Zentralschweizer Magazin findet keinen Verleger

Mediensterben in der Zentralschweiz: «echt» ist Geschichte

Der Verleger Ivo Bachmann erzählt vom Ende des Magazins «echt». (Bild: bachmann medien)

Das Zentralschweizer Saisonmagazin «echt» muss nach zehn Jahren das Handtuch werfen. Trotz Erfolg konnte der Verleger Ivo Bachmann keine Nachfolgerin finden.

Die Zeitungen, Magazine und Radiosender haben in der Zentralschweiz keinen leichten Stand. Immer mehr Akteure der Medienlandschaft verschwinden oder verlieren ihre Unabhängigkeit. Nicht wegen Personalmangel, sondern weil das Angebot immer schwieriger finanzierbar wird.

Jetzt verglüht ein weiteres Licht am Zentralschweizer Medienhimmel. Das Saisonmagazin «echt» muss nach zehn Jahren Redaktionsgeschichte die Produktion einstellen. Der Grund? Kein Verleger will im Geiste des Magazins weitermachen.

Was das für die Medienvielfalt in der Zentralschweiz bedeutet, erklärt Ivo Bachmann, Gründer und Geschäftsführer von «bachmann medien» und langjähriger Verleger von «echt».

Ein Luzerner für die Innerschweiz

59 Jahre jung ist Ivo Bachmann, als er beginnt seine beruflichen Verpflichtungen zu reduzieren. Der Luzerner Journalist, der heute in Zug lebt, hat ein erfülltes Leben in der Medienbranche hinter sich. Er war unter anderem Chefredaktor der «Basler Zeitung» und beim «Beobachter».

Mit dem Verlag «bachmann medien» ist Bachmann seit 2009 besonders für das Schweizer Medienmagazin «Edito» bekannt. Doch auch in seiner Heimat konnte sich der Luzerner aus Rain einen Namen machen. Seit zehn Jahren erschien viermal jährlich das Magazin «echt» mit Reportagen, Porträts und Berichten aus der Innerschweiz.

«Wir trösten uns damit, dass wir zumindest ein Jahrzehnt lang zu etwas mehr Medienvielfalt in der Zentralschweiz beitragen konnten.»

Ivo Bachmann, Verleger von «echt»

Dass nun nach 40 Ausgaben, die Geschichte von «echt» ende, falle dem ganzen Team schwer. «Wir trösten uns damit, dass wir zumindest ein Jahrzehnt lang zu etwas mehr Medienvielfalt in der Zentralschweiz beitragen konnten», schreibt Bachmann auf Anfrage von zentralplus.

Mediensterben in der Zentralschweiz

Nachdem Bachmann entschieden hatte, beruflich kürzerzutreten, begann die Suche nach einer neuen Verlegerin für «echt», erzählt er. Drei Prämissen waren ihm wichtig: Der Erhalt der redaktionellen Qualität. Ein Verleger mit Herzblut und finanziellen Mitteln. Und eine Lösung ohne Grossverlag.

Dass Grossverlage kleine, unabhängige Akteure aus der Region übernehmen, ist nicht neu. «Radio Sunshine» und «Radio Central» mussten nach jahrelangen Verlusten unter die Fittiche von «CH Media» flüchten. Also jenem Medienhaus, das bereits «Radio Pilatus» betreibt.

Andere Titel sind gänzlich verschwunden, etwa die «Obwalden und Nidwalden Zeitung» (endete 2012), der «Rigi Anzeiger» (endete 2018) oder die «Zentralschweiz am Sonntag» (endete 2019). Letztere wurde ebenfalls vom Medienkonzern «CH Media» betrieben, der über 400 Millionen Franken Umsatz jährlich macht.

Der Medienkonzern «CH Media» verlegt die meisten Zeitungen in der Region. Einige konnten sich trotzdem nicht halten. (Bild: les)

«echt» war ein Herzensprojekt

Da kein Bewerber den drei Prämissen von Ivo Bachmann gerecht wurde, musste das Saisonmagazin «echt» das Zeitliche segnen. Und das, obwohl sich das Magazin wirtschaftlich recht erfreulich entwickelt hatte, erzählt der Verleger: «Bis zuletzt konnten wir neue Partner und Anzeigenkunden gewinnen.»

«‹echt› war bis zuletzt zwar keine Ertragsperle, machte uns insgesamt aber viel Freude.»

Ivo Bachmann

Auch die Auflage von 5'000 Stück konnte über die Jahre gehalten werden. Insgesamt sei das Magazin nur leicht defizitär gewesen. «echt war bis zuletzt zwar keine Ertragsperle, machte uns insgesamt aber viel Freude», schreibt der Verleger. Das Ende von «echt» sei gut abgefedert und unmittelbare Kündigungen seien keine nötig.

Da ein Kleinverlag keine «teuren, flächendeckenden Kampagnen» lancieren könne, habe es Schwierigkeiten gegeben, auf «echt» aufmerksam zu machen. Doch wer das Magazin entdeckte, fand es meistens toll – davon ist Bachmann überzeugt.

Die Zukunft des Regionaljournalismus

Auch wenn mit «echt» ein weiteres Magazin aus einem Kleinverlag eingeht, glaubt Ivo Bachmann an den gut gemachten Regionaljournalismus: «Was in nächster Nähe passiert, interessiert speziell. Und die Bedrohung durch internationale Internetgiganten ist hier noch nicht so brutal wie im übrigen Medienmarkt. Daraus ergeben sich kleine, aber interessante Nischen.»

Wichtig sei die Nähe zur Leserschaft und eine klare Fokussierung auf die Region. Und auch der Staat müsse seiner Verantwortung für Medienvielfalt endlich gerecht werden. «Es braucht gezielte und wirksame Medienförderung, solange regionale Medien und Medienmacher noch da sind», schreibt Bachmann.

«Dem bereits länger anhaltenden Medienwandel zum Trotz existiert im Kanton Luzern nach wie vor ein breit gefächertes Angebot an politischer Berichterstattung.»

Regierungsrat Luzern

Die Luzerner Regierung sieht keine Not

Bisher scheint sich der Kanton Luzern dieser Aufgabe noch nicht gestellt zu haben. Erst im Dezember schrieb der Regierungsrat auf einen Vorstoss zum Thema: «Dem bereits länger anhaltenden Medienwandel zum Trotz existiert im Kanton Luzern aber nach wie vor ein breit gefächertes Angebot an politischer Berichterstattung.» Eine zusätzliche Finanzierung des Luzerner Medienausbildungszentrum MAZ lehne die Regierung daher ab (zentralplus berichtete).

Im Februar letzten Jahres lehnte die Schweizer Stimmbevölkerung zudem das Medienpaket deutlich ab. 150 Millionen Franken als Unterstützung für Zeitungen, Zeitschriften und Onlinemedien werden nicht fliessen (zentralplus berichtete).

Das Ende von «echt» wird an der Haltung der Luzerner Regierung nichts ändern. So wird der Trend zu Zeitungssterben, Zentralisierung und Fusionen mit Grossverlagen in der Zentralschweiz weiter anhalten. Wer etwas daran ändern möchte, ist eingeladen, den unabhängigen Lokaljournalismus tatkräftig zu unterstützen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Ivo Bachmann
  • Website von «bachmann medien»
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