Luzerner wünscht sich regionale Lebensvision

Leben in der Kommune als Alternative

Der Luzerner Yogalehrer Gallus Bühlmann sucht nach Alternativen. (Bild: zvg)

Probleme in Wirtschaft und Natur sowie ein untaugliches Währungssystem: Der Luzerner Gallus Bühlmann hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Alternative zu unseren heutigen Systemen zu erarbeiten. Quasi ein «Plan A», der auf Konsens und selbstlosen Taten basiert.

Krieg, Hungersnot und die Flucht von Millionen von Menschen: Die Welt dürstet nach Lösungen für tiefsitzende Probleme. Alternativen zu den festgefahrenen Systemen dieses Planeten existieren kaum. Und wenn, dann werden diese als «Spinnerei» abgetan. Wie es bereits der US-amerikanische Schrifsteller Mark Twain treffend zu formulieren wusste: «Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.»

Unter diesen «Spinnern» ist auch der Luzerner Gallus Bühlmann. In seiner Unzufriedenheit hat er sich auf die Suche nach neuen Gesellschaftsformen gemacht. «Ich bin fest davon überzeugt, dass neue Gesellschaftsstrukturen entstehen müssen. Die alten sind völlig kaputt», sagt er mit ernster Miene. Bühlmann ist diplomierter Yogalehrer und war in der Informatikbranche tätig. Kürzlich hat er gekündigt, um mehr Zeit zu haben. Zeit, eine Alternative zu der derzeit vorherrschenden «Misere» zu erarbeiten.

Die zündende Vision hatte der Luzerner vor zwei bis drei Jahren. «Wir standen kurz vor der Gründung des Vereins ‹prokarma›, als sich quasi ein ‹Masterplan› vor meinen Augen manifestiert hat.» Hauptziel: Die Schaffung neuer Gesellschaftsstrukturen. 

«Das Gesundheitssystem macht die Menschen kranker, als sie sind.»

Gallus Bühlmann, Luzerner Freidenker

«Wir haben Probleme in der Wirtschaft, im Agrarsystem, im Schulsystem, das in der Industrialisierung hängen geblieben ist und ein Währungs- und Bankensystem, das nichts taugt. Das Gesundheitssystem macht die Menschen kranker, als sie sind. Es fehlt eine ganzheitliche Herangehensweise», sagt Bühlmann zu seiner Motivation. Nachdem er seine Visionen und Ideen festgehalten hatte, habe ihn der Schlag getroffen. «Eine riesige Aufgabe, die sich mir da stellt. Aber ich fühle mich, seit ich dieses Wissen erlangte, dieser Aufgabe verpflichtet.»

Verein «prokarma»

Die Mitglieder des Vereins «Pro Karma» sind junge Erwachsene, die einen Weg in eine andere Zukunft suchen. «Bereits im Vorfeld war klar, dass wir etwas für das Bewusstsein und das Erwachen des Menschen machen wollen. Aber auch das autarke und nachhaltige Leben soll mit dem Verein gestärkt werden», sagt Gallus Bühlmann. Autark bedeutet «unabhängig». Wie es der Name des Vereins schon sagt, ist Karma wichtiger Bestandteil und die Philosophie «Was wir säen, ernten wir» in den Köpfen der Vereinsmitglieder fest verankert.

Weniger Kriminalität durch Zusammenhalt

Grundpfeiler seiner Vision ist die Fokussierung auf das Lokale, die Region. Konkret könnte diese auch in Form einer Kommune – also einer autonomen Gesellschaft – daherkommen. Der Vorteil: «Die Stärkung einer kleinen Region fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl, was die Kriminalität senkt und Verständnis sowie Toleranz stärkt», betont Gallus Bühlmann und fügt an. «Ziehen alle am gleichen Strick, formt das die Gemeinschaft.»

Grob beschrieben könnte eine kleinste Zelle so aussehen: «Ein Bauernhof oder ein Weiler wäre die idealste Lebensform. Dort würden verschiedene Generationen von drei bis vier Familie zusammen wohnen, Aufgaben teilen und sich gegenseitig ergänzen», erklärt Gallus Bühlmann. Allerdings sei dies die «Ego-Variante». Deshalb, weil sie nur für diese kleine Anzahl Menschen ausgelegt ist.

Solche Sturkuren fördern und einrichten

«Es kann einfach nicht sein, dass wir im normalen Leben Handstände machen müssen, damit wir ein nachhaltiges Leben führen können. Es liegt mir am Herzen, solche Strukturen zu fördern und einzurichten.» Welche Menschen mit welchen Fähigkeiten wären für eine solche eigenständige Kommunen unabdingbar? «Es braucht einfach alles. Vom Handwerker, Elektriker bis über die Krankenschwester und den Gärtner.» Weiterführend seien gemeinschaftliche Anlagen, wie beispielsweise ein regionales Gesundheitsnetz aus Ärzten und Therapeuten, nötig.

«Das momentane Währungssystem ist irreparabel.»

Gallus Bühlmann

Aus rechtlicher Sicht klingt dies schwer vorstellbar. Doch Gallus Bühlmann hat bereits eine konkrete Idee: «Genossenschafter kaufen beispielsweise gemeinsam ein Stück Land, um sich dort unter sich zu organisieren. So kann sich die Gruppe schrittweise vom heutigen System lösen.» Ein Ziel sei ferner auch, eine eigene Regionalwährung zu lancieren. Allerdings bedarf dieser, wie auch andere Punkte, noch weitere Überlegungen. «Ich sehe einfach, dass wir ein neues Währungssystem brauchen. Das Momentane ist irreparabel.»

Der Yogalehrer hat sich bewusst dazu entschieden, nach Alternativen zu suchen, anstatt am derzeitigen System herumzufeilen. «Bei neuen Aspekten gibt es zwar viele Skeptiker, dafür weniger Leute, die die Idee ausbremsen. Allerdings muss diese schon noch reifen, bis sie greift.»

«Konsens bedeutet, dass nicht alle dafür sein müssen, jedoch niemand dagegen sein darf.»

Gallus Bühlmann

Wie politische Strukuren aussehen könnten, kann sich Bühlmann hingegen bereits vorstellen: «Ein interessantes System ist die Soziokratie. Diese kann für hierarchische Strukturen verwendet werden, um sie durchlässiger zu machen.» Kurz gefasst basiere die Soziokratie (siehe Link) auf Interessenskreisen, die sich einem Thema verpflichtet fühlen und dieses gemeinsam erörtern. «Vier Grundpfeiler stützen diese Organisationsform. Allen voran der Konses.» Bühlmann präzisiert: «Konsens bedeutet, dass nicht alle dafür sein müssen, jedoch niemand dagegen sein darf. Dies ist aus der Kybernetik abgeleitet, die Lehre des Widerstandes.»

Weg des geringsten Widerstandes

Der Vorteil daran sei, dass alle dahinter stehen können. Niemand fühle sich übergangen. «Alle ziehen so am gleichen Strick, was die Gesellschaft formt. Das Konsens-Prinzip wählt so den Weg des geringsten Widerstandes, was die Gesellschaft auf geradlinigstem Weg ans Ziel bringt.» Desweiteren zählen die «Durchlässigkeit», offene und transparente Wahlen sowie freie Meinungsäusserung und Gleichberechtigung zu den Merkmalen der Soziokratie.

Die Spitze seines Masterplans? «Dort steht absoluter Weltfrieden. Er beinhaltet das Teilen und Schenken.» Es sei quasi der «Plan A», wenn das jetzige System zusammenbreche. «Ich sehe das Ganze als Vorbereitung. Wir sind daran, uns zu formen. Und wenn es dann soweit ist, haben wir womöglich bereits einige Strukturen etablieren können», so Bühlmann.

Doch damit das Leben in einer Kommune oder einem neuen System funktioniert, muss jedes Individuum ein anderes Bewusstsein erreichen. «Ich persönlich fokussiere mich darauf, etwas zu tun, ohne gleichzeitig an die Früchte meiner Saat zu denken. Man sollte handeln, weil man es für richtig hält und man davon überzeugt ist, dass es gemacht werden muss.» Quasi eine selbstlose Tat.

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