Vermögen wird neu berechnet

Jetzt müssen Flüchtlinge aus der Ukraine ihre Autos verkaufen

Vor rund einem Jahr flüchteten die ersten Menschen aus der Ukraine in die Schweiz. (Bild: Adobe Stock)

Ein Jahr nach der Einreise in die Schweiz wird das Vermögen von ukrainischen Flüchtlingen neu berechnet. Wer ein Auto besitzt und Sozialhilfe bezieht, muss es nun verkaufen. Dafür setzt der Kanton Luzern den Ukrainern eine sportliche Frist.

«Es führt zu grossem Unmut in der Bevölkerung, wenn Flüchtlinge mit dem SUV herumfahren und gleichzeitig Sozialhilfe erhalten.» Mit dieser Aussage im «Blick» eckte der Luzerner Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf an. Später doppelte er nach, indem er meinte, dass ukrainische Flüchtlinge gar nach Botoxbehandlungen gefragt hätten.

Wie viele von ihnen tatsächlich ein Auto besitzen und nach Botoxspritzen fragten – oder eben nicht–, zeigte eine Antwort der Regierung auf eine eingereichte Anfrage von Grüne-Kantonsrat Urban Frye. Dieser betitelte Grafs Aussagen als «populistisch» (zentralplus berichtete).

Von den 2760 Personen mit Schutzstatus S, die bei der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen registriert sind, beziehen rund 2710 Personen Sozialhilfe. Insgesamt besitzen gerade einmal 141 ein Auto – also rund 4 Prozent aller Ukrainerinnen. 40 von ihnen haben ein Fahrzeug «der gehobenen Klasse», von denen 36 wirtschaftliche Sozialhilfe bekommen (zentralplus berichtete).

Beim Ehering drückt der Kanton Luzern ein Auge zu

Doch nun nimmt der Kanton das Vermögen der ukrainischen Flüchtlinge genauer unter die Lupe. Ein Jahr nach Einreise in die Schweiz werden die Vermögenswerte von Personen mit Schutzstatus S neu berechnet. Sprich: die Geflüchteten müssen ihren Anspruch auf Sozialhilfe erneut geltend machen. So schreibt es das Gesetz vor. Zum Vermögen zählen auch Autos. Aber auch alle «beweglichen Vermögenswerte, welche sich in der Schweiz befinden». Die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) des Kantons Luzern ergänzt auf Anfrage von zentralplus: «Dazu gehört auch beispielsweise teurer Schmuck, Uhren etc., wobei persönliche Gegenstände wie Eheringe nicht betroffen sind.»

Sofern diese Vermögenswerte den Freibetrag von 4000 Franken pro Person übersteigen, ordnet die DAF an, dass diese verwertet werden müssen. Bei Familien liegt der Freibetrag bei 10'000 Franken.

«Je nach Wert oder eben Erlös wird die Sozialhilfe dann für eine bestimmte Zeit sistiert», so die DAF. Kommen die Ukrainer der Aufforderung nicht nach, berechnet der Kanton den «geschätzten Wert für die Berechnung des Anspruchs».

Mehr als 100 Ukrainerinnen müssen ihre Autos verkaufen

Ist ein Auto also mehr wert als dieser Freibetrag, müssen es ukrainische Flüchtlinge verkaufen. Die DAF geht davon aus, dass dies bei den meisten der registrierten 140 Fahrzeuge der Fall sein wird. Für den Verkauf setzt der Kanton eine Frist von einem Monat.

«Für die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen zählt, dass die betreffenden Personen die Verkaufsbemühungen nachweisen können.»

Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen

Ein gebrauchtes Auto innerhalb eines Monats zu verkaufen – das klingt sportlich. Zumal Zahlen des Marktbeobachters «auto-dat-i» zeigen, dass in der Schweiz im Durchschnitt 77 Tage vergehen, bis ein Occasionsauto eine neue Käuferin findet.

Wie rechtfertigt die DAF diese Frist? Es könne «durchaus vorkommen», antwortet diese, dass ein Auto nicht innerhalb eines Monats verkauft werden könne. «Für die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen zählt, dass die betreffenden Personen die Verkaufsbemühungen nachweisen können. Es wird dann jeder Fall einzeln beurteilt.»

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5 Kommentare
  • Profilfoto von Franz
    Franz, 03.04.2023, 08:48 Uhr

    Diese UA-Autos kauft niemand in der Schweiz, weil sie erstens verzollt werden müssten. Zweitens müssten sie eine MFK bestehen. Der Markt für diese Autos ist in Polen, wo sie von Ukrainern gekauft und natürlich zollfrei zurück in die UA importiert werden.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 03.04.2023, 15:49 Uhr

      Oleg verkauft das Auto seinem Bruder, Artjom der Cousine. Für kein Geld. Gegen Quittung. Was will man denn da kontrollieren?

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 03.04.2023, 08:19 Uhr

    KR Frye hat ja sein altes Auto unlängst in der Ukraine entsorgt. Er kauft vielleicht gerne ein schickeres, wenn es denn günstig ist.

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    • Profilfoto von Hans Hafen
      Hans Hafen, 03.04.2023, 11:16 Uhr

      Für den Weg (Canossa-Gang) nach Rigi-Bergsonne sollte es allerdings ein 4×4 sein.

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      • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
        Marie-Françoise Arouet, 03.04.2023, 11:43 Uhr

        Da gibt es noch ganz andere Gänge durch schwieriges Gelände. Die Reise ist noch nicht zu Ende.

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