Sanierung Luzerner Hirschmattquartier ist zu Ende

Jetzt gibts Bäume statt Baulärm – ein Quartier atmet auf

Die Bauarbeiten im Quartier sind fast beendet, nun folgt der Schlussspurt. Dazu gehört unter anderem das Pflanzen der Bäume.

(Bild: Alfons Gut)

Ganze Strassenzüge wurden aufgerissen, bis 23 Uhr waren Bagger und Walzen im Einsatz, Hunderte Parkplätze fielen weg. Doch Ende Woche endet der Ausnahmezustand im Hirschmattquartier, die Gesamtsanierung ist fast abgeschlossen. zentralplus zieht mit den Verantwortlichen und Anwohnern Bilanz – mit erstaunlichem Resultat.

Bald ist’s geschafft. Diesen Freitag enden die Hauptarbeiten am 23-Millionen-Franken-Projekt Gesamterneuerung Hirschmatt. Auf der Dornacherstrasse, dem letzten zu sanierenden Strassenabschnitt, sind die Abschlussarbeiten in vollem Gang. «Wir sind gut im Zeitplan, und auch die Kosten haben wir im Griff», sagt Roger Schürmann, der seitens der Stadt das Projekt leitet.

Kurz, aber heftig

Seit 2015 werden im Quartier die veralteten unterirdischen Abwasser-, Wasser-, Gas- und Stromleitungen ersetzt. Dabei lässt die Stadt auch gleich die Oberflächen neu gestalten: Nur noch Längs- statt Querautoparkplätze, bessere Velowege, sicherere Kreuzungen, mehr Grünzeug.

Für die betroffenen Anwohner sowie die Laden- und Büromieter war die ganze Aktion kein Zuckerschlecken. Denn die jeweiligen Strassenzüge wurden – erstmals in Luzern – für den gesamten Verkehr gesperrt, komplett aufgerissen, die Rohre erneuert und dann wieder zugeschüttet. Und das mit vollem Einsatz: 30 bis 35 Arbeiter waren in Spitzenzeiten pro Schicht im Einsatz, und dies im Zweischichtbetrieb von morgens 6 Uhr bis abends 23 Uhr plus an den Samstagen von 7 bis 17 Uhr.

Impressionen von der Gesamtsanierung Hirschmatt (Bild: Stadt Luzern).

Bis 23 Uhr wurde unter der Woche im Hirschmattquartier gearbeitet (Bild: Stadt Luzern).

Bisher verzichtete man in Luzern wegen des grossen logistischen und planerischen Aufwands auf diese «intensive Bauweise». Schürmann erklärt: «Hätten wir die Arbeiten auf herkömmliche Weise erledigt, hätten sie insgesamt fünf bis sechs Jahre gedauert – anstatt zwei verlängerte Sommerhalbjahre wie nun.» Herkömmlich heisst: Immer nur eine Seite der Strasse bearbeiten, bei einspurigem Verkehr, mit nur einer Schicht, weniger gleichzeitig im Einsatz stehenden Arbeitern und ohne Samstagsarbeit.

Einschränkungen für Anwohner

Für die Anwohner bedeutete dies: Viel Lärm, Staub und eine oft schwierige oder gar verunmöglichte Erreichbarkeit ihrer Liegenschaften per Auto. «Teilweise musste ich das Büro wegen des Lärms verlassen», sagt eine Geschäftsfrau gegenüber zentralplus. Zu telefonieren oder Sitzungen abzuhalten, sei zwischenzeitlich nicht mehr möglich gewesen. Aussagen wie diese hört man viele, wenn man sich bei den Anwohnern umhört. Jedoch überwiegt das Verständnis. So sagt die Geschäftsfrau stellvertretend für viele: «Die Sanierung war nötig, und weil sie gut kommuniziert wurde und die Einschränkungen nicht zu lange gedauert haben, sind wir insgesamt zufrieden, wie es gelaufen ist.»

Impressionen von der Gesamtsanierung Hirschmatt (Bild: Stadt Luzern).

Strassen aufreissen direkt vor der Haus- oder Bürotür – im Hirschmattquartier gehört das nun der Vergangenheit an (Bild: Stadt Luzern).

300 Anrufe in 10 Monaten

Dieses Lob nimmt Roger Schürmann gerne entgegen. Er und sein Team, unter anderem Gesamtprojektleiter Thomas Kieliger und Chefbauleiter Roland Waldis, waren in den letzten zwei Jahren fast rund um die Uhr für die Anliegen der Anwohner da. «Allein in diesem Jahr gingen auf unserer Hotline fast 300 Anrufe ein», erzählt Schürmann. Dabei sei es hauptsächlich um die Zu- und Wegfahrt zu den teils gesperrten Liegenschaften mit dem Auto gegangen. Etwa, wenn die Bewohner während der Bauzeit zügeln mussten. Rund hundert Anfragen betrafen alleine diesen Punkt. Ein anderes wichtiges Thema war laut Schürmann die Frage, wo man die Güselsäcke abstellen konnte.

Oberbauleiter Roger Schürmann ist seitens der Stadt für das Projekt verantwortlich (Bild: lwo).

Oberbauleiter Roger Schürmann ist seitens der Stadt für das Projekt verantwortlich (Bild: lwo).

«Wo immer möglich, haben wir versucht, auf die Anliegen der Anwohner einzugehen», versichert Schürmann. So etwa bei der Handels- und Kaderschule Seitz an der Winkelriedstrasse. Dort fanden ausgerechnet während der lärmigsten Bauzeit an 15 Tagen Prüfungen der Absolventen statt. «Dank einem guten Austausch konnte die Schule die Prüfungen in ruhigere Zimmer verlegen. Zudem haben wir ihr einmal Ersatzräume im EWL-Hauptsitz zur Verfügung gestellt.» Ein weiteres Beispiel: Der Blumenladen am Kauffmannweg beim Helvetiaplatz insistierte, weil die intensivste Bauphase ausgerechnet im umsatzstarken Frühjahr vor seiner Haustür stattgefunden hätte. «Deshalb haben wir uns umorganisiert», sagt Schürmann.

17 Bäume mehr als vorher

Bis Mitte November pflanzt die Stadt im Hirschmattquartier 37 neue Bäume (hier gehts zum detaillierten Plan). Das sind laut dem Verantwortlichen Roger Schürmann 17 Bäume mehr als vorher. Doch warum wurden die ganzen Strassenzüge bereits zuasphaltiert, ohne Auskragungen für das Grünzeug? Das verursacht doch nur wieder Lärm beim Ausbuddeln der Baumtröge? «Wir haben vor dem Asphaltieren an den betreffenden Stellen 1,5 mal 1,5 Meter grosse Betontöpfe installiert. Diese müssen nun zwar wieder freigelegt werden. Jedoch geht es so schneller, es ist weniger umständlich und auch qualitativ die beste Lösung.»

Laut dem städtischen Projektverantwortlichen sind unter dem Strich sogar mehr positive als negative Rückmeldungen eingetroffen. «Sicher auch, weil wir schon ein Jahr im Voraus informiert und stets das Gespräch mit den Betroffenen gesucht haben.»

«Da muss ich der Stadt ein Kränzchen winden»

Das tönt jetzt alles etwas gar nach Friede-Freude-Eicherkuchen. Doch auch bei der City-Vereinigung Luzern und dem Quartierverein Hirschmatt-Neustadt gibt’s gute Noten für die Verantwortlichen. «Da muss ich der Stadt ein Kränzchen winden, die haben das sehr gut organisiert und die Beteiligten umfassend informiert und abgeholt», lobt City-Vereinigungs-Präsident Franz Stalder. Zwar hätten einige Geschäfte teils empfindliche Umsatzeinbussen hinnehmen müssen. «Vor allem die Restaurants mit Terrasse waren betroffen», weiss Stalder. Aber die allermeisten hätten eingesehen, dass die Arbeiten an den teils über 100-jährigen Leitungen nötig waren.

Etwas grüner, ohne Querparkplätze, dafür mit durchgehenden Velostreifen: Die Dornacherstrasse vor dem Umbau (oben) und so, wie sie gemäss Visualisierung danach aussehen soll (Bilder: Stadt Luzern).

Etwas grüner, ohne Querparkplätze, dafür mit durchgehenden Velostreifen: Die Dornacherstrasse vor dem Umbau (oben) und so, wie sie gemäss Visualisierung danach aussehen soll (Bilder: Stadt Luzern).

Genau gleich wie Stalder sieht das Markus Schmid, Co-Präsident des Quartiervereins Hirschmatt-Neustadt: «Wir ziehen eine sehr positive Bilanz. Die Stadt ging auf viele unserer Wünsche ein.» Das mit den Umsatzeinbussen sei zwar unschön. Aber einige Ladenbesitzer seien dadurch kreativ geworden: So hätten sich zwei Kleiderläden während der ärgsten Bauzeit ausgeholfen, indem einer die Artikel des anderen vorübergehend ins Sortiment aufnahm, damit der andere schliessen und Ferien machen konnte. «Aber wir sind natürlich nun alle froh, dass es endlich vorbei ist», sagt Schmid.

Vögeligärtli-WC fehlt noch

Wobei: Ganz vorbei sind die Arbeiten noch nicht. Noch bis 23. Dezember werden diverse Veloparkplätze mit Velobügeln versehen, die Baubaracken abgebaut und einige Parkplätze neu gestaltet. Vom 14. Dezember bis 23. Dezember wird an der Frankenstrasse beim Vögeligärtli zudem endlich das langersehnte öffentliche WC gebaut (hier gehts zum Artikel). Und, darauf freuen sich viele Quartierbewohner, auch die allesamt gefällten Bäume werden ersetzt sowie neue gepflanzt, und zwar bis Mitte November (siehe Box).

So wurden und werden die Bäume in die vorverlegten Betontröge verpflanzt (Bilder: Alfons Gut).

So wurden und werden die Bäume in die vorverlegten Betontröge verpflanzt (Bilder: Alfons Gut).

Und fast ein Jahr später, im Herbst 2017, folgt auf den Strassen noch der letzte Belag. «Dies ist nötig, weil sich das aufgefüllte Erdreich unter der neuen Asphaltschicht noch im Zentimeterbereich absenken kann», weiss Schürmann. Würde der letzte Deckbelag schon jetzt aufgetragen, könnte sich dieser also senken – und die Strassenabschnitte müssten danach bereits wieder repariert werden.

Das ist der Fahrplan für das Feintuning an den Trottoirs im Hirschmattquartier. Ende Oktober wird auch auf dem letzten Abschnitt, der Dornacherstrasse, alles fertig sein (Grafik: Stadt Luzern).

Das ist der Fahrplan für das Feintuning an den Trottoirs im Hirschmattquartier. Ende Oktober wird auch auf dem letzten Abschnitt, der Dornacherstrasse, alles fertig sein (Grafik: Stadt Luzern).

(Bild: zVg)

Parkplatzchaos? Fehlanzeige

Überraschend gut hat laut Schürmann auch die Sache mit den Parkplätzen funktioniert. Obwohl wegen der Baustelle teilweise weit mehr als 100 der öffentlichen Parkplätze wochenlang nicht zur Verfügung standen, erhielt Schürmann deswegen kaum Reklamationen. Und das, obwohl die Parkplatzsuche zu gewissen Zeiten schon vor den Bauarbeiten einigermassen schwierig war. «Wir haben im Bereich Inseli 120 Parkplätze als Ersatz angeboten. Diese wurden jedoch kaum benutzt.» Offenbar hätten die Autofahrer vermehrt die Parkhäuser in Beschlag genommen. Besser ausgelastete Parkhäuser statt Suchverkehr in den Quartieren – genau in diese Richtung soll es laut Stadt eh gehen.

Parkplatzabbau endete vor Gericht

Unter dem Strich sind mit den Sanierungs- und Aufwertungsarbeiten im Hirschmattquartier 76 öffentliche Parkplätze dauerhaft liquidiert worden. Hauptsächlich weil sämtliche Querparkplätze durch Längsparkplätze ersetzt wurden. Zwar haben über 20 Personen gegen diesen Abbau Einsprache erhoben. Begründung: Dieser Eingriff verstosse gegen die Handels- und Gewerbefreiheit. Doch das Gericht liess sie abblitzen und gab der Stadt recht.

Offen ist noch, ob das privat geführte Parkhaus Hirzenmatt an der Winkelriedstrasse um 36 Parkplätze ausgebaut wird. Quasi als Teilkompensation. «Die Stadt hat dafür die Voraussetzungen geschaffen. Jetzt liegt der Ball bei den Eigentümern, die wir so gut wir können beim Bewilligungsprozess unterstützen», sagt Schürmann.

Hinweis: Mehr Bilder von den Bauarbeiten finden Sie hier oder auf der Webseite der Stadt:

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