Jolanda Spiess-Hegglin wehrt sich gegen Veröffentlichung

Luzerner Medienanwalt stellt superprovisorisches Buchverbot infrage

Über die Vorkommnisse an der Landammannfeier wurde viel geschrieben - mehrfach wurden die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten verletzt. (Bild: Collage zentral+) (Bild: Archiv)

Die Journalistin Michèle Binswanger arbeitet an einem Buch über die Geschehnisse an der Zuger Landammannfeier 2014. Dass die Veröffentlichung vom Zuger Kantonsgericht vorerst verboten wurde, findet Medienanwalt Rudolf Mayr von Baldegg heikel.

Mit superprovisorischen Verfügungen kennt sich Rudolf Mayr von Baldegg aus. Als Medienanwalt wird er öfter hinzugezogen, wenn solche bei Journalistinnen eintreffen, weil die Veröffentlichung eines Artikels verhindert werden soll.

Einzelrichter würden oft dazu neigen, «sicherheitshalber den Hammer zunächst sausen zu lassen, nach dem Motto: Man kann ja später in Ruhe prüfen, ob die nur provisorisch geltenden Massnahmen berechtigt waren», schreibt er in der Fachzeitschrift «Medialex».

Er bemängelt, dass zu selten eine Stellungnahme von den Journalisten eingeholt werde. Obwohl auf eine solche nur verzichtet werden dürfte, wenn dies unmöglich ist. «Nicht aber, wenn es bloss schwierig, mühsam oder gar nur lästig ist, die Gegenpartei vor der Verfügung anzuhören», wie Mayr von Baldegg schreibt.

Die Persönlichkeitsrechte wurden mehrfach verletzt

Der Medienanwalt nimmt in seinem Beitrag Bezug auf den Rechtsstreit zwischen Jolanda Spiess-Hegglin und der «Tages-Anzeiger»-Journalistin Michèle Binswanger. Letztere plant ein Buch über die Vorfälle an der Zuger Landammannfeier 2014, die schweizweit Schlagzeilen machten.

Medien schrieben in diesem Zusammenhang von einem «Sexskandal» und unterstellten der ehemaligen Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin, sie hätte ihrem damaligen Ratskollegen eine Vergewaltigung vorgeworfen. Mehrere Journalisten wurden in diesem Zusammenhang wegen Verletzung von Spiess-Hegglins Persönlichkeitsrechten verurteilt (zentralplus berichtete).

Nun also plant Michéle Binswanger ein Buch zu diesem Thema. Jolanda Spiess-Hegglin befürchtet, dass darin ihre Persönlichkeitsrechte erneut verletzt werden könnten. Sie hat deshalb eine superprovisorische Verfügung erwirkt, welche die Veröffentlichung vorerst verbietet (zentralplus berichtete). 

Eine Anhörung der Gegenseite wäre möglich gewesen

Zum Fall selber äussert sich Mayr von Baldegg nicht. Ihm geht es generell um die Frage, unter welchen Bedingungen die Veröffentlichung von Publikationen verboten werden darf. Das Kriterium der besonderen Dringlichkeit und insbesondere der Vereitelungsgefahr ist aus seiner Sicht bei einem Buchprojekt fraglich – weil zwischen der Veröffentlichung und der Recherche oftmals mehrere Monate vergehen, sodass eine superprovisorische Anordnung «vorliegend kaum gerechtfertigt gewesen sein dürfte», so die Einschätzung des Medienanwalts.

Eine These macht noch kein Buch

«Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor Erlass einer Verfügung scheint angesichts der Informationen zu den offensichtlich längeren Kontakten zwischen den Parteien im Vorfeld der Verfügung unzulässig», schreibt Mayr von Baldegg. Es sei kaum vorstellbar, dass eine Publikation vor der Stellungnahme der Betroffenen erfolgt wäre. «Angesichts der modernen Kommunikationsmittel ist es kaum je unmöglich, den Betroffenen anzuhören, bevor superprovisorisch verfügt wird», findet er.

Im Zusammenhang mit der Recherche müssten Thesen aufgestellt werden, die es anhand der Recherche-Ergebnisse zu verifizieren oder aber zu verwerfen gilt. «Daraus abzuleiten, dass diese Thesen in der geplanten Publikation als unbestrittene Fakten dargestellt werden, geht fehl», meint der Medienanwalt.

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