Long Covid: Betroffene fühlen sich alleine gelassen
Betroffene von Long Covid leiden auch mehrere Monate nach ihrer Covid-Infektion an starker Müdigkeit oder haben Atemprobleme. Hinzu kommt eine psychische Belastung, weil sich Betroffene nicht ernst genommen fühlen. Zu diesem Schluss kommt eine Umfrage der Lungenliga Zentralschweiz.
Die Pandemie dominiert die Berichterstattung in der Schweiz seit bald zwei Jahren. Und in der aktuellen fünften Welle erst recht. Täglich gibt es News zu den aktuellsten Infektionszahlen, vollen Intensivstationen, dem Contact Tracing und Impfgegnern. Die Halbwertszeit dieser Neuigkeiten ist auf ein Minimum geschrumpft. Gleichzeitig gibt es Personen, die auch noch Monate nach mit den Folgen einer Covid-Infektion kämpfen. Die Rede ist von Long-Covid-Patientinnen.
Doch diese scheinen in diesem rasenden Newskarussell unterzugehen. Wer interessiert sich schon für eine Person, die im Juli Corona hatte? Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen die Ansteckungen des heutigen Tages, maximal jene der letzten sieben Tage. Diesem Phänomen wollte die Lungenliga Zentralschweiz entgegenwirken. Sie hat darum eine Umfrage lanciert, um die Bedürfnisse von Long-Covid-Betroffenen in der Region abzuklären.
Nun liegen die Resultate der Umfrage vor. Diese zeigen: Viele Long-Covid-Patienten fühlen sich mit ihren Beschwerden alleine gelassen und nicht ernst genommen.
Kein Weg, Long Covid zu diagnostizieren
Irène Businger ist Projektleiterin für Gesundheitsförderung und Prävention bei der Lungenliga Zentralschweiz. Sie hat die erwähnte Umfrage erarbeitet und ausgewertet. Sie erklärt sich die Resultate der Umfrage wie folgt: «Es gibt einfach noch keinen schnellen Weg, um Long Covid zu diagnostizieren. Es ist oft nicht festzustellen, wieso einige Betroffene auch Monate nach ihrer Infektion noch Beschwerden haben.»
«Überall kriegen Betroffene bloss die Rückmeldung, dass alles gut sei. Trotzdem sind sie alles andere als gesund.»
Irene Businger, Projektleiterin Gesundheitsförderung und Prävention Lungenliga Zentralschweiz
Was fehlt, sind messbare Parameter, um eine Krankheit wie Long Covid festzustellen. Das kann ein Blutbild sein, ein Lungenfunktionstest oder ein Röntgenbild. Doch mit den vorhandenen medizinischen Mitteln können die durch Long Covid verursachten Beschwerden nicht beschrieben werden. Für Betroffene sei das eine frustrierende Angelegenheit, erklärt Businger. Sie würden von Praxis zu Praxis ziehen, um herauszufinden, was ihnen fehlt: «Doch überall kriegen Betroffene bloss die Rückmeldung, dass alles gut sei. Trotzdem sind sie alles andere als gesund.»
Die Hälfte fühlt sich alleine gelassen
Betroffene führen aus, dass die Ärzte dann bloss zu Geduld raten und den Genesungsprozess als eine Frage des Willens abtun. Aus diesen Erfahrungen heraus fühlen sich Long Covid-Patientinnen zunehmend alleine gelassen und nicht ernst genommen. So hat die Hälfte der Umfrageteilnehmer bestätigt, dass sie sich mit ihren Beschwerden ganz oder teilweise alleine gelassen fühlen.
«Aus Angst ihren Job zu verlieren stecken sie all ihre Kraft in die Arbeit. Dafür vernachlässigen sie ihre Hobbys und ihr Umfeld.»
Dieses Gefühl wird letztlich zu einer psychischen Belastung. Fast drei Viertel der Umfrageteilnehmerinnen fühlen sich durch ihr Leiden verunsichert. Das könne sich gemäss Businger auf verschiedene Weisen zeigen. Viele Betroffene fühlen sich beispielsweise nicht kräftig genug, um Arbeit und Freizeit so gut wie vor der Ansteckung miteinander zu vereinbaren. «Aus Angst, ihren Job zu verlieren, stecken sie dann alle ihre Kraft in die Arbeit. Dafür vernachlässigen sie ihre Hobbys und ihr Umfeld, weil für beides schlicht die Energie fehlt.»
Andere Betroffene haben mit der Sozialversicherung zu kämpfen. Businger weiss aus persönlichen Rückmeldungen, dass beispielsweise die Beantragung von IV-Geldern kompliziert und langsam sei. Auch hier ist es das Problem, dass der Versicherung die Erfahrungswerte mit Long Covid fehlen. Es sei schwierig, den Gesundheitsschaden sowie die damit verbundenen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit zu beurteilen. Dadurch erschwert sich die Prüfung, ob eine Person wegen Long Covid Anspruch auf IV-Gelder hat (zentralplus berichtete).
Neues Beratungsangebot
Auf Basis dieser Erkenntnisse hat die Lungenliga Zentralschweiz seit Dezember ein neues Angebot namens «Gesundheit tanken» ins Leben gerufen. In Beratungsgesprächen evaluiert die Lungenliga, welche Massnahmen bei der Genesung hilfreich sein könnten. «Mit dem Angebot wollen wir Betroffene von Long Covid ernst nehmen und ihnen eine Stimme geben», erklärt Businger. Eine Stimme, die im allgemeinen Diskurs rund um Corona sonst kaum gehört wird.
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Karl-Heinz Rubin, 17.12.2021, 11:59 Uhr Ich finde dies noch sehr speziell, dass man jetzt erst merkt was es heisst, an Covid und Long Covid mit psychischen Folgen zu erkranken.
Denn viele Menschen mit einem psychischen Problem werden in der Schweiz nicht ernst genommen.
Das gilt in letzter Zeit für Menschen die in der Pandemie alleine gelassen wurden und sich eine beengende Angst entwickelt..
Dies gilt nicht nur bei Corona. Seit Jahren ist es kein Thema bei der Politik, Menschen in der privaten Betreuung, oder bei Angeboten zu unterstützen.
Menschen mit psychischen Problemen sind in der Gesellschaft asozial, werden gemieden und ihre Krankheit wird in vielen Fällen runtergespielt.
Menschen mit Handicap sind sehr stark betroffen in der Schweiz, ernst genommen zu werden.
Die Schweizer Einstellung, alles was mich nicht betrifft, geht mich nichts an, zeigt das Verhalten jetzt in einer Pandemie.
Egoismus und Überheblichkeit nütz keinem ob mit psychischen Problemen oder Handicap.
Eines würde sicher mithelfen um das soziale Umfeld wieder in Gang zu bringen und wieder frei zu Atmen…Impfen und sich und die Mitmenschen schützen.👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterAndrea, 17.12.2021, 11:07 Uhr Danke für diesen Beitrag. Als Gesellschaft sind wir gefordert alle ins Boot zu nehmen. Die Chance ist es den Betroffenen gut zuzuhören in der Medizin und vom Arbeitgeber. Die Betroffenen brauchen jetzt alle Kraft für ihren Alltag und die Genesung.
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Gute Besserung – auch wenn es gemäss bisherigen Daten keine gute Aussicht darauf besteht.
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