Luzerner wollen GPS für Velos

Mit Spylamps gegen den Velo-Klau

Beliebtes Diebesgut: Herumstehende Drahtesel werden in Luzern besonders häufig entwendet. Denn nicht jedes Veloschloss hält, was es verspricht.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

In Luzern werden immer mehr Velos gestohlen. Gleichzeitig sinkt die Anzahl aufgeklärter Fälle drastisch. Damit soll endlich Schluss sein, finden Parlamentarier. Sie verweisen auf die Niederlande, wo eine sehr erfolgreiche Anti-Velo-Klau-Massnahme ergriffen wurde. Doch auch diese Methode löst das Problem nur kurzfristig.

Es ist der Schrecken eines jeden Velo-Besitzers: Dort, wo eigentlich das Velo stehen sollte, klafft eine Lücke. Das Velo ist weg. Zurück bleiben Frust und Wut.

2’618 Velos gestohlen

Im Kanton Luzern wurden gemäss Kriminalstatistik der Luzerner Polizei letztes Jahr 2’618 Fahrräder gestohlen. Das entspricht 7 Velos pro Tag – und gut 93 Prozent aller gestohlenen Fahrzeuge überhaupt. Bei einer Zunahme der Velodiebstähle um ganze 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr hat die Aufklärungsquote sogar abgenommen. Sie liegt momentan bei 0,6 Prozent.

Ein Blick über die Kantonsgrenzen hinaus zeigt ein ähnliches Bild. 85 Prozent aller gestohlenen Fahrzeuge in der Schweiz sind Velos. 2014 haben Velodiebstähle um knapp zehn Prozent auf 47’762 Fälle zugenommen. Und auch hier liegt die Aufklärungsquote mit etwas mehr als zwei Prozent sehr tief. Das sei leider keine Überraschung, sagt Barbara Irniger von Pro Velo Luzern. «Gestohlene Velos finden ihren rechtmässigen Eigentümer nur sehr selten wieder.»

Alles nur eine Frage der Prävention?

Um Gelegenheitsdiebstähle einzudämmen, wurde in der Vergangenheit auch schon zu unkonventionellen Massnahmen gegriffen. Allerdings mit ernüchterndem Resultat, wie Simon Kopp, Mediensprecher der Luzerner Strafverfolgungsbehörden, sagt. «Das vergangene Projekt mit alten Fahrrädern, die der Allgemeinheit zum Gebrauch überlassen worden waren, hatte auf unsere Arbeit keinen Einfluss. Die Diebstähle sind weiterhin angestiegen.»

«Damit findet man zwar das Velo wieder, nicht aber den Täter.»

Simon Kopp, Mediensprecher der Luzerner Strafverfolgungsbehörden

Nun wollen zwei Parlamentarier aus dem Grossen Stadtrat der Sache auf den Grund gehen. «Diese erschreckenden Zahlen sind Grund genug, bei den Behörden nachzufragen, wie man das Problem in den Griff bekommen will», erklärt Grossstadtrat Mario Stübi (SP/JUSO). Zusammen mit Korintha Bärtsch (Grüne/Junge Grüne) hat er soeben eine schriftliche Anfrage an den Stadtrat gerichtet. 

Betroffen seien nämlich nicht nur die eigentlichen Opfer, erklärt Stübi. Die Versicherungsbranche würde diese Diebstähle jährlich rund 60 Millionen Franken kosten. Und nicht zuletzt hätte die Polizei deswegen sehr viel zu tun. «Wenn sich alle ärgern und einfach nichts unternommen wird, soll man sich doch mal Gedanken machen darüber», so Stübi, dem auch schon mehrmals das Velo gestohlen wurde.

In der Anfrage zeigen Stübi und Bärtsch Lösungsvorschläge auf. In den Niederlanden beispielsweise rüste die Polizei seit Jahren Fahrräder mit GPS-Sendern aus. Damit hätten sich die Diebstähle innert drei Jahren um fast die Hälfte reduziert. Als mögliche Lösung wird auch ein zentrales Veloregister genannt. 

GPS ist umstritten 

Doch weshalb haben in Luzern Fahrraddiebstähle trotzdem so massiv zugenommen? Und weshalb ist die Aufklärungsquote so tief? Darauf könne keine abschliessende Antwort gegeben werden, so Kopp. «Diese Zahlen schwanken erfahrungsgemäss stark, da von verschiedensten Faktoren abhängig.» Sprunghafte Anstiege beispielsweise könnten allenfalls auf erhöhte Tätigkeit organisierter Diebe zurückzuführen sein.

Vereinfachung durch Online-Anzeige

Bald können Velodiebstähle online angezeigt werden. Gemäss Simon Kopp, Mediensprecher der Luzerner Strafverfolgungsbehörden, würde das Projekt «in naher Zukunft» umgesetzt. «Der Online-Polizeiposten verkürzt die Wege, da eine Anzeige nicht mehr mit dem Gang zur Polizei und damit verbunden an feste Zeiten gebunden ist.» Es könne durchaus sein, dass einige Arbeitsabläufe vereinfacht werden. Aber: «Ermittlungsarbeiten, Abklärung und Rückfragen können durch den Online-Polizeiposten nicht ersetzt werden», relativiert Kopp.

Dem Polizeikorps sei die Problematik bekannt, die Handhabe jedoch beschränkt, so Kopp. Er bezweifelt auch den Nutzen des Einsatzes von GPS-Sendern: «Damit findet man zwar das Velo wieder, nicht aber den Täter.»

Kurzfristig hätte die Massnahme zwar schon eine abschreckende Wirkung, räumt Kopp ein. Die Täter würden ihr Verhalten aber schnell anpassen und dafür sorgen, dass das Velo und sein Standort keine Rückschlüsse auf die Täterschaft zulassen. «Damit verbessern wir die Aufklärungsquote auch nicht», so Kopp. Schlussendlich helfe GPS eher dem rechtmässigen Besitzer des Velos, als der Polizei.

Kopp weist zudem darauf hin, dass mit dem Einsatz der Technologie unerwünschte Nebeneffekte auftreten könnten. «Täter könnten den Sender entfernen oder gar zerstören, womit auch das Velo in Mitleidenschaft gezogen würde.»

Problematisch: Datenschutz und hohe Kosten 

Bedenken gegenüber dem Einsatz der Ortungsgeräte äussert auch Barbara Irniger von Pro Velo Luzern: «Aus Datenschutzgründen kommt für uns ein Einsatz von GPS nur auf freiwilliger Basis in Frage.» Hingegen würde man es aber begrüssen, wenn die Stadt oder Kanton Luzern den privaten Einsatz der Technologie durch die Schaffung von Anreizen fördern würde. Irniger verweist auf die «noch hohen Anschaffungskosten». Ein GPS-Ortungs-Kit koste rund 200 Franken. 

«Wer sein Velo an Ort und Stelle ankettet, schützt sich und sein Fahrrad am besten.»

Zef Prenaj, Velofachhändler

Diese seien denn auch der Grund, wieso sich GPS-Tracking bei Velos noch nicht durchgesetzt hätte, bestätigt Zef Prelaj vom Fachgeschäft Velo Imgrüth in Luzern. Er empfehle seinen Kunden deshalb nach wie vor, ihren Drahtesel mit einem massiven Schloss aus gehärtetem Stahl abzuschliessen. «Und zwar nicht nur am Rad», warnt Prelaj. «Wer zudem den Velorahmen an Ort und Stelle ankettet, schützt sich und sein Fahrrad am besten.»

Appell an Eigenverantwortung

Die Polizei würde eine verstärkte Prävention begrüssen. «Grundsätzlich befürworten wir alle Massnahmen, welche das Auffinden gestohlener Fahrzeuge vereinfacht», sagt Simon Kopp. «Dies ist aber grundsätzlich Sache des Eigentümers, er muss entsprechende Vorkehrungen treffen.»

«Spylamp»: Von Aussen eine gewöhnliche Rückleuchte, innen mit verstecktem GPS-Sender.

«Spylamp»: Von Aussen eine gewöhnliche Rückleuchte, innen mit verstecktem GPS-Sender.

(Bild: fahrrad-diebstahl.com)

Trotzdem wäre man gegenüber einem zentralen Register aufgeschlossen, wie Kopp sagt. Allerdings sei es auch hier eine grosse Hilfe, wenn die Diebstahlopfer die Rahmennummer der Fahrräder kennen. «Das hilft stark bei der Identifizierung aufgefundener Fahrzeuge oder auch bei Kontrolle von auffälligen Personen, welche mit einem Fahrrad unterwegs sind. Ideal ist auch, wenn noch ein Kaufbeleg vorhanden ist, bezüglich Versicherungsfragen», so Kopp.

Auch der Verband Pro Velo Luzern appelliert an die Eigenverantwortung der Velofahrer, «solange keine andere flächendeckende Lösung in Aussicht ist». Irniger bedauert die Aufhebung der Velovignette. So seien immerhin die Fahrzeugdaten bei den Versicherungen hinterlegt gewesen. Allerdings könne man seine Velo-Daten teilweise gegen Gebühr auch in privaten Datenbanken, wie zum Beispiel «Velofinder» oder «Veloregister» hinterlegen.

Mit GPS auf Velojagd

In den Niederlanden rüstet die Polizei seit 2008 Velos mit GPS-Trackern aus, um Diebe zu überführen. Mit einem ähnlichen System ging die «SonntagsZeitung» in mehreren Schweizer Städten auf Velojagd. Platziert wurden die Lockvogel-Velos an Bahnhöfen oder in Ausgehvierteln – meistens ohne Schloss, teilweise aber auch mit.

James Bond fürs Velo

Als Ortungsgerät dienten GPS-Tracker, die in einem funktionierenden Rücklicht versteckt sind, sogenannte «Spylamps». In diesen Lampen befindet sich nebst einer GPS-Antenne und einer SIM-Karte auch ein Bewegungsmelder. Sobald das Velo bewegt wird, übermittelt der Tracker laufend seine Position – gleichzeitig schickt er per SMS oder Mail einen Alarm an den Nutzer. Der Weg des Velos kann auf einer Karte online und live verfolgt werden – das funktioniert mit jedem Computer oder Smartphone.

Umstritten ist, ob es der Polizei in der Schweiz erlaubt wäre, wie in Holland GPS-Tracker einzusetzen, um Velodieben das Handwerk zu legen. In Luzern ist ein entsprechender Vorstoss hängig. Klar hingegen ist, dass Privatpersonen ihr Eigentum mit GPS-Trackern ausstatten dürfen.

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