Gesellschaft
Glosse zum Pride Month

LGBTQ: Luzerner Regierung bekennt unfreiwillig Farbe

Nein, das ist nicht gephotoshopped: das Finanzdepartement ist wirklich so hübsch. Manchmal jedenfalls. (Bild: ida)

Es ist Pride Month und Firmen tauchen ihre Logos wieder in den Regenbogen-Farbtopf. Das Luzerner Finanzdepartement hingegen zeigt schon längst Farbe – wenn auch unbewusst.

Der Juni ist bunt. Regenbogenfarbig. Denn 30 Tage lang steht der Monat im Zeichen der Pride. Für 30 Tage wird die LGBTQ-Community mit Regenbogen an jedem erdenklichen Ort sichtbar gemacht, um die queere Community zu zelebrieren sowie auf ihre Missstände und Anliegen aufmerksam zu machen.

Firmen hüllen ihre Logos in Regenbogen-Farben und bekennen auf ihren Social-Media-Kanälen Farbe. Wenn auch nicht immer gleich konsequent in allen Ländern. So ging beispielsweise das BMW-Pride-Logo beim saudiarabischen Kanal aus Versehen vergessen. Socken in Regenbogen-Mustern, Regenbogen-Fritten, Biskuitrollen mit Regenbogen-Konfitüre, Regenbogen-Taschen: Was wir tragen, was wir essen, was wir sehen: Der Regenbogen hat sich durchgesetzt, routiniert und ritterlich. Selbst auf das Facebook-Logo des Kantons St. Gallen hat er es geschafft.

In Luzern hingegen hat er einen schweren Stand. Vielerorts sucht man ihn vergebens. Luzern soll die Regenbogen-Flagge hissen – das haben auf städtischer Ebene in den vergangenen Monaten schon viele Politikerinnen gefordert. Ein Rainbow-Veloweg auf dem Freigleis? Rechtlich verboten, monierte der Stadtrat (zentralplus berichtete). Regenbogen-Flaggen, die während der Pride Luzerns Wahrzeichen wie die Kapellbrücke und den Luegislandturm schmücken? Nöö. Die Stadt lässt die Fahnen lieber verstaubt in den Truhen des Estrichs ruhen. Und auch das Facebook-Logo des Kantons und der Stadt bleiben blau-weiss.

Was der Regenbogen mit dem Finanzdepartement zu tun hat

Die kantonale Männerregierung hingegen, die lässt sich nicht lumpen. Sie bekennt schon längst Farbe. Wenn auch nicht ganz freiwillig.

Es sind faszinierende Szenen, die sich Tag für Tag – jedenfalls bei sonnigem Wetter – vor dem Finanzdepartement des Kantons Luzern abspielen. Denn das kahle Gebäude in Beige und Grau erstrahlt in den frühen Sommertagen ein wenig farbenfroher. Zumindest ein kleiner Fleck davon.

Rot, gelb, türkis und violett – vermutlich eine kunstvolle Reflektion, irgendwas vis-à-vis des Gebäudes, das das Regenbogenfähnli eben just an den Eingang des kantonalen Finanzdepartements spiegelt. Ja, bestimmt, es muss vom «Wilden Mann» herkommen.

Besonders schön war es übrigens am Morgen des 18. Mai, um 8.44 Uhr. Ja, unlängst vor dem Pride Month.

(Bild: ida)

Nein, dahinter stecken bestimmt keine Klimaaktivisten. Es ist sicherlich auch kein Kunstwerk des Finanzdirektors, der seiner früheren Tätigkeit als leidenschaftlicher Kulturdirektor frönt. Zweifellos, der Regenbogen kann doch nur für die queere Community stehen.

Hach. Wären wir pingelig, so würden wir monieren, dass der Regenbogen zunderobsi steht. Doch das tun wir nicht und staunen stattdessen einfach mal.

Sichtbarkeit – auch auf dem Papier

Den Regenbogen auf alles mögliche zu pappen, ist ja gut und recht. Weltoffen sein. Aufmerksam genug, um Homo- und Transphobie im Alltag zu erkennen. Wutenbrannt genug, um sich dagegen aufzustemmen. «Woke» eben.

Dumm nur, wenn der Regenbogen am 1. Juli verbannt wird und davon nicht viel mehr übrig bleibt als ein nett gemeinter Facebook-Post. Stattdessen wären Taten gefragt, die wirklich einen Unterschied machen.

Statt auf Socken und Wahrzeichen dieser Stadt wäre es wohl nicht verkehrt, über Sichtbarkeit in anderen Belangen zu reden. Transmenschen in den Diskriminierungsschutz aufzunehmen, beispielsweise. Anstatt die Sonne arbeiten zu lassen, die Schattenseiten in Statistiken der Polizei abzubilden. Die Hasstaten gegenüber Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität sichtbar zu machen. Die Stadtpolizei Zürich erfasst seit gut eineinhalb Jahren Anzeigen wegen Hassdelikten, die Kantonspolizei Fribourg seit zweieinhalb Jahren. In Luzern wird dies nicht gemacht.

Hasstaten an LGBTQ-Menschen: Nationalrat will Aktionsplan

Der Bundesrat muss mit einem nationalen Aktionsplan übrigens Massnahmen zur Unterstützung und zum Schutz von Opfern von LGBTQ-feindlichen Gewaltverbrechen treffen. Dieser Meinung ist der Nationalrat. Am Mittwoch, just zu Beginn des Pride Month, hat er ein entsprechendes Postulat mit 105 zu 64 Stimmen angenommen.

Dass dies nötig ist, zeigen die Zahlen: Die LGBT+-Helpline hat letztes Jahr insgesamt 92 Fälle registriert, in denen queere Menschen feindlich angegangen wurden. Das ist doppelt so viel wie im Vorjahr. Besonders auffällig sei, dass insbesondere die gemeldeten Hasstaten gegenüber Transpersonen zunähmen.

Die meisten Luzerner Nationalrätinnen stimmten dem Postulat zu – nämlich Prisca Birrer-Heimo (SP), Roland Fischer (GLP), Michael Töngi (Grüne) und Priska Wismer-Felder (Die Mitte).

Franz Grüter (SVP) lehnte es als Einziger ab. Ida Glanzmann-Hunkeler (Die Mitte) und Leo Müller (Die Mitte) enthielten sich. Yvette Estermann (SVP) und Peter Schilliger (FDP) haben nicht teilgenommen.

Verwendete Quellen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.


Gesellschaft
Apple Store IconGoogle Play Store Icon