Ungeschützter Sex trotz Krankheit

Luzerner infiziert seine Partnerin mit HIV

Hat nicht darauf bestanden: Obwohl der Täter von seiner HIV-Infektion wusste, hat er auf Kondome verzichtet. (Bild: Symbolbild Fotolia)

Monatelang hat ein Mann seiner Freundin die Krankheit verschwiegen – aber beim Geschlechtsverkehr trotzdem kein Kondom benutzt. Das hat Folgen. Für sein egoistisches Handeln muss er nun vor Gericht gerade stehen.

Angefangen hat alles im Juni 2008. Wie dem Urteil des Kriminalgerichts Luzern zu entnehmen ist, kam Gabriela S.* zusammen mit ihrem Sohn in die Schweiz, um ihre hier lebende Familie zu besuchen. Kurz darauf lernte die junge Frau den seit mehreren Jahren HIV-positiven Josef K.* kennen. Die beiden verabredeten sich und gingen ein paar Mal miteinander aus. In der Folge kam es zum – vorerst geschützten – Geschlechtsverkehr.

Bei Rückreise vor Tatsachen gestellt

Mitte August zog Gabriela S. mit ihrem kleinen Sohn bei Josef K. ein. Ab jenem Zeitpunkt fand der damals 30-jährige Luzerner gegenüber seiner Freundin, ein Kondom sei nicht mehr nötig. Man lebe ja jetzt zusammen und er sei gesund. Regelmässig hatten die beiden ungeschützten Sex – ohne dass Gabriela S. je über die HIV-Ansteckung ihres Partners erfuhr. Am 29. Dezember 2008, am Tag ihrer Rückreise nach Südamerika, eröffnete Josef K. seiner Freundin, dass er HIV-positiv sei. 

Seither ist im Leben von Gabriela S. nichts mehr, wie es war. Durch den ungeschützten Geschlechtsverkehr ist sie mit der unheilbaren Krankheit angesteckt worden. Gemäss dem Untersuchungsbericht des Instituts für medizinische Virologie der Universität Zürich sei die Ansteckung von Gabriela S. mit dem HI-Virus nachweislich auf den ungeschützten Geschlechtsverkehr mit dem Beschuldigten zurückzuführen.

Opfer bleibt lebenslang beeinträchtigt

Dies hat schwerwiegende Konsequenzen für die inzwischen zweifache Mutter. Die Nebenwirkungen der mittlerweile verabreichten hochaktiven medikamentösen Therapie seien einschneidend, befand auch das Gericht. Das Opfer leidet heute regelmässig unter starken Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Brechreiz und Müdigkeit.

Wer muss wen wovor schützen?

Der Schutz vor einer möglichen HIV-Übertragung durch die HIV-positiven Person liegt in der gemeinsamen und geteilten Verantwortung beider Partner. Sie entscheiden gemeinsam, ob sie sich mit Safer Sex oder mit der wirksamen Therapie vor HIV schützen wollen. Dessen ungeachtet gilt in der Schweiz bisher aber immer noch, dass HIV-positive Personen, die ungeschützten Geschlechtsverkehr haben, strafrechtlich verfolgt werden können.

HIV-Therapie schützt unter Umständen vor HIV-Übertragung

Wird die HIV-Therapie richtig eingenommen und werden die Resultate regelmässig vom behandelnden Arzt überprüft, ist das Risiko einer HIV-Infektion auf den Partner auch beim ungeschützten Geschlechtsverkehr unwahrscheinlich. Der ungeschützte Geschlechtsverkehr soll aber unter diesen Umständen immer nur in Absprache mit dem Sexualpartner vorgenommen werden. Schliesslich trägt er das Risiko mit, auch wenn es gering ist.

Zudem würde Gabriela S. wegen ihrer HIV-Erkrankung «sozial empfindlich stigmatisiert». Die gesellschaftliche Stellung sei herabgesetzt und es könne auch beruflich Einschränkungen geben. Neben der physischen, psychischen und sozialen Beeinträchtigung sei das Opfer auch im Sexualleben stark eingeschränkt. Dazu komme eine erschwerte Familienplanung. Das Ansteckungsrisiko bestehe nicht nur für Sexualpartner, sondern auch für ein ungeborenes Kind.

Sämtliche Beeinträchtigungen würden nach dem heutigen Stand der Medizin ein Leben lang bestehen bleiben, so die Richter. Obwohl die Krankheit heute nicht mehr zwingend als Todesurteil betrachtet werden müsse, sei das Ausmass der körperlichen Schädigung gross. Durch das HI-Virus sei die Lebensqualität des Opfers «erheblich und dauerhaft» beeinträchtigt.

Damit habe sich Josef K. der schweren Körperverletzung und des Verbreitens menschlicher Krankheiten schuldig gemacht, befand nun das Kriminalgericht.

«Rein egoistisches Motiv» 

Dass er sich von Anfang an geständig zeigte und in geordneten Verhältnissen lebt, half dem Beschuldigten wenig. Sein Verschulden wiegt nach Ansicht des Richters schwer. Seit März 2001 wusste Josef K. von seiner HIV-Infektion. «Der Beschuldigte, der mit den körperlichen, seelischen, sozialen und sexuellen Einschränkungen einer HIV-Erkrankung aus eigener Erfahrung vertraut ist, hat mit seinem Verhalten unverständlicherweise in Kauf genommen, dass weitere Menschen dasselbe erleiden müssen wie er», so das Urteil.

Als Grund gab Josef K. an, er habe es ihr, aus Angst verlassen zu werden, nicht früher gesagt. Das sei ein rein egoistisches Motiv, meinte das Gericht und verurteilte den 39-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Davon verbringt er sechs Monate unbedingt im Gefängnis. Für die restlichen 18 Monate wird dem Beschuldigten der bedingte Vollzug gewährt – bei einer Probezeit von drei Jahren.

Zudem muss Josef K. seiner Ex-Freundin 20’000 Franken zuzüglich fünf Prozent Zinsen seit dem 29. Dezember 2008 als Genugtuung bezahlen. Überdies muss er auch noch die Verfahrenskosten von total 9’863.20 Franken berappen.

Gegen das Urteil wurde Berufung angemeldet.

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