Wohntürme auf der Allmend

Knacknuss: Eintritt nur per Touchscreen

Wohnen im Hochhaus: Noch hat es freie Wohnungen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Seit Herbst des vergangenen Jahres stehen auf der ehemals sumpfigen Luzerner Allmend zwei Hochhäuser von 88 und 77 Metern Höhe. Wie wohnt es sich dort?

Die zwei imposanten Wohntürme auf der Luzerner Allmend sind von weitem zu sehen. Doch Hineinzukommen ist kein Zuckerschlecken: Der Besuch bei verschiedenen Mieterinnen und Mietern der beiden HochZwei-Häuser, wie sie die Verwalterin Wincasa auf ihrer Werbe-Homepage nennt, gestaltet sich als echte Knacknuss. Angefangen vor der verschlossenen Haustüre. Ein «Lüüti» sucht man hier vergeblich. Wer hinein will, muss auf dem kleinen Touchscreen beim Eingang, den gewünschten Familiennamen suchen. «Steinmann» einzugeben stellt sich als anspruchsvoll heraus, klappt aber schlussendlich. Den Namen der Freundin von Mieter Steinmann, welche die Wohnung gemeinsam mit ihm bewohnt, sucht man vergebens: Laut Verwaltung ist es nicht möglich,  zwei Namen pro Wohnung zu registrieren. Demzufolge ist jeweils nur der Hauptmieter angegeben. Ist der richtige Name erstmal gefunden, sollte es oben in der Wohnung klingeln.

Bitte treten Sie ein

Ein paar Sekunden später erfolgt bereits der Beweis, dass die vorhergegangene Touchscreen-Aktion erfolgreich war: Die Stimme des Mieters Steinmann ist zu vernehmen. Sie sagt, dass man doch bitte eintreten möge. Entschlossen betrete ich den Eingangsbereich. Hilfsbereit leuchtet bereits der persönlich von Steinmann geschickte, wartende Lift.  Ich will ihn jedoch noch nicht betreten, zu interessant ist dieser Hauseingang. Reihenweise Briefkästen befinden sich hier. Eine Überraschung ist das nicht, ich wusste ja im Voraus, dass es in den beiden Hochhäusern 283 Wohnungen hat. Logischerweise befinden sich also auch so viele Briefkästen hier. Trotzdem: Ein imposantes Bild. Neben den Briefkästen befindet sich ausserdem eine Schuhputzanlage, wie sie unsereiner nur von edlen Hotels kennt.

Schlussendlich beende ich meinen kleinen Inspektionsrundgang durchs Entrée und will den mir zugewiesenen Lift betreten. Aber: Weit gefehlt. Dieser hat sich bereits wieder aus dem Staub gemacht, offenbar habe ich zu lange gewartet. Nun: Man verlasse das Haus wieder, klingle erneut und gehe zielstrebiger zum zugeteilten Lift. Und merke sich: Keine Trödeleien. Wer Bewohnerinnen und Bewohner der HochZwei-Häuser einen Besuch abstatten will, hat zügig und entschlossen voranzuschreiten.

Trotz Wohnungsnot in Luzern: Noch immer freie Wohnungen

Im Herbst 2012 sind die beiden Allmend-Hochhäuser fertig gestellt worden. 283 Mietwohnungen waren zu vergeben.  Bei den meisten (160) handelt es sich um 3,5-Zimmerwohungen. Allerdings verfügen die beiden Hochhäuser auch über wenige 2,5-, 4,5- und 5,5-Zimmerwohnungen. «Es waren eher die Kleinwohnungen, die im Fokus der Interessenten standen. Grosse Wohnungen waren weniger gefragt», sagt auf Anfrage Ivana Bianchet, welche bei der Credit Suisse für die beiden Hochhäuser verantwortlich ist.  

Die günstigste 2,5 -Zimmerwohnung kostet 1265 Franken Miete pro Monat. Die Teuersten, sie sind im Penthouse-Style, bekommt man nicht unter 5000 Franken.

Das Interesse an den Wohnungen war zu Beginn gross. Vor ungefähr zwei Jahren gab es erste Informationsveranstaltungen. An die Tausend Interessierte meldeten sich damals als mögliche Mieter und Mieterinnen. Inzwischen hat sich die Situation geändert: Über ein halbes Jahr nach der Eröffnung sind noch immer 14 Wohnungen frei. Es handelt sich dabei ausschliesslich um Wohnungen im Luxussegment, all diese kosten mehr als 3000 Franken Miete pro Monat.

Nicht allen ist die Aussicht vergönnt

Von der Aussicht profitiert in den Hochhäusern nur, wer auch eines der oberen Stockwerke bewohnt. Allen anderen bleibt das Spektakel vorenthalten. Es ist zwar möglich, dass man mit dem Lift zu den oberen Stockwerken gelangt, allerdings befindet sich das Treppenhaus in der Mitte der Häuser. Es gibt keine Fenster, bloss graue Wände und Wohnungstüren. Gerade in den oberen Stockwerken wirken diese noch etwas karg. Da viele Wohnungen (noch) unbewohnt sind, fehlen Fussmatten und Namensschilder bei den Türen. Viel anders sieht es aber auch nicht in den unteren, bewohnten Stockwerken aus. «Es fehlt hier klar die Farbe. Alles ist so Grau in Grau. Man hätte doch auch mal eine Wand Blau oder Orange streichen können», sind sich auch die an der Reportage beteiligten Mieter und Mieterinnen einig.

Es stellt sich die Frage: Ist es recht, diese Aussicht nur einer Handvoll Luzerner und Luzernerinnen zu vergönnen? Zürich hat mit seinem Prime Tower einen anderen Weg gewählt: In den obersten Geschossen befindet sich Gastronomie. Auf diese Art kann jeder und jede einmal ein Bier trinken und die Aussicht geniessen.

Direkter Weg zu den FCL-Spielen

Paul Wolfisberg

Paul Wolfisberg

Paul Wolfisberg, 80, geniesst die Aussicht: «Eigentlich sehe ich nach Kriens, nach Horw und über die Allmend: Und an all diesen Orten habe ich früher «getschuttet»! Man sieht auch das Krienser Hotel Himmelrich. Da haben wir mit Kriens jeweils die Erfolge gefeiert, und davon gab es damals noch einige. Hier auf der Allmend hat man auch einen wunderbaren Blick auf den Tennisplatz. Das Tennisspielen habe ich auch einmal kurz ausprobiert, aber das ist nun wirklich nichts für mich.

Es ist praktisch von meiner Wohnung aus an die FCL-Spiele zu gehen: Ich brauche das Gebäude gar nie zu verlassen! Man kommt durch das Parkhaus direkt in die VIP-Logen. Ich gehe gerne mit meinen Nachbarn, einem befreundeten Paar. Die schauen übrigens auch gut zu mir, sehen in der Wohnung ab und zu nach dem Rechten.

Es war mir wichtig, dass ich die Leute, die direkt neben mir wohnen, kenne. Wir sind zusammen hierher gezogen. Ich will nicht eine ältere Person werden, die in der eigenen Wohnung einen Unfall hat und dann tagelang liegenbleibt, weil niemand ihr Wegbleiben bemerkt.

Die Migros benutze ich gerne, kaufe ab und zu mein Essen hier ein. Für ältere Menschen wie mich ist das Hallenbad gar nicht praktisch! Ich gehe weiterhin im Hotel National schwimmen. Die haben die besseren Bäder.

Mit Vielem bin ich hier nicht zufrieden. Schauen Sie sich bloss einmal die Briefkästen im Eingangsbereich an: Die hat wohl ein Stift im ersten Lehrjahr entworfen. So etwas Wüstes! Aber vorläufig bleibe ich sicher mal hier wohnen.» 

«Wir haben zum Glück ein Tiefkühlfach»

Etienne Bourquin

Etienne Bourquin

(Bild: Julia Stirnimann)

Mir gefällt es hier sehr gut. Als wir beschlossen, zusammen eine WG zu gründen, war dies hier unsere favorisierte Wohnung. Die Lage ist ganz praktisch: Ein Lebensmittelgeschäft vor der Haustür und zu Stosszeiten fährt alle sieben Minuten ein Bus in Richtung Stadtzentrum. Angebote wie den Putzservice oder das Fitnesscenter nebenan nutze ich eigentlich gar nicht. Ich bleibe auch hier meinem bisherigen Fitnesscenter treu.Zu Besuch bei Etienne Bourquin, 25, Bankkaufmann: «Ich wohne hier mit einem guten Freund seit September 2012 in einer 3,5-Zimmerwohnung. Vom Preis her liegt sie wohl so im mittleren Bereich. Die günstigeren Wohnungen haben zum Beispiel kein Tiefkühlfach, unsere hat zum Glück eins!

Das Highlight unserer Wohnung ist sicherlich die Aussicht auf das Fussballstadion. Trotzdem schauen wir die Spiele nicht gerade häufig daheim: Als richtiger FCL-Fan ist eine Saisonkarte nach wie vor Pflicht!» 

«Wir vermissen eine Bäckerei»

Philipp Steinmann und Corinne Bleisch

Philipp Steinmann und Corinne Bleisch

(Bild: Julia Stirnimann)

Pflegefachfrau Corinne Bleisch, 28, und Wirtschaftsprüfer Philipp Steinmann, 30, sind auf der Allmend angekommen: «Wir sind ein Paar und haben schon vorher in dieser Gegend zusammen gewohnt. Deshalb war die Lage jetzt nichts Neues für uns. Auch das Zügeln ging ganz einfach. Für uns sogar ganz besonders einfach, denn wir waren selber gar nicht dabei. Beim uns zugeteilten Zügeltermin waren wir auf einer längeren Auslandreise. Also haben unsere Familien für uns gezügelt. Wir konnten uns nach unserer Heimkehr ins gemachte Nest setzen. Ein paar Möbel haben wir dann auch erst gekauft, als wir schon hier wohnten. Das Sofa zum Beispiel: Und ohne den Raum genau auszumessen vor dem Kauf, passt es nun perfekt in unsere Stube.

Es lebt sich hier sehr anonym. Das ist eigentlich komisch: Man wohnt mit so vielen Leuten in einem Gebäude, aber treffen tut man selten jemanden. Doch diejenigen auf unserem Stockwerk kennen wir inzwischen ein bisschen. Den einen Nachbarn werde ich vielleicht sogar zu meinem Geburtstag einladen.

Seit wir hier wohnen, treiben wir eindeutig mehr Sport. Besonders meine Freundin geht öfter ins Fitnesscenter als vorher. Es ist halt so einfach, wenn man kaum das Gebäude verlassen muss.

Wir vermissen hier eine Bäckerei in der Umgebung. Gerade an Sonntagen wäre es praktisch, wenn es irgendwo in der Nähe eine Möglichkeit gäbe, frisches Brot zu kaufen. Das ist schade. Aber vielleicht kommt das ja noch.

Alt werden wir hier kaum, denn irgendwann wollen wir vielleicht eine Familie gründen, und mit Kindern ist es allenfalls nicht so praktisch, in einem Hochhaus zu wohnen. Aber vorläufig gefällt es uns tiptop hier.»

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