. «Aber ich kann nicht sagen, dass ich etwas vermissen würden, wenn ich ihn nie kennengelernt hätte.»

Ein «soziales Experiment», dass sich ganz wohl fühlt

Scrollt Malin durch Medienberichte zur «Ehe für alle», in welchen die Gegner zu Worte kommen, so schüttelt sie nicht selten ihren Kopf, findet die Gegenargumente nicht selten hanebüchen. Letztens hat sie gelesen, dass Kinder von gleichgeschlechtlichen Eltern ein «soziales Experiment» seien. «Da dachte ich auch: Interessant, ich bin also ein soziales Experiment. Dabei fühle ich mich ganz normal.»

Manchmal verletzt es sie. Sie versuche sich zu distanzieren, nicht alles allzu persönlich zu nehmen. «Lisa regt sich da sicherlich noch mehr auf. Ich glaube, es gibt immer Menschen, die etwas gegen gleichgeschlechtliche Liebe haben, Menschen, die immer Recht haben wollen.»

Malin wurde nie diskriminiert

Die «Ehe für alle» sei ein wichtiges Zeichen, findet Malin. «Gleichberechtigung eben.» Auch mit ihren Freunden spricht sie offen über das Thema. «Ich erzähle gerne von meiner Familie.»

Gehänselt wurden Malin und ihr Bruder nie, weil sie zwei Mütter haben. In der Pubertät hatte Malin einmal Angst, dass doofe Kommentare in der Schule kommen könnten. Aber es passierte nichts. «Seitdem habe ich diese Angst vollkommen abgelegt.»

Sie ist überzeugt: Dass sie nie gemobbt wurde, hat damit zu tun, dass ihre beiden Mütter so offen mit dem Thema umgegangen sind. So sind auch Malins Kindheitskollegen damit aufgewachsen, dass sie nicht anders ist als andere, nur weil sie zwei Mütter hat, wie sie erzählt. «Kinder selber würden nie auf die Idee kommen, ein anderes Kind zu hänseln, weil es gleichgeschlechtliche Eltern hat. Vielmehr ist es wohl die Erziehung: Bringen Eltern ihrem Kind bei, es sei komisch, wenn ein anderes Kind gleichgeschlechtliche Eltern hat? Auf so eine Idee kommen doch keine Kinder, das sind Erwachsene.»

«Wir waren wirklich immer sehr offensiv mit dem Thema», sagt Lisa Bachmann. Sei das im Spital, bei den Ärztinnen, bei den Behörden, in der Kita, in der Schule. Jeder wusste, dass es da «Mami» und «Mama Lisa» gibt. Und den Vater in Brasilien – die Kirsche obendrauf quasi.

Im ersten Teil erfährst du, wie Lisa Bachmann und ihre damalige Partnerin Maya eine Familie gründeten:

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