Nach Gerichtsentscheid gegen den «Blick»

Jolanda Spiess-Hegglin: «Das ist das Beste, was mir passieren konnte»

Jolanda Spiess-Hegglin hat vor Obergericht gegen den «Blick» gewonnen – nun will sie noch eine Gewinnherausgabe fordern. (Bild: zvg)

Das Zuger Obergericht hat festgestellt, dass der «Blick» die Persönlichkeitsrechte der ehemaligen Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin verletzt hat. Deshalb bekommt sie eine Genugtuung von 10'000 Franken. Ihr Kampf ist damit aber noch nicht zu Ende.

Jolanda Spiess-Hegglin an diesem Montagmorgen telefonisch zu erreichen ist eine Herausforderung. Alle wollen mit ihr sprechen, nachdem das Zuger Obergericht mitgeteilt hat, dass es zu ihren Gunsten entschieden hat (zentralplus berichtete). Am Telefon klingt die ehemalige Kantonsrätin gelöst – und hochzufrieden über den Entscheid.

Vorgängig war das anders. Während des ganzen Verfahrens hatte Jolanda Spiess-Hegglin ein eher mulmiges Gefühl. «Der Fall wurde stark verpolitisiert. Ich hatte daher immer etwas Angst, wenn ein bürgerliches Richtergremium aus Zug darüber befinden sollte», meint Spiess-Hegglin. Nun habe sich aber gezeigt, dass die Befürchtungen ungerechtfertigt waren.

«Mein Ziel ist es, dass sich die Branche verändert, dass die Medien aus dem Fall lernen und die Arbeitsweise überdenken.»

Jolanda Spiess-Hegglin

Das Richtergremium setzte sich aus Vertretern von CVP und FDP zusammen. Trotzdem werde in der Urteilsbegründung fast schon feministisch argumentiert. Es heisst darin sinngemäss, dass die Einleitung eines Strafverfahrens noch kein öffentliches Interesse rechtfertige. «Das heisst aus meiner Sicht ganz klar, dass jede Frau das Recht hat, ins Spital zu gehen, wenn sie den Verdacht hat, Opfer eines Sexualdelikts geworden zu sein – und zwar ohne damit rechnen zu müssen, dass die Angelegenheit öffentlich diskutiert wird», sagt Spiess-Hegglin.

Vertrauen ins Rechtssystem gestärkt

Während des Untersuchungsverfahrens habe sie einige Male daran gezweifelt, doch jetzt habe sie wieder Vertrauen ins Rechtssystem. «Ich finde es fantastisch, dass sich die Gerichte nicht von Berichterstattungen beeinflussen lassen. Genau so muss es sein.» Sie sei froh, dass bürgerliche Richter ihren Fall beurteilt hätten. «Das heisst, dass sie nicht voreingenommen sein können – das ist das Beste, was mir passieren konnte.»

Ringier-CEO Marc Walder hat sich am Montagmorgen öffentlich bei der Politikerin entschuldigt. Diese Geste nimmt Jolanda Spiess-Hegglin «sehr erfreut» zur Kenntnis. «Das zeigt Grösse», findet sie. Trotzdem hat Spiess-Hegglin vor, den Gewinn, den Ringier mit der Berichterstattung gemacht hat, gerichtlich einzufordern. «Es ist zu viel passiert, dass ich davon absehen könnte. Es geht nicht nur darum, dass ich abschliessen kann. Mein Ziel ist es, dass sich die Branche verändert. Dass die Medien aus dem Fall lernen und die Arbeitsweise überdenken.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von stofe
    stofe, 24.08.2020, 14:20 Uhr

    Hat der Blick schon jeh einmal wahre Begebenheiten gedruckt oder geschrieben? Geht immer nur auf Sensation aus und macht Betroffene kaputt.
    Sonst liest das eine gewisse Bevölkerunggschicht gar nicht. Inzwischen haben sie ja Konkurrenz auf dem Schweizer Markt.
    Wundern wir uns immer noch, dass die Zeitungen aussterben?

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