Anti-Hochhaus-Initiative für ungültig erklärt

Luzerner Hochhausgegner schiffen auch vor Bundesgericht ab

Noch nicht gebaut und schon integriert: Die zwei Wohnkomplexe am Bundesplatz Luzern werden 32 und 35 Meter hoch (Visualisierung).

(Bild: nightnurse images)

Sie wollten die Stadt vor Hochhäusern schützen – doch das Mittel dazu taugt nichts: Das Bundesgericht hat den Entscheid des Stadtrates gestützt, der eine Anti-Hochhaus-Volksinitiative für ungültig erklärt hat. Damit dürfen die drei Hochhäuser im Zentrum realisiert werden. Einsprachen sind trotzdem vorprogrammiert.

Über 1000 Personen haben umsonst unterschrieben. Die Anti-Hochhaus-Initiative «Für ein intaktes Stadtbild» kommt definitiv nicht vors Volk. Das hat das Bundesgericht soeben bestätigt, wie die Stadt Luzern diesen Mittwoch mitteilt. Das oberste Gericht gibt damit dem Stadtrat und Stadtparlament Recht. Diese haben die Initiative ebenfalls für ungültig erklärt, nicht zuletzt aufgrund eines Expertengutachtens.

Initiative kam viel zu früh

Das Stadtparlament hatte die Initiative für ungültig erklärt, weil sie der im Bundesgesetz festgeschriebenen Planbeständigkeit widerspricht. So müssten die Hochhausstandorte Bundesplatz, Pilatusplatz und Steghof bereits wieder aufgegeben werden, nachdem sie am 9. Juni 2013 von den Luzerner Stimmberechtigten im Rahmen der Abstimmung zur neuen BZO des Stadtteils Luzern gutgeheissen wurden. «Mit der Initiative wird der Volkswille innert kurzer Zeit wieder grundsätzlich infrage gestellt, ohne dass triftige Gründe vorliegen», teilt die Stadt mit. Abgelehnt wurde bei der Abstimmung 2013 jedoch ein vierter Hochhausstandort beim Hotel Seeburg.

Die Luzerner Baudirektorin Manuela Jost sagt: «Der Stadtrat ist über das Urteil des Bundesgerichts erfreut.»

Damit steht dem Bau der drei Hochhäuser am Bundesplatz und Pilatusplatz (je 35 Meter hoch) und Steghof (45 Meter) grundsätzlich nichts mehr im Weg. Die Initiative wollte sämtliche Hochhäuser im Stadtzentrum verbieten. Nur nur noch in den Gebieten Büttenen, Reussport und Reussmatt, zwischen Damm- und Sentimattstrasse sowie entlang der Bern- und der Eichwaldstrasse hätten sie möglich sein sollen. Dies zum Schutz des historischen Luzerner Stadtbildes, das derzeit noch fast ohne Hochhäuser auskommt.

So sieht eine nicht exakte Visualisierung, erstellt von den Hochhausgegnern, des Hochhauses am Steghof aus. Damals ging man von 55 Metern Höhe aus. Das aktuelle Projekt soll mit 45 Metern Höhe zehn Meter kürzer ausfallen.

So sieht eine nicht exakte Visualisierung, erstellt von den Hochhausgegnern, des Hochhauses am Steghof aus. Damals ging man von 55 Metern Höhe aus. Das aktuelle Projekt soll mit 45 Metern Höhe zehn Meter kürzer ausfallen.

(Bild: zVg)

Vereinspräsident ist Nachbar von Hochhausparzelle

Die Initiative «Für ein intaktes Stadtbild» wurde unter anderem von Alexandros Guekos lanciert, dem Präsidenten der Anti-Hochhaus-Gruppierung Verein Stadtbild. Guekos kämpft seit Beginn der BZO-Revision vehement gegen alle im Zentrum geplanten Hochhäuser. Wichtig zu wissen: Seiner Familie gehört unter anderem jene Liegenschaft am Bundesplatz, in der aktuell das Fanlokal Zone 5 einquartiert ist – und wo direkt nebenan das neue Bundesplatz-Hochhaus entstehen soll. Der Investor dieses Projekts hat die Planung trotz der hängigen Initiative vorangetrieben (zentralplus berichtete). Auf Anfrage von zentralplus war Guekos diesen Mittwoch nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Guekos und seine Mitstreiter monierten vor Bundesgericht auch, dass die aktuelle BZO nicht auch den Stadtteil Littau beinhalte. Es sei daher absehbar, dass es bald eine neue BZO-Revision samt Überarbeitung der Hochhausstandorte brauche – und die alte BZO darum wenig Bestandeskraft habe. Doch das Bundesgericht liess auch diese Argumente nicht gelten.

Dass eine Volksinitiative für ungültig erklärt wird, kommt sehr selten vor und ist demokratiepolitisch ein heikler Entscheid. Doch sowohl der Stadtrat als auch das Stadtparlament sahen keinen anderen Weg. Stellvertretend für alle anderen sagte Urs Zimmermann (SVP) anlässlich der Debatte im Mai 2015: «Es kann doch nicht sein, dass so kurz nach der BZO-Abstimmung alles wieder über den Haufen geworfen werden soll. Das Volksbegehren ist rechtswidrig, deshalb muss es für ungültig erklärt werden.»

Löst sich Anti-Hochhaus-Verein auf?

Nun kommt die Initiative also nicht vors Volk. Löst sich nun der Verein Stadtbild auf? Mitglied Daniel Stalder kann darauf noch keine klare Antwort geben: «Ich habe erst heute vom Entscheid des Bundesgerichts erfahren. Möglicherweise sind nun einige unserer Mitglieder demotiviert und treten aus. Ob wir den Verein deswegen schliessen, kann ich aber noch nicht sagen.» Möglich sei auch, dass man nun halt bei einzelnen Projekten helfe, Einsprachen zu formulieren.

Einsprachen wird’s trotzdem geben

Aufschiebende Wirkung auf die aktuellen drei Hochhausprojekte hatte die Initiative nicht. «Die Investoren und Bauherren könnten weiterarbeiten und müssten nicht auf einen abschliessenden Gerichtsentscheid warten», versicherte Baudirektorin Manuela Jost vor einem Jahr.

Das heisst jedoch nicht, dass nun alle drei Hochhäuser einfach realisiert werden können. Denn sämtliche Gestaltungspläne der drei Projekte können wie üblich mit Einsprachen bekämpft werden. Das Projekt am Pilatusplatz wurde auf Beschluss des Stadtparlaments und gegen den Willen des Stadtrates im September 2015 sistiert. Als frühster Baubeginn wurde 2021 genannt.

Pilatusplatz von oben: Auf dem Platz, wo früher die «Schmitte» stand (links, heute ein Park mit kleinen Bäumchen), soll ein Hochhaus hin.

Pilatusplatz von oben: Auf dem Platz, wo früher die «Schmitte» stand (links, heute ein Park mit kleinen Bäumchen), soll ein Hochhaus hin.

(Bild: Emanuell Ammon)

Grund für die Sistierung war: die Initiative «Für ein intaktes Stadtbild». Diese stelle ein zu hohes Risiko für Bauherren dar. Weil das Bundesgericht die Ungültigkeitserklärung nun aber bestätigt hat, sollte es am Pilatusplatz nun wieder vorwärtsgehen. Manuela Jost sagt: «Der Grosse Stadtrat kann die Sistierung jetzt wieder aufheben, damit die Planung weitergeführt werden kann. Es spricht nichts dagegen, dass es nun auch auf dem Pilatusplatz vorwärts geht.»

Auch am Steghof haben für nötig gewordene Zusatzabklärungen wegen des Tiefbahnhofs das Projekt verzögert. Dazu sagt Jost: «Der Hochhausstandort Steghof ist wegen der Linienführung für das Projekt Durchgangsbahnhof vom Regierungsrat noch nicht genehmigt. Die Realisierung diese Hochhauses wird noch längere Zeit beanspruchen.»

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