Stieftochter und ihre beste Freundin missbraucht

Kriminalgericht Luzern verurteilt Mann wegen Sex mit Kindern – dessen Familie ist geschockt

Blick in den Gerichtssaal des Kriminalgerichts Luzern.

(Bild: zvg)

Seine ganze Familie hat an seine Unschuld geglaubt, trotzdem wurde er verurteilt: Das Kriminalgericht ist davon überzeugt, dass ein Lastwagenfahrer seine 13-jährige Stieftochter vergewaltigt hat und auch mit ihrer besten Freundin Sex hatte. Er soll für fünf Jahre und zwei Monate Jahre ins Gefängnis.

Der Entscheid lag bereits in der Luft, als die Parteien das Kriminalgericht betraten. Die Polizei war mit mehreren Einsatzkräften vor Ort, alle Taschen wurden durchsucht. Man wollte offenbar auf allfällige emotionale Reaktionen vorbereitet sein, die das Urteil auslösen könnte.

Denn die Vorwürfe, über die das Kriminalgericht an diesem Freitagmorgen zu entscheiden hatte, waren nicht nur happig. Sie haben das Leben zweier Mädchen zerstört – und eine Familie für immer verändert.

Dem Lastwagenfahrer wird vorgeworfen, er hätte seine Stieftochter über Jahre hinweg sexuell missbraucht und vergewaltigt. Ihre beste Freundin soll im Alter von 13 Jahren ebenfalls zu seinem Opfer geworden sein. Sie verliebte sich in den 30 Jahre älteren Mann – und dieser nutze ihre Gefühle aus: Er schwor dem Mädchen, dass er für immer mit ihr zusammenbleiben und seine Frau für sie verlassen würde. Und bewegte das Kind so dazu, mit ihm zu schlafen (zentralplus berichtete).

Mädchen hatte sich in den Stiefvater ihrer Freundin verliebt

Die Familie des Beschuldigten war überzeugt davon, dass die Vorwürfe nicht stimmen. Geschlossen hatte sie an der Verhandlung teilgenommen, um ihn zu unterstützen. Die Stieftochter sollte ihn aus dem Gefängnis holen. Die junge Frau hatte zunächst gegen den Mann ausgesagt, später aber sämtliche Aussagen widerrufen und behauptet, ihre beste Freundin habe ihr all das angetan, was sie in den vorherigen Befragungen ausgesagt habe.

«Als Beweise für die Vorwürfe lagen dem Gericht hauptsächlich die Aussagen vor. Diese widersprachen sich völlig», sagte die Richterin an der mündlichen Urteilseröffnung. Das Gericht stand deshalb vor der schwierigen Aufgabe zu entscheiden, wem in diesem Fall Glauben zu schenken ist.

Die begründende Richterin kam zuerst auf die Aussagen der besten Freundin zu sprechen. Diese seien «nachvollziehbar, detailliert und logisch». Das Mädchen habe grösstenteils identisch ausgesagt, obwohl mehrere Monate zwischen den Befragungen lagen. Sie habe den Beschuldigten nicht übermässig belastet. «Sie hat keinen Grund für eine Falschaussage. Sie war in ihn verliebt und hegt keinen Groll gegen den Beschuldigten.»

«Es ist nicht vorstellbar, dass sich ein erwachsener und wortgewandter Mann von einer 13-Jährigen derart unter Druck setzen liess.»

Das Kriminalgericht

Sie habe den Beschuldigten zudem nicht von sich aus verraten. Die Sache flog auf, als ihre Eltern Liebes-Nachrichten des Beschuldigten fanden. Das Gericht habe auch deshalb keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit.

Stieftochter widerrief ihre Aussagen – auf Druck der Familie?

Ganz anders sei das Aussagenverhalten der Stieftochter. «Sie wurde viermal befragt und sagte jedes Mal ganz anders aus», so das Gericht. Die ersten beiden Male hat sie ihren Stiefvater massiv belastet, beim dritten Mal zog sie alles zurück. «Das hat das Gericht überhaupt nicht überzeugt.»

Auch bei ihr sei nicht ersichtlich, warum sie ihren Stiefvater zunächst hätte fälschlicherweise belasten sollen. «Sie konnte das auch nicht erklären.» Man stellte bei ihr zudem Verletzungen im Genitalbereich fest. Es überzeuge nicht, dass sie sich diese – auf Druck ihrer Freundin – selber zugefügt habe, wie sie das zuletzt behauptet hatte. Es wurde bei ihr zudem dieselbe Geschlechtskrankheit festgestellt, an der auch ihr Stiefvater litt. Das sei ein weiteres Indiz für dessen Schuld.

Das Gericht ist überzeugt: Der Mann hatte das Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt und sein Stieftochter psychisch massiv unter Druck gesetzt. Deshalb handelt es sich bei den sexuellen Handlungen um eine Vergewaltigung. Das Opfer habe sich damals und auch heute in einem grossen Loyalitätskonflikt befunden. «Dies führte dazu, dass sie die Aussagen zurücknahm und ihre Freundin falsch belastete», führte die Richterin aus.

Opfer zur Täterin gemacht

Der Mann selber hatte alle Vorwürfe bestritten. Er selbst sei das Opfer, er sei von der besten Freundin seiner Stieftochter erpresst und unter Druck gesetzt worden. Nur deshalb sei er zum Schein eine Liebesbeziehung mit ihr eingegangen. «Das hat uns in keiner Art und Weise überzeugt», so die Richterin. «Es ist nicht vorstellbar, dass sich ein erwachsener und wortgewandter Mann von einer 13-Jährigen derart unter Druck setzen liess.»

«Es ist davon auszugehen, dass die beiden Opfer ein Leben lang unter den Folgen zu leiden haben.»

Das Kriminalgericht

Die Tatsache, dass er nicht nur die Vorwürfe bestritt, sondern auch noch eines der Opfer als Täterin darstellte, wirkte sich strafverschärfend aus.

Strafe wegen Teilfreispruch reduziert

Freigesprochen wird der Mann von dem Vorwurf, er hätte auch die beste Freundin vergewaltigt. Der Grund: Bei ihr bestand kein Abhängigkeitsverhältnis, das sie gefügig hätte machen können. «Sie machte in ihrer kindlichen Naivität freiwillig mit», so das Gericht.

Nicht bewiesen ist aus Sicht des Gerichts zudem, dass der Missbrauch der Stieftochter bereits 2009 und nicht erst 2013 begann. Es reduziert die von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafe von sieben Jahre auf fünf Jahre und zwei Monate. Er soll zudem in eine ambulante Therapie, um die gutachterlich bestätigte Pädophilie zu behandeln.

Noch unklar ist, ob die Strafe in seinem Herkunftsland Deutschland verbüsst werden soll oder nicht. Klar ist nur, dass er nach der Entlassung die Schweiz zehn Jahre nicht betreten dürfen soll, das Gericht verhängte eine Landesverweisung.

Der Freundin der Stieftochter spricht das Gericht eine Genugtuung von 12'000 Franken zu. «Es ist davon auszugehen, dass die beiden Opfer ein Leben lang unter den Folgen zu leiden haben», so die Begründung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann an das Kantonsgericht weitergezogen werden. Die Familie des Beschuldigten geht in einer ersten Reaktion davon aus, dass man dieses Rechtsmittel einlegen wird.

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