Herausforderung für Luzerner Kirchen

Jetzt muss die Kirche den Gürtel enger schnallen

Bei der Katholischen Kirche Stadt Luzern gingen die Einnahmen in den vergangenen Jahren zurück und man hat wiederholt Defizite geschrieben. (Bild: AURA)

Immer mehr Leute treten aus den Kirchen aus. Das stellt diese auch vor finanzielle Probleme. Die Kirchgemeinden müssen haushälterischer mit ihren Mitteln umgehen. Doch was passiert eigentlich genau mit unseren Kirchensteuern? 

Nach Ereignissen, welche die Kirche in ein kritisches Licht stellen, häufen sich Kirchenaustritte. Auch die entgegen der katholischen Lehre durchgeführte Segnung eines lesbischen Paares in Bürglen hat in den Medien hohe Wellen geschlagen. Das Bistum Chur möchte Pfarrer Wendelin Bucheli deshalb loswerden – zum Unverständnis vieler Gläubigen, die sich hinter den Geistlichen stellen (zentral+ berichtete).

«Solche Vorkommnisse sind für viele Leute, die eh schon ein distanziertes Verhältnis zur Kirche hatten, der Anlass, tatsächlich auszutreten», sagt Synodalverwalter Edi Wigger von der römisch-katholischen Kirche des Kantons Luzern. Die persönlichen Gründe für einen Kirchenaustritt sind sehr unterschiedlich und müssen dabei auch nicht genannt werden. So unterschiedlich die Motive für einen Austritt auch sein mögen, so ist den Austrittswilligen dennoch gemeinsam, dass sie anscheinend nicht mehr gewillt sind, die Kirchensteuern zu bezahlen (siehe Box).

Steuereinnahmen sind rückläufig

Hohe Kirchensteuer – mehr Austritte?

Mit Ausnahme der Kantone Genf, Neuenburg und Waadt ist in der Schweiz die Kirchenmitgliedschaft an die Kirchensteuerpflicht gebunden. Tritt man aus der Kirche aus, entfällt diese Pflicht. Eine Untersuchung, die 2010 im Rahmen einer Diplomarbeit an der Fachhochschule St. Gallen durchgeführt wurde, kommt zum Schluss, dass die Höhe der Kirchensteuern eine nicht unbedeutende Rolle beim Entscheid spielt, aus der Kirche auszutreten oder nicht. Kirchgemeinden mit einer tiefen Steuerbelastung verzeichnen weniger Austritte, wie die Studie zeigt.

Der Kanton Zug mit seinen sehr tiefen Kirchensteuern zeigt, dass selbst in einer Stadt die Austritte auf einem Niveau bleiben, das sogar niedriger ist als in gewissen Landgemeinden. Hingegen sind die Austrittszahlen nirgends so hoch wie bei den Reformierten in Basel, die gleichzeitig am meisten Kirchensteuern verlangen. Die vergleichbar grosse katholische Kirche der Stadt Luzern hat dagegen bei niedrigen Kirchensteuern auch eine deutlich tiefere Austrittsrate. (Quelle: NZZ) 

Insgesamt konnten die 85 katholischen Kirchgemeinden im Kanton Luzern im Jahr 2013 rund 98 Millionen Franken an Kirchensteuern einnehmen. Im Vergleich dazu: 2005 waren es noch 120 Millionen Franken. Die acht reformierten Kirchgemeinden brachten es 2013 auf insgesamt 16,3 Millionen Franken. Auch deren Einnahmen sind rückläufig – um 10 Prozent im Vergleich zu 2012. Aktuellere Zahlen liegen derzeit noch nicht vor.

Laufen der Kirche nicht nur die Schäfchen, sondern auch die Steuereinnahmen davon? «Die rückläufigen Steuereinnahmen sind eine Folge der Steuergesetzrevisionen des Kantons Luzern», erklärt Wigger. Auch bei der reformierten Kantonalkirche ist es gemäss Stefan Sägesser nicht anders. «Seitens der natürlichen Personen sind die Einnahmen in den vergangenen Jahren mehr oder weniger stabil geblieben», sagt er. Man spüre den Rückgang der Einnahmen lediglich aufgrund der Senkung der Beiträge für Unternehmen.

Kirchgemeinden müssen Gürtel enger schnallen

Sparen sei deshalb immer wieder ein Thema, meint Sägesser weiter. Auch an der kommenden Frühlingssynode im Juni werde wieder darüber diskutiert. «Das ist nicht schlecht», ist er überzeugt. «Es ist ein Anlass, das bisherige Handeln zu überdenken und an die neuen Umstände anzupassen.» Auch die katholische Kirche sieht sich gezwungen, haushälterischer mit ihren Mitteln umzugehen. «Das bekommt man vor allem in der Kirchgemeinden zu spüren», sagt Wigger.

«Die Gesellschaft profitiert letztlich als Ganzes von den Dienstleistungen der Kirche.»
Edi Wigger, Synodalverwalter der römisch-katholischen Kirche des Kantons Luzern

Sowohl bei den Katholiken als auch bei den Reformierten bleiben nämlich rund 90 Prozent der Gelder in den Kirchgemeinden selbst, wie Wigger erklärt. Im Falle der katholischen Kirche machten dies 2013 rund 90 Millionen Franken aus. Dieses Geld fliesst direkt in die Seelsorge, den Unterhalt der Gebäude wie auch die Unterstützung von kirchlichen Vereinen und sozialen Institutionen.

Kirchgemeinde Stadt Luzern im Defizit

«Die Kirchgemeinden und Pfarreien erfüllen vor Ort breit gefächerte und wichtige Aufgaben», sagt Wigger und betont, dass dieses Engagement allen Menschen zukomme, unabhängig von ihrer religiösen oder konfessionellen Zugehörigkeit. «Die Gesellschaft profitiert letztlich als Ganzes von den Dienstleistungen der Kirche.»

Das Beispiel der Katholischen Kirche Stadt Luzern zeigt, wie vielfältig das Geld innerhalb einer Kirchgemeinde eingesetzt wird. Auch hier gingen die Einnahmen in den vergangenen Jahren zurück und man hat wiederholt Defizite geschrieben. «Diese konnten aber dank einer gesunden finanziellen Basis aufgefangen werden», sagt Mediensprecher Urban Schwegler. Umstrukturierungen habe man daher nicht vornehmen müssen.

Im Jahr 2013 hat die Katholische Kirche Stadt Luzern insgesamt gut 29 Millionen für verschiedenste Bereiche ausgegeben. Rund 5,5 Millionen (19 Prozent) wurden dabei in den Bereich «Diakonie, Soziales und Jugend» investiert. Davon gingen auch Beiträge an externe Leistungserbringer, wie etwa eine halbe Million Franken an den Verein kirchliche Gassenarbeit, rund 370’000 Franken an den Verein SOS-Dienst und 65’000 Franken an den Trägerverein des Sentitreffs.

Kein Geld nach Rom

Doch wozu werden die restlichen zehn Prozent der Kirchensteuer, die nicht in den Kirchgemeinden verbleiben, eingesetzt? Bei den Reformierten sind dies rund eineinhalb Millionen, bei den Katholiken gar acht Millionen Franken. «Es fliessen keine Kirchensteuergelder aus Luzern an den Vatikan in Rom», versichert man bei der katholischen Kirche Stadt Luzern. Aber wohin geht das Geld dann?

«Wir müssen uns überlegen, wie wir unsere Finanzen für eine zukunftsfähige Kirche richtig einsetzen.»
Urban Schwegler, Katholische Kirche Stadt Luzern 

«Zwei Millionen fliessen über die Landeskirche ans Bistum Basel und an die römisch-katholische Zentralkonferenz, dem Zusammenschluss aller kantonalen Landeskirchen der Schweiz», erklärt Wigger. Die verbleibenden 6 Millionen Franken erhalte die Synode, also die Landeskirche des Kantons Luzern.

Von diesen werden wiederum rund eine Million für die Aufgaben von Parlament, Regierung und Verwaltung ausgegeben. Weitere 2 Millionen fliessen in die Beratung und Weiterbildung von Pfarreien und Kirchgemeinden und eine halbe Million wird für die Spezialseelsorge für Behinderte, Notfall-, Polizei- und Feuerwehrseelsorge sowie die Hochschulseelsorge ausgegeben. Für Beiträge an Bildungsanstalten, Verbände, karitative und soziale Werke und Projekte werden mehr als 2 Millionen Franken verwendet.

Einstellung gegenüber Religion hat sich verändert

Nicht nur die finanzielle Situation der Kirche habe sich im Laufe der Zeit verändert, betont Schwegler von der katholischen Kirche Stadt Luzern. «Die Gesellschaft hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten stark gewandelt, und damit auch die Einstellung der Menschen zu Religion und Kirche.» Man versuche, mit einer aktiven Seelsorgeplanung auf gesellschaftliche Veränderungen zu antworten. «Wir müssen uns überlegen, wie wir unser Personal, unsere Gebäude und unsere Finanzen für eine zukunftsfähige Kirche richtig einsetzen.»

Geht die Kirche mit ihren Steuereinnahmen haushälterisch genug um? Nutzen Sie die Kommentarfunktion und teilen Sie uns Ihre Meinung mit!

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