Jonas Feldmann reist bald nach Rom

Kein Vaterunser: Zuger Kirchenkritiker besucht den Papst

Mit dem Zug nach Rom: Am 18. März geht für Jonas Feldmann die Reise zum Vatikan los.

(Bild: zvg)

Ungewöhnliche Initiative im Vatikan: Junge Atheisten und Kirchenkritiker werden vom Papst nach Rom eingeladen, um über das Verhältnis der Jugend zum Glauben zu sprechen. Drei Schweizer werden Franziskus besuchen – darunter auch der Zuger Jonas Feldmann.

Im Herbst dieses Jahres findet die nächste Bischofssynode in Rom statt, bei der es um das Thema Jugendliche und Glauben gehen soll. Nun aber die Überraschung: Im Vorfeld sollen auf Initiative von Papst Franziskus auch kirchenkritische Jugendliche eine Stimme bekommen.

Neben der gläubigen Theologiestudentin Medea Sarbach aus Fribourg reisen somit am 19. März auch zwei Zentralschweizer nach Rom. Namentlich der Atheist Sandro Bucher aus Ebikon und der Zuger Jonas Feldmann, der sich als kritischer Katholik – und «in der Mitte zwischen beiden Positionen» versteht. Er verrät uns, was er sich von der Reise erhofft – und wieso er dem Papst Desinfektionsmittel mitbringen würde.

Einladung eines ehemaligen Zugers

Die Initiative für die Gesprächswoche sei von einer Kulturkommission des Vatikans ausgegangen, sagt uns Feldmann. Von ihnen wurde Martin Iten, der in der Kommission für Öffentlichkeit und Medien der Schweizer Bischofskonferenz arbeitet, angefragt, passende – kirchenkritische – Kandidaten auszuwählen.

«Ich und Martin Iten kennen uns, da er früher in Oberwil gelebt hat», erzählt der 25-Jährige. Anfangs Januar sei dann, «spontan und ziemlich überraschend», Itens Anfrage gekommen.

Botschaft formulieren

Lange überlegen musste es sich der Zuger aber nicht. «Ich habe mich über die Einladung gefreut.» Nachdem klar gewesen sei, dass es mit der Reise organisationstechnisch klappt – der Medizinstudent befindet sich derzeit im Praktikum – habe er sofort zugesagt.

«Ich denke, dass ich mit meinen liberalen Ansichten die meisten Jugendlichen vertrete.»

Jonas Feldmann

«Offiziell wird nur Medea die Schweiz vertreten, ich und Sandro sind eingeschlossen in die Gesamtheit der kritischen Jugendlichen.» Etwa 300 Jugendliche werden zugegen sein. Am Schluss soll im Hinblick auf die Synode eine Botschaft aus den Themen und Standpunkten formuliert werden, die während der Woche besprochen wurden.

«Die Kirche muss sich für alle Jugendliche öffnen»

Wie hält es Feldmann selbst eigentlich mit dem Glauben? «Ich würde mich als kritischen Katholiken bezeichnen – ich bin auch mit dem katholischen Glauben aufgewachsen. Und mit den Grundwerten wie Nächstenliebe kann ich mich auch identifizieren», erzählt der Medizinstudent.

Zur Person

Jonas Feldmann ist 25 Jahre alt und wohnt in Zug. Neben dem Masterstudium in Medizin an der Universität Zürich ist Feldmann auch im Vorstand der Jungen Alternative Zug.

«Ich habe aber Probleme mit der Haltung der Kirche in diversen Punkten – wenn es beispielsweise um das Frauenbild geht. Oder darüber, dass die Kirche die Beziehung zwischen Unverheirateten oder von Homosexuellen ablehnt. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäss.» Und weiter: «Ich denke, dass ich mit meinen liberalen Ansichten die meisten Jugendlichen vertrete.»

Viele würden austreten, weil sie eine solche Einstellung nicht mit der eigenen Haltung vereinbaren können, ist Feldmann überzeugt. Soll es wieder vorwärtsgehen, müsse die Kirche auch Rücksicht auf ihre Meinung nehmen: «Sie dürfen sich nicht auf den kleinen Prozentsatz von religiösen Jugendlichen versteifen, welche die zum Teil sehr veralteten Dogmen teilen, sondern müssen sich für alle öffnen.»

Nicht nur extreme Standpunkte

Die Gesprächswoche sei schon mal ein guter Anfang. «Ich finde das eine sehr gute Idee, auch weil man nicht nur Fromme einerseits und Atheisten andererseits einlädt, sondern auch Leute wie mich, die keinen extremen Standpunkt vertreten.»

Gardisten bewachen die Eingänge des Apostolischen Palastes im Vatikan.

Gardisten bewachen die Eingänge des Apostolischen Palastes im Vatikan.

(Bild: Katarzyna Artymiak)

Auf das Zusammentreffen mit Jugendlichen aus der ganzen Welt freue er sich sehr. Es werde spannend sein zu sehen, wie unterschiedlich sie alle mit dem Thema Glauben umgehen. «Zur Debatte stand meines Wissens auch, ob Andersgläubige teilnehmen sollen – das wäre sicherlich auch eine interessante Erfahrung.»

Desinfektionsmittel für Franziskus

Was erhofft sich Feldmann von seiner Teilnahme? «Ich weiss natürlich nicht, wie viel ich bewirken kann», sagt der 25-Jährige. Aber da er gezielt eingeladen worden sei und sich auf die Woche vorbereite, erwarte er auch, angehört zu werden. «Ich würde meinen Standpunkt gerne teilen.»

Auch mit dem Papst persönlich? «Zwar wird der Papst am Sonntag und zum Gottesdienst anwesend sein, ob er aber auch Zeit für Einzelgespräche haben wird, weiss ich nicht», erklärt er. Sollte dem so sein, hätte das Kirchenoberhaupt gut 300 Hände zu schütteln. «Vielleicht sollte ich etwas Desinfektionsmittel aus dem Krankenhaus für ihn mitnehmen», lacht Feldmann. Sollte er tatsächlich vor dem Papst stehen, würde er ihm seine Sichtweise gerne klarmachen. «Und vielleicht würde ich ihn dann fragen, wo man in Rom gut Pizza essen kann.»

Seine Haltung gegenüber Franziskus beschreibt der Zuger so: «Ich finde ihn ganz sympathisch und so wie ich das beurteile, steht er nahe bei den Menschen. Initiativen wie diese zeigen, dass sich mit ihm vielleicht auch etwas ändern könnte.»

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