Emily Meier will feminine Männermode normalisieren

Luzernerin designt das «kleine Schwarze» für den Mann

Rote Lederhosen und Pumps passen auch Männern. (Bild: Ivo Meier)

Spitzenbluse und rote Lederhose für den Mann: Emily Meier aus Horw hat im Rahmen ihrer Maturaarbeit fünf feminine Kleidungsstücke designt und genäht. Das sorgte auch für Gegenwind.

Er trägt rot geschminkte Lippen und Glitzer auf den Augenlidern. Grazil posiert er auf dem Holztisch, der mitten im Luzerner Modeatelier LU Couture steht. Das männliche Model trägt rote Lederhosen zu roten Pumps und rot lackierten Fingernägeln. Seine Brustwarzen sind durch das transparente, schwarze Netzoberteil zu sehen.

Vom Schnittmuster zur fertigen Lederhose: Emily Meier brauchte dafür rund 50 Stunden. (Bild: Ivo Meier)

Die Person, welche die Kleider designt hat, ist Emily Meier. Sie will mit den Kleidern und den Bildern den Verstoss gegen gesellschaftliche Normen thematisieren. Die Luzernerin hat im Rahmen ihrer Maturaarbeit fünf feminine Kleidungsstücke für den Mann designt und genäht. Ihre Arbeit erhielt bei «Schweizer Jugend forscht», die im Rahmen eines nationalen Wettbewerbs jeweils die besten Jungforschenden des Landes küren, das Prädikat «sehr gut».

Entstanden sind zwei Bildbände, deren Fotografien ihr Vater Ivo Meier gemacht hat. Beim ersten Buch wunderten sich die Betrachter vor allem über die Kleidung. Dass ein Mann das «kleine Schwarze» trägt. Oder eben eine rote Lederhose. Das war schon ungewöhnlich.

«Ich will letztlich vor allem eines: Die Schönheit von Nonkonformität aufzeigen.»

Mit dem zweiten Bildband wollte Emily Meier sämtliche Normen hinter sich lassen. Und unbequeme Fragen stellen: Warum darf ein Mann oben ohne herumlaufen, eine Frau jedoch nicht? «Letztlich will ich damit aber vor allem eines: Die Schönheit von Nonkonformität aufzeigen», erzählt Emily Meier am Telefon.

Ein Mann in Rüschenkleid auf der «Vogue»? Skandal!

Derzeit weilt sie in Paris, wo sie eine zweimonatige Modeschule besucht. Wie kam’s, dass eine Frau auf feminine Männermode setzt? Ausgelöst hat dies eine Bildstrecke in der Modezeitschrift «Vogue» Ende 2020 – und der «Bring back manly men»-Skandal (auf Deutsch: «Bringt die männlichen Männer zurück»).

Dahinter stand Harry Styles. Er war der erste Mann, der es aufs Cover der «Vogue» geschafft hat. Das gab in den sozialen Medien damals ordentlich zu reden. Nicht unbedingt, wer abgebildet wurde – sondern wie. Oder in was. Denn der britische Sänger trug ein graublaues Rüschenkleid von Gucci.

In der ganzen Bildstrecke der «Vogue» trug Harry Styles feminine Kleidungsstücke wie Rock und Bluse. Nicht alle waren davon begeistert – manche sogar regelrecht empört.

Emily Meier gefielen die Bilder. Und sie fragte sich: «Warum ist es nicht okay, wenn ein Mann ein Kleid trägt?» Und wie viel braucht es, damit etwas feminin wirkt? Emily spielte bereits länger mit dem Gedanken, im Rahmen ihrer Maturaarbeit etwas zu nähen. So war in jener Nacht, in der sie über den Skandal nachdachte, die Idee für ihre Arbeit geboren. Sie wollte sich mit femininer Männermode auseinandersetzen.

Nähen ist ihre Leidenschaft: Emily Meier. (Bild: Ivo Meier)

Heftige Reaktionen

Das sorgte teilweise für heftige Diskussionen. «Egal, mit wem ich über meine Arbeit gesprochen habe: Reaktionen gab es immer», erzählt Emily Meier. Damit hat die 18-Jährige auch gerechnet. Viele fanden es positiv, andere reagierten mit Abneigung. Es sei komisch, unnatürlich oder gar «peinlich», wenn ein Mann ein Kleid trage, hiess es. Eine Mutter meinte zu ihr, dass es kein Problem sei, wenn ihre Tochter Hosen trage – aber ihr Sohn mit einem Rock? Das fände sie gar nicht in Ordnung.

Davon unterkriegen liess sich Emily Meier nicht. Auch wenn es nicht immer einfach für sie war. «Am Anfang war es für mich hart, die Kritik wegzustecken. Mit der Zeit realisierte ich aber: Dass das Thema derart polarisiert, macht meine Arbeit gerade so spannend.»

Den maskulinen Anzug feminin stylen

Emily war es wichtig, nicht zu krasse Kleidungsstücke zu nähen. Obwohl sie die Drag-Szene mag, wollte sie sich nicht zu sehr daran orientieren. Stattdessen fokussierte sie sich auf die klassische Femininität. Daraus entstanden Klassiker wie das «kleine Schwarze» sowie ein weisses, langes Kleid, das an ein Hochzeitskleid erinnern sollte.

Sie spielte mit der Textur verschiedener Stoffe, nutzte Spitze, aber auch härtere Materialien wie etwa Leder. Daraus entstand die rote Lederhose, in die Meier vom Schnittmuster bis zum Nähen rund 50 Stunden investierte. Aus feinem Spitzenstoff designte sie noch eine Pussycat-Bow-Spitzenbluse mit Schleife.

«Zudem entschied ich mich, das wohl maskulinste Kleidungsstück, den Anzug, feminin zu stylen», erzählt Emily Meier weiter. So kombinierte sie einen fertigen Anzug mit Armbändern aus bunten Straussenfedern, die unter den Ärmeln des Anzugs hervorlugen.

Es braucht Zeit

Obwohl sich Emily Meier viel harsche Kritik anhören musste, hat sie den Konsens gefunden, wie sie im zweiten Bildband schreibt. Es sei der Faktor Zeit. «Es dauerte lange, bis sich die Gesellschaft an Frauen in Hosen gewöhnte, und dasselbe wird wohl auch bei Männern in Kleidern der Fall sein.»

Das beste Beispiel sei ihr Vater, der die Bilder gemacht hat. «Am Anfang waren für ihn Männer in femininen Kleidern undenkbar», erzählt Emily. Für ihn sei es ein wenig befremdend und auch unangenehm gewesen. Das änderte sich, je öfter er die männlichen Models in den «Frauenkleidern» sah, fotografierte und die Bilder bearbeitete. «Schliesslich sagte er zu mir: Ich finde Männer in femininen Kleidern gar nicht mehr komisch oder ungewöhnlich. Inzwischen sehe ich die Ästhetik dahinter.»

Emily Meier hofft, dass sich auch die Gesellschaft daran gewöhnen wird, so wie es ihr Vater getan habe. Doch dazu braucht es Sichtbarkeit. Und Arbeiten wie die von Emily Meier, die Männer in Kleidern, Rüschen und roter Lederhose zeigen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Emily Meier
  • Maturaarbeit von Emily Meier
  • Erster Bildband und zweiter Bildband von Emily Meier
  • Medienmitteilung von «Schweizer Jugend forscht»
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18 Kommentare
  • Profilfoto von Thomas Norbert Steinsberger
    Thomas Norbert Steinsberger, 19.12.2023, 07:26 Uhr

    Ein sehr gutes Projekt. Kleider haben kein Geschlecht und ich trage seit über 20 Jahren fast nur Kleider. Ich bin 57 Jahre jung und ein Mann, der Kleider in der Arbeit, in der Freizeit und zu jedem Anlass trägt. Sie sind sehr komfortabel und Praktisch. Es freut mich sehr, dass Emily Mayer das durchgezogen hat und wünsche Ihr viel Erfolg mit weiteren Kleidern für den Mann. Mit besten Grüßen.

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  • Profilfoto von Sergio
    Sergio, 27.05.2023, 10:52 Uhr

    Ich finde es toll. Als androgynes Mann wuensche ich mir eine gleichstellung der kleidernorm sehr

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  • Profilfoto von Nadja
    Nadja, 25.05.2023, 08:11 Uhr

    Toll Emily, viel Erfolg!
    Mich berührt in der Geschichte der Wandel des Vaters.

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  • Profilfoto von S. Gallati
    S. Gallati, 23.05.2023, 14:17 Uhr

    Immer die gleichen Leute die das gleiche schreiben…Wieso habt ihr alle Angst mit eurem Namen hin zu stehen? Und dann kommt mir zu euch noch Bob Dylan, tschuldigung Hr. Zimmermann in den Sinn; because something is happening here but you don‘t know what it is, do you ,Mr.Jones? …..das kommt schon gut mit den jungen Menschen, schlimmer als wir es waren sind sie nicht.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 23.05.2023, 20:48 Uhr

      Deine Schlussworte, S., sind tröstlich, milde, abgeklärt und wahrscheinlich sogar wahr. Bloss, wenn alle sie beherzigen würden, könnten wir uns gleich an der Friedenthal-Kaffeebar zum multikulturellen Eierlikör-Plausch treffen. Soweit kommt es sowieso, aber in der Zwischenzeit halte ich es ob all der Damenbärte, Sprachpolizisten, Opportunisten und Minderheitenpamperer lieber mit Frank Zappa: „There is more stupidity than hydrogen in the universe, and it has a longer shelf life.“

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  • Profilfoto von LD
    LD, 23.05.2023, 10:43 Uhr

    Die Redaktion unterstützt auffällig schon lange und unbeirrt die künstliche und sensationsgierende, aber letzlich gesellschaftszerstörende LGBTQ bis YZ Ideologie. Woran das liegt?
    Es mögen persönliche Neigungen der Hintergrund sein und die Chance diese medial nutzen zu können, aber auch der Glaube an eine Weltsicht, wie sie die Globalisten mit viel Einsatz und Geld befördern, um in die natürlich organisierte Gesellschaft einzudringen mit dem Ziel des Transhumanismus. Diese Bewegung ist eine Art Religion, die wie jede andere rein privat zu sein hat und sich nicht in einen laizistischen Staat einmischen darf.

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    • Profilfoto von Hans Geld der Butler von Judith
      Hans Geld der Butler von Judith, 23.05.2023, 11:09 Uhr

      Ich nehme die Bewegung ebenfalls als religiös, dogmatisch und totalitär war.
      Aber die Relation hinsichtlich Laizismus und Privatheit, habe ich bisher nicht in der Deutlichkeit betrachtet. Dabei ist gerade diese – auch hinsichtlich der Verfassung – essenziell. Herzlichen Dank für Ihren aufklärerischen Beitrag und dem Aufzeigen neuer Horizonte und Interdependenzen!

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    • Profilfoto von Bob the builder
      Bob the builder, 23.05.2023, 11:34 Uhr

      Haha, die Schwurbler und Hasser meinen, dass jede Berichterstattung gleich Unterstützung ist.

      Da sollte man doch direkt die Medien abschaffen, ist effizienter.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 23.05.2023, 12:24 Uhr

      Come on, Herr D.! Es geht auch einige Hysterie-Stufen tiefer. Auch Journalistinnen gehören irgendeiner Generation an und benützen die „Medien“, in denen der Quark gehypt wird. Dadurch meinen sie einerseits, es handle sich um eine Realität, und möchten andrerseits ihr Produkt für die Jungen und Hippen jung und hipp halten. Sie selber schreiben ja das auch. Das reicht; bleiben Sie dabei. Die Kulturrevolution der poststrukturalistischen Plaudertaschen und Biologieleugner wird nicht stattfinden. Aus dem Einhorn-Schlachthaus erreichen uns Signale, die einen der Hauptgründe für dieses Scheitern benennen.

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 23.05.2023, 10:24 Uhr

    Was jetzt?

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  • Profilfoto von Gruesse vom Einhorn Schlachthaus
    Gruesse vom Einhorn Schlachthaus, 23.05.2023, 10:22 Uhr

    Ich sehe ein übergrosses Marktpotenzial.
    Gerade blutjunge und wackere Männer aus Zentralasien stehen total auf solchen Stuff.
    Bei sich und v.a. auch bei anderen. Stichwort: Tanzjungen. Europa entpuppt sich wahrlich als das verheissene Paradies.

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    • Profilfoto von LD
      LD, 23.05.2023, 12:15 Uhr

      Sollen diese Zentralasiaten in unsere Gesellschaft eingreifen? Das Schlachthaus in Ihrem Namen erzeugt gewisse Assoziationen.

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      • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
        Marie-Françoise Arouet, 23.05.2023, 13:30 Uhr

        Herr Dietschi, kriegen Sie sich ein! Es gibt diverse Textsorten. Nicht alle sind ganz leicht zu lesen.

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  • Profilfoto von silvio merz
    silvio merz, 23.05.2023, 07:53 Uhr

    Das war überfällig

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 22.05.2023, 16:11 Uhr

    Die angeblich so wichtigen, jedenfalls aber wichtigtuerischen und selbstverliebten Individuen mit der zur Schau getragenen Verstörung bezüglich der eigenen „Genderidentität“ machen ja trotz grossem Lärm bloss einen verschwindend kleinen Bruchteil der Gesamtbevölkerung aus. Also besteht kein Markt für spezielle Produkte, die auf einer schon wieder abebbenden Welle surfen, welche ohnehin nur in einer ganz kleinen Glaskugel dümpelt. Es gäbe aber in der Region durchaus einige interessante Modemacherinnen, die vorzustellen lohnend und fair wäre.

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    • Profilfoto von Markus Rotzbeutel
      Markus Rotzbeutel, 22.05.2023, 18:23 Uhr

      Dieser Hass ist aber echt langweilig.

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      • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
        Marie-Françoise Arouet, 22.05.2023, 19:02 Uhr

        Hass! 🤣🤣🤣🤣🤣🤣

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      • Profilfoto von Joseph de Mol
        Joseph de Mol, 23.05.2023, 11:24 Uhr

        Der berühmte Einbahn-Hass wurde wieder abgeleint.
        Mit diesem intellektuellen Niveau könnte man Tunnelbau betreiben.
        Aber nur schon beim Tunnelbau kommt ein Inhalt zu Tage. Merken Sie was? Diese Denunziations-Rhetorik ist derart abgelutscht, das es schmerzt. Wird die Welt so wirklich eine bessere, gerechtere?

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