Augenschein an der zweiten Fitnessmesse in Luzern

«Mehr als drei Kilo Muskelaufbau pro Jahr ist nicht realistisch»

Fototermin mit dem US-Fitnessmodel Michelle Lewin an der Messe.

(Bild: Natalie Ehrenzweig)

Auf der «goactive»-Fitnessmesse soll man zu einer guten Work-Life-Balance finden. Während sich die einen bloss präsentieren, machen andere gleich mit. Es wird fotografiert und geschwitzt, was das Zeug hält. Leider mit einer noch kleinen Auswahl an Sportarten.

Wer sich unter fitten Menschen tendenziell unwohl fühlt und dabei ein schlechtes Gewissen bekommt, der war wohl am Wochenende nicht an der zweiten Fitness-Messe auf der Luzerner Allmend anzutreffen.

Jede Menge – vornehmlich junge – Menschen tummelten sich zwischen den knapp 50 Ständen an der «goactive fitness expo». Sie liessen sich in Sachen Fitnessgerät oder Nahrungsmittelergänzung beraten oder schauten sich eine der zahlreichen Darbietungen an.

Zum Beispiel wie Bachelor Janosch Nietlispach boxte oder Schlangenfrau Eliza fast einen Knopf in Arme und Beine machte.

Und das sieht dann so aus:

 

«Das Ziel der Messe ist für mich ganz klar, der breiten Bevölkerung zu zeigen, wie man sich fit halten kann und wie man mit Bewegung und Ernährung zu einer ausgewogenen Work-Life-Balance kommt», betont Messeleiterin Stephanie Renner. Sie wolle hier möglichst viele Sportarten zeigen, doch würden ihr dazu noch einige Kontakte fehlen. «Wir haben viele Sportvereine angeschrieben und ihnen die Möglichkeit angeboten, zum Selbstkostenpreis von 500 Franken einen Stand zu haben, doch das liegt wohl oft nicht im Budget», bedauert sie.

Nahrungsmittel und Fitnesszentren

Spaziert man durch die Messe, springt denn auch sofort ins Auge, dass vor allem Marken von Nahrungsmittelergänzung, einige Fitnesszentren und verschiedene Gerätehersteller vor Ort sind. Was für ein Publikum zieht das an? In letzter Zeit soll es einen Fitness-Boom bei Teenagern und jungen Erwachsenen geben: «Wir bemerken diesen Trend schon», bestätigt Ivan Bucher, Geschäftsführer von Lifefitness24 in Horw, der an der Messe präsent ist.

Kraftfutter wird angepriesen.

Kraftfutter wird angepriesen.

(Bild: Natalie Ehrenzweig)

Angestachelt durch Social Media, wo es sehr stark um das Äussere geht, hätten Junge oft falsche Erwartungen. «Da ist es unsere Verantwortung, ihnen zu erklären, was überhaupt möglich ist. Mehr als drei Kilo Muskelaufbau pro Jahr ist nicht realistisch», sagt Ivan Bucher.

«Frauen wollten früher vor allem dünn sein. Heute wollen sie Muskeln aufbauen.»

Fitness-Instruktor

In seinen fünf Fitnesszentren achten die Instruktoren auf die Kunden: «Wenn jemand viel schneller Muskeln aufbaut, als es überhaupt möglich ist, reagieren wir gleich», sagt Bucher. Ebenso wenn sie vermuten, dass jemand magersüchtig ist. «Wir sprechen die Kunden darauf an. Das ist allerdings heikel, denn man riskiert, dass sie dann einfach nicht mehr zurückkommen.» Die Gefahr, dass sich Trainierende mit illegalen Substanzen zu mehr oder schnellerem Muskelaufbau helfen, sei vor allem in unbetreuten Zentren grösser, so Bucher.

Auch Frauen wollen heute Muskeln

Dass der anhaltende Fitnessboom in grossem Mass auf Social-Media-Plattformen wie Instagram zurückzuführen ist, davon ist auch Markus vom Trainingscenter One in Luzern überzeugt. Der Körperkult habe sich in den letzten Jahren verändert, nicht nur bei Männern. «Frauen wollten früher vor allem dünn sein. Da verweigerten alle den Kraftaufbau. Heute wollen sie Muskeln aufbauen.»

Ästhetik vor Gesundheit, das ist ein Verdacht, der während des Besuchs der Messe aufkommt. Und manchmal kippt das Bedürfnis nach Schönheit auch etwas ins Groteske – jedenfalls in den Augen der Autorin.

Der Wille ist entscheidend

Während ein Teil der Besucher offenbar mit engen T-Shirts und wenig Kleidern zeigen wollen, was sie in ihrer Freizeit tun, machen andere gleich mit. So zum Beispiel beim Taekwondo am Samstag oder beim «Les Mills Grit»-Cardiotraining mit Melanie Urech und Heinz Grob. Hier erreicht die Messeverantwortliche Stephanie Renner also durchaus ihr Ziel, die Leute zu animieren.

Gruppenfitness an der Messe:

 

«Wer nur fürs Aussehen trainiert, hört wahrscheinlich rasch wieder auf, weil das Training eben Geduld braucht», ist Renner überzeugt. Sie selber komme aus dem Laufsport. «Ich bin eine Ausdauersportlerin, gestern habe ich Taekwondo ausprobiert, obwohl ich mir das eigentlich nicht zutraute.» Und da sei ihr klar geworden: Mit Willenskraft könne man sehr viel erreichen.

Ob sie mit der Messe einen so grossen Erfolg erreicht hat, dass es nächstes Jahr zu einer weiteren Ausgabe kommt, ist noch unsicher: «Wir werten die Messe aus und holen das Feedback der Aussteller ein. Dann sehen wir weiter.»

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