Jetzt müssen Flüchtlinge aus der Ukraine ihre Autos verkaufen
:focal(50x50:51x51)/www.zentralplus.ch/wp-content/uploads/2023/01/ukraine_fluechtlinge_symbolbild-scaled.jpeg)
Ein Jahr nach der Einreise in die Schweiz wird das Vermögen von ukrainischen Flüchtlingen neu berechnet. Wer ein Auto besitzt und Sozialhilfe bezieht, muss es nun verkaufen. Dafür setzt der Kanton Luzern den Ukrainern eine sportliche Frist.
«Es führt zu grossem Unmut in der Bevölkerung, wenn Flüchtlinge mit dem SUV herumfahren und gleichzeitig Sozialhilfe erhalten.» Mit dieser Aussage im «Blick» eckte der Luzerner Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf an. Später doppelte er nach, indem er meinte, dass ukrainische Flüchtlinge gar nach Botoxbehandlungen gefragt hätten.
Wie viele von ihnen tatsächlich ein Auto besitzen und nach Botoxspritzen fragten – oder eben nicht–, zeigte eine Antwort der Regierung auf eine eingereichte Anfrage von Grüne-Kantonsrat Urban Frye. Dieser betitelte Grafs Aussagen als «populistisch» (zentralplus berichtete).
Von den 2760 Personen mit Schutzstatus S, die bei der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen registriert sind, beziehen rund 2710 Personen Sozialhilfe. Insgesamt besitzen gerade einmal 141 ein Auto – also rund 4 Prozent aller Ukrainerinnen. 40 von ihnen haben ein Fahrzeug «der gehobenen Klasse», von denen 36 wirtschaftliche Sozialhilfe bekommen (zentralplus berichtete).
Beim Ehering drückt der Kanton Luzern ein Auge zu
Doch nun nimmt der Kanton das Vermögen der ukrainischen Flüchtlinge genauer unter die Lupe. Ein Jahr nach Einreise in die Schweiz werden die Vermögenswerte von Personen mit Schutzstatus S neu berechnet. Sprich: die Geflüchteten müssen ihren Anspruch auf Sozialhilfe erneut geltend machen. So schreibt es das Gesetz vor. Zum Vermögen zählen auch Autos. Aber auch alle «beweglichen Vermögenswerte, welche sich in der Schweiz befinden». Die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) des Kantons Luzern ergänzt auf Anfrage von zentralplus: «Dazu gehört auch beispielsweise teurer Schmuck, Uhren etc., wobei persönliche Gegenstände wie Eheringe nicht betroffen sind.»
Sofern diese Vermögenswerte den Freibetrag von 4000 Franken pro Person übersteigen, ordnet die DAF an, dass diese verwertet werden müssen. Bei Familien liegt der Freibetrag bei 10'000 Franken.
«Je nach Wert oder eben Erlös wird die Sozialhilfe dann für eine bestimmte Zeit sistiert», so die DAF. Kommen die Ukrainer der Aufforderung nicht nach, berechnet der Kanton den «geschätzten Wert für die Berechnung des Anspruchs».
Mehr als 100 Ukrainerinnen müssen ihre Autos verkaufen
Ist ein Auto also mehr wert als dieser Freibetrag, müssen es ukrainische Flüchtlinge verkaufen. Die DAF geht davon aus, dass dies bei den meisten der registrierten 140 Fahrzeuge der Fall sein wird. Für den Verkauf setzt der Kanton eine Frist von einem Monat.
«Für die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen zählt, dass die betreffenden Personen die Verkaufsbemühungen nachweisen können.»
Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
Ein gebrauchtes Auto innerhalb eines Monats zu verkaufen – das klingt sportlich. Zumal Zahlen des Marktbeobachters «auto-dat-i» zeigen, dass in der Schweiz im Durchschnitt 77 Tage vergehen, bis ein Occasionsauto eine neue Käuferin findet.
Wie rechtfertigt die DAF diese Frist? Es könne «durchaus vorkommen», antwortet diese, dass ein Auto nicht innerhalb eines Monats verkauft werden könne. «Für die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen zählt, dass die betreffenden Personen die Verkaufsbemühungen nachweisen können. Es wird dann jeder Fall einzeln beurteilt.»
- Schriftlicher Austausch mit der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen Luzern
- Interpellation von Urban Frye
- Antwort der Regierung auf die Interpellation
- Zahlen von auto-dat-i
- Artikel im «Blick»
Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.