MAZ-Direktorin ist neue Präsidentin des «Schweizer Presserats»

Martina Fehr: «Ein sauberes Handwerk ist das Wesentliche im Journalismus»

«Ich freue mich auf mein neues Präsidium»: Martina Fehr in ihrem Büro am MAZ in Luzern. (Bild: Caroline Mohnke)

Martina Fehr führt die Luzerner Journalistenschule MAZ und ist seit Kurzem Präsidentin des «Schweizer Presserats». Die 47-jährige Bündnerin sagt im Gespräch, warum sie jeden Montagmorgen von Chur nach Luzern fährt, wie das MAZ die Pandemie bewältigte und was ihre grösste Lebensschule war.

zentralplus: Martina Fehr, ab dem 1. Juni halten Sie als Präsidentin der Stiftung «Schweizer Presserat» die Fäden in der Hand. Was erwartet Sie?

Martina Fehr: Es wird eine virtuelle Übergabesitzung geben mit dem abtretenden Markus Spillmann sowie Susan Boos, der Präsidentin des operativen Presserats, und Ursina Wey, Geschäftsführerin des Presserats. Die derzeitige Corona-Situation macht alles ein bisschen umständlicher. Nach dieser Übergabe werde ich mich tiefer in die Themen arbeiten können.

zentralplus: Sie sind Bündnerin, haben in Zürich und St. Gallen studiert und mehr als 20 Jahre in Chur für den Somedia Verlag gearbeitet. Was schätzen Sie an der Zentralschweiz?

Martina Fehr: Sehr, sehr viel. Luzern ist so zentral: So ist man ruckzuck in Bern oder in Zürich. Viel schneller als von Graubünden. Und natürlich die fantastischen Berge und der See. Ich freue mich auch sehr darauf, endlich mal richtig ins KKL gehen zu können. Und ich schätze die Freundlichkeit der Zentralschweizer.

«So ein Zoom-Apéro ist einfach nicht dasselbe.»

zentralplus: Sind die Bündner weniger freundlich?

Martina Fehr: (lacht) Doch, doch aber sie schauen schon eher mal, wer denn da kommt. Fremden gegenüber sind sie nicht so offen wie die Zentralschweizer.

zentralplus: Vor etwas mehr als einem Jahr wurden Sie Direktorin der Schweizer Journalistenschule MAZ in Luzern. Welches waren Ihre schönsten Erfahrungen während dieses turbulenten Jahres?

Martina Fehr: Es hat mich beeindruckt, wie alle das Beste aus der Situation gemacht haben. Dieses Jahr hat uns alle zusammengeschweisst. Die Hürden der Technik wurden pragmatisch gemeistert. Die Angst vor dem Unbekannten ging bei allen verloren. Wir machen alle sechs Wochen einen Erfahrungsaustausch mit den Dozierenden über Zoom und das ist sehr inspirierend. Bei uns am MAZ arbeiten über 400 Dozierende. Kurz zusammengefasst: Wir haben aus der Not geborene Sachen in kürzester Zeit geleistet.

zentralplus: Und die grössten Herausforderungen?

Martina Fehr: Oh, da gab es einige. Etwas vom Schwierigsten war, dass teambildende Anlässe wie Weihnachtsessen, Abschiedsapéros, Pensionierungsanlässe nicht real stattfinden konnten. So ein Zoom-Apéro ist einfach nicht dasselbe. Aber da ging es ja allen gleich – nicht nur bei uns am MAZ. Oder die sehr unterschiedlichen Ängste der Dozenten und Studierenden. Die vielen Bundesratssitzungen: Es galt immer von Neuem die Schutzkonzepte anzupassen. Von einem Tag auf den andern mussten wir die Cafeteria schliessen, einmal galt zwei Meter Abstand, dann wieder anderthalb …

«Die Glaubwürdigkeit macht unter anderem den Wert des Journalismus aus.»

Ich erinnere mich, als ein Dozent umgehend in Quarantäne musste, da er eine Meldung bekam, dass seine Frau positiv auf Corona getestet wurde. Es gab Studierende, die fühlten sich sofort krank. In so einer Situation gilt es zu jonglieren, was zu tun ist. Zum Glück wurde unser Dozent negativ getestet.

zentralplus: Berufsethik und Journalistenkodex sind zwei Stichworte im Zusammenhang mit dem «Schweizer Presserat». Wie wichtig sind sie?

Martina Fehr: Angehenden Studenten empfehle ich immer das Buch «So arbeiten Journalisten fair». Ein sauberes Handwerk ist das A und O in diesem Metier. Die Glaubwürdigkeit macht unter anderem den Wert des Journalismus aus. Der Presserat besteht aus 21 Mitgliedern, sechs davon vertreten das Publikum und üben keinen Medienberuf aus. Ein heikles Thema sind leider immer wieder Persönlichkeitsverletzungen, da gilt es klare Regeln zu befolgen.

zentralplus: Welches werden Ihre Kernaufgaben sein in der neuen Tätigkeit als Präsidentin?

Martina Fehr: In dieser Position bin ich für die strategische Führung der Stiftung verantwortlich, werde die Stiftungsratssitzungen leiten, für die Anliegen des Presserats in der Medienpolitik aktiv sein und natürlich rückenstärkend wirken.

«Damals, vor 23 Jahren, durften wir pro Tag eine Stunde ins Internet. Das war noch richtig teuer.»

zentralplus: Sie starteten Ihre journalistische Karriere beim Radio. Ein Blick zurück?

Martina Fehr: Die Arbeit beim Radio war meine beste Lebensschule: Ich lernte Schnelligkeit, Improvisieren und Anpassungsfähigkeit. Stellen Sie sich vor: Damals, vor 23 Jahren, durften wir pro Tag eine Stunde ins Internet. Das war noch richtig teuer. Es gab noch keine Handys, ein grosser Fortschritt war dann die Minidisc, wer eine hatte, konnte sich «von» schreiben (lacht). Ich lernte, dass die Technik nie stehen bleibt und man ständig Neues lernen muss. Und dass man schnell umdisponieren muss, wenn die Aktualität des Tages alle gemachten Pläne über den Haufen wirft. Das hat mir später in anderen Positionen oft geholfen. Diese ganze Vielfältigkeit vom Radio konnte ich mitnehmen für das ganze Leben und dafür bin ich sehr dankbar.

zentralplus: Stehen Sie heute immer noch so früh auf wie damals beim Radio?

Martina Fehr: Nicht mehr ganz so früh, aber wenn ich am Montagmorgen von Chur nach Luzern fahre, stehe ich auch relativ früh auf. Ich bin Wochenaufenthalterin in Luzern und wohne in Stadtnähe.

zentralplus: Das ist eine ziemliche Strecke, ist das nicht anstrengend für Sie?

Martina Fehr: Nein, Autofahren ist für mich Entspannung. Am Freitagabend kann ich abschalten, wenn ich nach Chur fahre und am Montagmorgen bereite ich mich mental vor während der Fahrt in die schöne Zentralschweiz (lacht).

zentralplus: Sie sind stark engagiert. Was tun Sie für Ihre Work-Life-Balance?

Martina Fehr: Die Arbeit ist gewissermassen schon mein Ausgleich. Wenn ich wirklich mal vollkommen abschalten will, tobe ich mich im Garten aus. Die Natur erdet mich. Ich probiere im Garten gerne Neues aus, schaue wie es wächst, oder jäte intensiv. Als gebürtige Churwalderin fahre ich im Winter gerne Ski. Und natürlich lese ich sehr viel und gerne. Aber irgendwann muss man den Lesestoff auch mal weglegen können (lacht).

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 17.05.2021, 08:23 Uhr

    Seit es dieses MAZ gibt, geht es mit der Qualität des Journalismus steil bergab. Richtig, es existiert schon eine ganze Weile; der Niedergang datiert ja auch nicht von gestern. Die Verlegerschaft, die diese „Ausbildungsstätte“ unterhält, kann ja gar kein Interesse an selbständigen Köpfen, Quereinsteigern, Widersprechern, an Fachexpertise, Denk- und Sprachvermögen haben. Es geht darum, den Leser „dort abzuholen, wo er sich befindet“ (also wo ihn das Medium hinbefördert hat), Vorurteile nicht zu hinterfragen, Klicks zu generieren. Ausnahmen bestätigen die Regel.
    Jetzt wird die oberste Richtungsweiserin des journalistischen Eintopfs und der gesinnungsmässigen Einfalt also gleichzeitig auch noch die oberste Hüterin der unhehren Grundsätze, die sie den Jungschreiberinnen beizubringen hat. Die Judikative wird gewissermassen von der Legislative mitbesorgt. Die Zeiten nähern sich dem Ende.

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