Luzerner Musiker geht mit «No Hunger» auf Tournee

Kunz – «da kommt der Sänger wieder»

Kunz – für einmal ohne Hosenträger – in einem Luzerner Kaffee.

(Bild: bas)

Beim Luzerner Mundartfolker Kunz denken viele an Hackbrett, Mandoline und Hosenträger. Die wenigsten aber verbinden ihn mit betrunkenen Töfflifahrten oder «Minnie Mouse»-Pullovern. Wer ist der erfolgreiche Musiker hinter der aalglatten Fassade? Eine Annäherung bei einem Espresso.

Kürzlich ist Marco Kunz’ – besser bekannt als «Kunz» – drittes Studioalbum erschienen. «No Hunger» ist die musikalische Weiterführung seiner früheren Alben und in Kunz’ typischem Mundartfolk gehalten. Mit noch mehr Instrumenten sei die neue Platte aber frischer und vielfältiger geworden als die Vorgänger, erklärt der Luzerner Musiker.

Auf «No Hunger» ist Kunz entgegen der Befürchtungen seiner treuen Fans also nicht auf Englisch zu hören, obwohl der Name seines neuesten Albums dies durchaus suggerieren könnte. «Ich habe mich überstimmen lassen», sagt Kunz dazu und zuckt mit den Schultern, als wäre es ihm ein wenig egal.

Drei seiner Bandkollegen seien eher im Zürcherdeutsch zu Hause, so habe er sich von seinem hiesigen Dialekt abbringen lassen und das Album nicht «No Honger» getauft. Ein Detail, das schon viel zu reden gab. «Das hat auch gezeigt, dass ich schon richtig gelegen hätte und dass man sich nicht so leicht von seinem Weg abbringen sollte», sagt Kunz und lacht. Besonders schlimm scheint es nicht zu sein, dass er es dennoch getan hat.

Der perfekte Schwiegersohn?

Dass sich Kunz beim Namen seines Albums überstimmen liess, lässt sich wohl auch darauf zurückführen, dass er «harmoniebedürftig» sei, wie er sagt. Innerhalb der Band oder im Team, das ihn auf seiner Tournee begleitet, nehme er die Vermittlerrolle ein und sei eher der Mediator, wenn es einmal ein wenig knirscht und knarzt zwischen den verschiedenen Mitgliedern, erzählt Kunz.

Es stecke auch ein Stück weit Pragmatismus hinter seiner Einstellung, gibt er zu: «Es funktioniert einfach alles besser, wenn es harmonisch zu und her geht», sagt Kunz.

Videoclip zu «Marie», einem der neuen Kunz-Songs:

 

Dass seine Worte nicht nur Plattitüden sind, die das «Perfekte-Schwiegersohn-Image» polieren, wird schnell deutlich. Fröhlich erzählt Kunz, wie er gerade drei Stunden Siedfleisch gekocht hat für seine Freunde, die mit ihren Kindern zu Besuch kamen. «Schon geil, wenn die Väter danach und unter der Woche zusammen durch die Stadt schlendern können. Früher wäre das nicht gegangen.»

«Was bringt es dir schon, sagen zu können, du seist der Beste?»
Kunz 

Sein Harmoniebedürfnis wird aber auch deutlich, wenn er Dinge sagt wie: «Ich bin gegen jede Form von Extremismus. Populismus ist einfach nur doof.» Kunz ist sich nicht zu schade, sich auch mal zurückzunehmen, den Kompromiss einzugehen, bezeichnet sich als Familienmensch.

Perfektionismus findet er unnötig. «Was bringt es dir schon, sagen zu können, du seist der Beste in dem, was du machst?» Vielleicht sei das etwas für Spitzensportler, in der Musik aber gäbe es zum Beispiel immer einen, der noch besser singen könne. «Also chillt es doch einfach», so sein Fazit, das fast ein wenig trotzig klingt.

«Meh Liebi»

Gewollt oder ungewollt, Kunz präsentiert eine glatte Oberfläche und gibt wenig Anlass für Boulevard-Schlagzeilen. «Boulevard ist nicht mein Lieblingsgenre», sagt Kunz. Er habe lieber Inhalt und eine Message als schnelle Klicks. Seine Message? Unter anderem auch «meh Liebi», sagt Kunz und lacht. Rasch wird er aber wieder ernst und fügt an: «Nein wirklich. Seid lieb miteinander.»

Solche Aussagen, gepaart mit einem Aussehen, das ihm den Spitznamen «Alpen-Gosling» beschert hat (in Anspielung an den Hollywood-Beau Ryan Gosling), liessen Frauenherzen reihenweise sicherlich höherschlagen, geben wir zu bedenken. Kunz relativiert: «Liebesbriefe bekomme ich aber relativ wenige.» Sowieso sei es nicht das Ziel, Frauenschwarm zu sein. «Das ist für mich ein eher negativ behaftetes Wort. Es beschreibt einen, der nichts anderes kann und will, als Frauen zu erobern.»

Kunz will mehr sein und musste dafür auch mal unten durch. «Auf der Baustelle wurde ich früher mit ‹da kommt der Sänger wieder› begrüsst und für meine Ambitionen belächelt», erzählt der gelernte Maurer.

«Zum Glück hatte es im Luzerner Hinterland nicht viele Polizisten.»
Kunz 

«Töfflibuebe»-Geschichten

Nach den grossen Erfolgen in den Schweizer Charts (auch sein neues Album ist direkt auf Platz 1 eingestiegen) scheint Kunz am Boden geblieben zu sein. Wenn er von früher erzählt, wie er betrunken mit dem Töffli vom Ausgang heimgefahren sei, dann sieht man hinter dem Zahnpastalächeln des bärtigen Musikers den kleinen Jungen von damals. «Zum Glück hat es im Luzerner Hinterland nicht viele Polizisten gehabt», sagt Kunz dazu nur und grinst.

Aber auch Anekdoten wie die, dass er früher mit dem «Minnie Mouse»-Pulli seiner Schwester in die Schule musste und er dafür ausgelacht worden sei, erzählt er bereitwillig und ohne Spur von Eitelkeit. Kunz scheint einer zu sein, der das Leben nicht zu ernst nimmt und es immer noch so lebt wie vor dem Erfolg. «Ich fahre im Zug noch immer 2. Klasse», beteuert der Musiker.

«No Honger»

Dass nach den letzten zwei erfolgreichen Alben die Erwartungshaltung da gewesen sei, eine den Vorgängern ebenbürtige Platte rauszubringen, sei nicht der Fall gewesen. «Druck habe ich keinen verspürt. In der Musikbranche kann es jederzeit vorbei sein. Zwar haben wir als Liveband gute Chancen, auch Trends zu überleben, aber man weiss nie.» Es dominiere eher die Freude an dem, was er mache, erklärt Kunz.

Darum ist es wohl auch egal, ob die Platte jetzt «Hunger» oder «Honger» heisst. Hauptsache, Kunz hat noch viel davon. Und das scheint der Fall zu sein: «Ich freue mich, wieder auf Tournee zu gehen, und ich habe definitiv noch Hunger nach Konzerten», so der Musiker.

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