Alarmdienst für Tierhalter

Luzern warnt per SMS vor dem bösen Wolf

Wölfe beim Mittagessen. Schafe und Ziegen mögen sie besonders, weil sie einfach zu erbeuten sind. (Bild: Symbolbild PD)

Ein SMS und schon wissen Luzerner Schaf- und Ziegenhalter, dass ein Wolf in der Nähe ist. Mit diesem neuen Alarmdienst will der Kanton die oft hitzig geführte Debatte rund um das Wildtier versachlichen. In Luzern könnte sich der Wolf bis ins Napfgebiet oder zum Pilatus vorwagen.

In der Schweiz leben derzeit 15 bis 20 Wölfe. Die meisten sind Einzelgänger und legen oft weite Distanzen zurück. Somit können Wölfe unerwartet auftauchen. Um Schaf- und Ziegenhalter möglichst früh über eine Wolfspräsenz informieren zu können, wird im Kanton Luzern ein SMS-Dienst eingerichtet. Hält sich ein Wolf nachweislich (Riss, Sichtung durch Fachperson) im Kanton Luzern oder in einem angrenzenden Gebiet auf, erhalten Abonnenten eine Kurznachricht mit Gebietsangabe. «So können Schutzmassnahmen früher eingeleitet werden», schreibt Philipp Amrein, Leiter Fachbereich Jagd und Fischerei, diesen Dienstag in einer Mitteilung. Der SMS-Dienst wird von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa) betreut und richtet sich ausschliesslich an Schaf- und Ziegenhalter. 1410 Halter sind über das neue Angebot informiert worden. Ein solcher Warndienst wird bereits in den Kantonen Uri, Nidwalden und Obwalden angeboten. Der Start erfolgt noch im Juli 2015.

zentral+: Philipp Amrein, ein SMS-Dienst gegen Wölfe? Wann wurde bei uns im Kanton Luzern letztmals ein Wolf gesichtet?

Philipp Amrein

Philipp Amrein

Philipp Amrein: Mit dem SMS-Dienst wollen wir nicht gegen den Wolf aktiv werden, sondern für den Herdenschutz. Mit einer frühen Information über die Präsenz von Wölfen können die Schaf- und Ziegenhalter bereits zu einem frühen Zeitpunkt Massnahmen zum Schutz der Herden ergreifen. Derzeit gibt es keine Nachweise über die Existenz von Wölfen in unserer Region. Der letzte wurde vor zwei Jahren in Schangnau, im Grenzgebiet zwischen Bern und Luzern nachgewiesen.

zentral+: Lohnt sich da ein eigener SMS-Wolfswarndienst?

Amrein: Davon sind wir überzeugt. Mit einer frühen Information der Tierhalter können frühzeitig Herdenschutzmassnahmen ergriffen werden. Dies lohnt sich bestimmt, da ein funktionierender Herdenschutz den Wolf nachweislich daran hindern kann, grösseren Schaden anzurichten.

«Dies Massnahme lohnt sich bestimmt, da ein funktionierender Herdenschutz den Wolf nachweislich daran hindern kann, grösseren Schaden anzurichten.»

Zudem hatten wir ja 2009 ein Wolfsmännchen bei uns im Kanton. Dieses hat grossen Schaden angerichtet. Es musste deshalb zum Abschuss frei gegeben werden. Allerdings ist der Wolf dann von selber weiter gezogen. Ausserdem tritt der Wolf in unseren Nachbarkantonen Uri, Ob- und Nidwalden durchaus immer mal wieder auf.

Ein totes, von einem Wolf gerissenes Schaf.

Ein totes, von einem Wolf gerissenes Schaf.

(Bild: Symbolbild PD)

zentral+: Geht denn der Kanton davon aus, dass der Wolf nun auch vermehrt bei uns seine Runden zieht?

Amrein: Das lässt sich nicht voraussagen. Wir wissen aber, dass so ein Tier pro Tag 50 bis 60 Kilometer zurück legen kann. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass er etwa von Nidwalden aus schnell in den Kanton Luzern wechseln kann.

«Die bevorzugten Areale des Wolfs im Kanton Luzern werden wohl die Gebiete Pilatus, Entlebuch und Napfbergland sein.»

zentral+: In welchen Gegenden könnte er sich bei uns am ehesten blicken lassen?

Amrein: Auch das lässt sich nur schwer vorhersehen. Klar ist, dass der Wolf dicht besiedelte Gebiete meidet. Und dass er dort unterwegs ist, wo er mit wenig Aufwand sein täglich Brot holen kann. Das werden wohl bevorzugt die Gebiete Pilatus, Entlebuch und Napfbergland sein.

zentral+: In Uri, Ob- und Nidwalden gibt es diesen SMS-Dienst bereits. Offenbar mit guten Erfahrungen, da nun auch Luzern darauf setzt?

Amrein: Ja, die Erfahrungen sind sehr positiv. Die Schaf- und Ziegenhalter schätzen es sehr, wenn sie so rasch wie möglich darüber informiert werden, dass der Wolf in ihrer Nähe ist. So haben sie Zeit, sich darauf zu wappnen. Das ist praktikabler Herdenschutz. Wir haben in den letzten Tagen auch von vielen Luzerner Schaf- und Ziegenhalter die Rückmeldung bekommen, dass sie diesen neuen Dienst sehr schätzen.

zentral+: Wie läuft der Wolfs-Alarm konkret ab?

Amrein: Grundsätzlich wollen wir nicht einen Alarm auslösen, das heisst wir wollen keine Panikmache betreiben. Ziel dieses SMS-Dienstes ist die frühzeitige Information der Tierhalter. Gibt es Hinweise darauf, dass der Wolf im Kanton Luzern ist, klären das unsere Fachpersonen ab. Können sie die Anwesenheit eines Wolfes bestätigen, lösen wir den SMS-Dienst aus. Das passiert in Zusammenarbeit mit der Gebäudeversicherung des Kantons Luzern. Die stellen uns die Software zur Verfügung. Dabei handelt es sich um das gleiche System, das etwa auch bei der Luzerner Feuerwehr im Einsatz ist.

Oft töten Wölfe bei ihren Angriffen gleich mehrere Schafe.

Oft töten Wölfe bei ihren Angriffen gleich mehrere Schafe.

(Bild: Symbolbild PD)

zentral+: Und wenn die Schaf- oder Ziegenhalter grad keinen Handyempfang haben auf der Alp?

Amrein: Ja, das kann natürlich mal vorkommen in einzelnen Gebieten. Aber die Halter sind ja oft auch unterwegs, so dass das SMS vielleicht nur kurze Zeit später ankommt.

zentral+: Und wenn die Halter den Alarm bekommen haben – wir reagieren sie am besten?

Amrein: Jeder Tierhalter muss sich frühzeitig Gedanken darüber machen, wie er seine Tiere gegen Umwelteinflüsse schützen kann. Beim Erhalt einer Info-SMS hat er diese Schutzmassnahmen umzusetzen. Welche dies im Einzelfall sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Immer wieder genannt werden zum Beispiel die elektrische Einzäunung, die Behirtung oder das Einstallen während der Nacht.

zentral+: Und wenn Jäger davon Wind bekommen, greifen sie zur Flinte und gehen «spazieren»?

Amrein: (lacht) Dass sie davon Wind bekommen, ist sehr gut möglich, denn einige von ihnen sind auch Schafhalter. Aber da mache ich mir keine Sorgen. Wir arbeiten sehr gut mit den Jägern zusammen und diese wissen, dass es illegal ist, einen Wolf abzuschiessen.

zentral+: Kann dieser Wolf-Alarm dazu beitragen, die teilweise hitzig geführte Debatte rund um das Wildtier etwas zu beruhigen?

Amrein: Ja, ich gehe fest davon aus. Der Aufwand dazu kostet uns jährlich nur ein paar Hundert Franken. Damit können wir jedoch ein x-faches an Schäden einsparen. Und wenn es uns gelingt, die Anzahl der Risse an Nutztieren zu verringern, können wir mit den Betroffenen auch sachlicher verhandeln. Wir betrachten es als unsere Aufgabe, diese Prophylaxe gegen Wolfsschäden an Nutztieren zu betreiben.

«Wenn es uns gelingt, die Anzahl der Risse an Nutztieren zu verringern, können wir mit den Betroffenen auch sachlicher verhandeln.»

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