Lach-Yoga im zentralplus-Test

Jaulen, grölen und grunzen, bis es wehtut

Bei der Meditation am Ende des Lach-Yoga-Kurses abzuschalten, fällt nicht allen leicht. (Bild: azi)

Kann man Muskelkater im Gesicht bekommen? Bekommt man vom regelmässigen Lachen ein Sixpack? Zentralplus hat den Test gemacht und sich ins Lach-Yoga begeben. So viel vorweg: Zwei Stunden durchzuhalten ist schon beinahe körperliche Schwerstarbeit.

Lachen ist gesund, so heisst es im Volksmund, und so wird es auch von Bundespräsident Johann Schneider-Amman propagiert. Auch immer mehr Studien belegen den positiven Einfluss des Lachens auf die körperliche und psychische Gesundheit. Es soll wie ein Heilmittel wirken – und ist erst noch gratis. Doch mit ein bisschen «Ho, ho, ha, ha, ha» ist es nicht getan, weiss die ausgebildete Lachtrainerin Susanne Koller-Berner. Vor dreizehn Jahren hat sie deshalb den Lachclub Zentralschweiz ins Leben gerufen und bietet regelmässig Lach-Yoga-Kurse an. Was ist von einem solchen Kurs zu erwarten? Was für Leute sind das, die sich treffen, um gemeinsam zu lachen? Und vor allem: Was hat Lachen mit Yoga zu tun?

«Das muss man erlebt haben, um darüber schreiben zu können», sagt Koller. Zentralplus hat sich darauf eingelassen. Schlimmer als das Nackt-Yoga kann es ja nicht werden, denken wir uns, während wir uns zu dritt auf den Weg nach Merlischachen SZ machen. Dort treffen sich nämlich immer am ersten Montag des Monats Lach-Yoga-Fans aus der ganzen Zentralschweiz. Knapp zwei Stunden wird der Kurs dauern. Wir sind gespannt.

«Letztlich habe ich noch jeden rumgekriegt.»
Susanne Koller-Berner, Lachtrainerin

In der Aula des Schulhauses Merlischachen werden wir von Susanne Koller-Berner empfangen – mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Das Lach-Yoga scheint jung zu halten, denn dass die Lachtrainerin bereits 70-jährig ist, sieht man ihr nicht an. Auch ihr Verhalten passt so gar nicht zum Klischee der alten Dame.

Hat ihr Leben seit 13 Jahren dem Lach-Yoga verschrieben: Lach-Therapeutin Susanne Koller-Berner.

Hat ihr Leben seit 13 Jahren dem Lach-Yoga verschrieben: Lach-Therapeutin Susanne Koller-Berner.

(Bild: azi)

Nach und nach füllt sich die Aula. Wir ziehen den Altersdurchschnitt dabei nach unten, beschliessen aber dennoch, uns unvoreingenommen auf die kommenden Stunden einzulassen. Einige der Besucher kennen sich bereits, andere sind zum ersten Mal dabei.

Männer sind Mangelware

Nach Männern sucht man unter den Kursteilnehmerinnen übrigens vergeblich. «Männer haben generell mehr Mühe damit, aus sich herauszukommen», erzählt Koller, als wir sie darauf ansprechen. Die Lachtrainerin gibt regelmässig Seminare für verschiedene Unternehmen und Institutionen. Von Banken über Versicherungen bis hin zu Samaritervereinen – immer wieder habe sie die Erfahrung gemacht, dass Männer zu Beginn skeptisch seien und sich in den Ecken «verkriechen» würden. «Aber letztlich habe ich noch jeden rumgekriegt», lacht sie. Gut, dass wir einen Mann mitgebracht haben, um uns davon zu überzeugen.

«Lachen, das ist soziale Kommunikation, die das Selbstvertrauen und den Mut fördert, auf andere Menschen zuzugehen.»
Susanne Koller-Berner, Lachtrainerin

Als insgesamt 15 Personen anwesend sind, kann der Kurs beginnen. Oder zumindest fast. Denn vorerst erklärt die Lachtrainerin, warum wir uns heute Abend dem Lach-Yoga widmen und was es uns längerfristig bringen soll. Um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, sei es nämlich wichtig, zu verstehen, was das Lachen mit uns macht, und es gezielt in den Alltag zu integrieren. Denn Lachen ist nicht nur die natürlichste Sache der Welt, sondern auch eine Wissenschaft. «Gelotologie» nennt sich das Fachgebiet, das die positiven Auswirkungen des Lachens auf Körper und Seele untersucht.

Aussergewöhnliche Yoga-Angebote in Luzern

Yoga basiert auf einer indischen Philosophie und verbindet geistige mit körperlichen Übungen. Es gibt viele verschiedene Formen des Yoga, oft mit einer eigenen Philosophie und Praxis. Auch in Luzern sind die Angebote vielfältig. Zentralplus wird in loser Folge ausgefallene Yoga-Arten aus der Region testen und darüber berichten. Lesen Sie hier, wie es im Nackt-Yoga und im Sauna-Yoga zu und her geht.

Lachen zur Selbstheilung

«Lachen lässt die Lebensenergie wieder ungehindert fliessen und führt so zu innerer Kraft, Ausgeglichenheit und Heiterkeit», erklärt Koller. Es gehe darum, das innere – bei vielen Erwachsenen unterdrückte – Kind zu befreien, um unbeschwerter durchs Leben zu gehen. «Wir alle hier tragen tagtäglich unsere Bürden mit uns herum», so die Lachyoga-Therapeutin. «Und heute lassen wir diese fallen.»

Von der Gesichts- bis zur Atemmuskulatur seien es insgesamt über hundert Muskeln, die am Lachprozess beteiligt sind. Man beginnt, tiefer zu atmen, das Herz-Kreislauf-System wird angeregt und der Körper wird mit Sauerstoff versorgt. Beim Lachen wird im Gehirn die Produktion von Stresshormonen wie Adrenalin und Kortison gebremst, während vermehrt Serotonin, also Glückshormone, wie auch körpereigene Schmerzmittel, sogenannte Endorphine, ausgeschüttet werden.

«Damit fördert das Lachen die natürlichen Selbstheilungsprozesse des Körpers und wirkt hervorragend gegen Depressionen und Angst», erklärt Koller weiter. Lachen erlaube es, Probleme aus einer gewissen Distanz und aus einem anderen Blickwinkel wahrzunehmen. Besonders wichtig ist Koller zudem das Gruppenerlebnis im Lach-Yoga. «Lachen, das ist soziale Kommunikation, die das Selbstvertrauen und den Mut fördert, auf andere Menschen zuzugehen.»

Körperliche Schwerstarbeit

Alles, was es braucht, um diese Kettenreaktion an positiven Wirkungen auszulösen, sind Anreize. Und diese will uns die Lachyoga-Trainerin nun liefern. So viel vorweg: Zwei Stunden lang zu lachen, das ist quasi körperliche Schwerstarbeit. Und ja, Susanne Koller hat auch unsere männliche Begleitung rumgekriegt. Nicht mitzumachen ist tatsächlich ein Ding der Unmöglichkeit – hier der Fotobeweis.

Es braucht ein bisschen Zeit, um aus sich herauszukommen, aber das Eis ist schnell gebrochen.

Es braucht ein bisschen Zeit, um aus sich herauszukommen, aber das Eis ist schnell gebrochen.

(Bild: azi)

Wie vor dem Sport üblich, beginnen wir mit ein paar Aufwärm- und Dehnübungen. Danach geht’s weiter mit ein paar «Trockenübungen», mit viel «ho, ho, ha, ha, ha» und Händegeklatsche. Noch sind wir von einem herzlichen Lachen weit entfernt, was wir tun, wirkt gekünstelt – hebt die Laune aber zugegebenermassen bereits etwas an, weil es einfach irgendwie dumm und komisch ist (siehe Video).

Lachen ist nicht gleich Lachen, das erkennen wir schnell. Nachdem der «Lachmotor» angeworfen wurde, werden verschiedenste Lacharten geübt: vom verlegenen über das resignierte bis  hin zum – für uns bisher unbekannten – Wolfslachen. Die Intensität steigert sich allmählich. Auch die Übungen werden anspruchsvoller. So beispielsweise, als wir uns jeweils zu zweit gegenüberstellen, um uns dabei gegenseitig auszulachen. Ausgelacht zu werden und gleichzeitig das gegenüber auszulachen, führt zu einem Wirrwarr der Gefühle.

Plötzlich macht es «klick»

Auch über sich selbst zu lachen, ist zu Beginn gar nicht so einfach, vor allem nicht auf Knopfdruck. Doch irgendwann macht es einfach «klick»: nicht denken, einfach lachen. Darum geht es hier schliesslich. Und schon fühlt sich alles irgendwie gut und befreiend an. Es braucht immer weniger Überwindung, wir lachen laut heraus – und plötzlich wird der Kurs quasi zum Selbstläufer: Man kann gar nicht mehr aufhören damit. 

Nach einer Zeit stellen wir fest, dass das Wort Lachkrampf nicht von ungefähr kommt. Kann man Muskelkater im Gesicht bekommen? Bekommt man vom regelmässigen Lach-Yoga ein Sixpack? Fragen, die wir uns während der Pause in der Halbzeit des Kurses stellen. Könnte durchaus möglich sein, da sind wir uns einig. Denn: Was Lachen mit unserem Körper anstellt, ist nicht zu unterschätzen. Man kann sich auspowern, entspannt sich gleichzeitig und bekommt Unmengen an Energie. Diese Energie liess mich an jenem Abend noch bis halb zwei Uhr nachts wach im Bett liegen.

Ein Gefühl der Vertrautheit

Auch wenn die Situationen aus der Luft gegriffen sind, helfen die Übungen dabei, sich selbst weniger ernst zu nehmen. Die Folge: Man kann immer offener auf die anderen Kursteilnehmer zugehen, ohne dabei Angst haben zu müssen, sich lächerlich zu machen. Sich während dem Lachen gegenseitig in die Augen zu schauen, ist ein intimer Moment, der durch die Tatsache, dass man hier Fremden gegenübersteht, noch verstärkt wird. Man fühlt sich mit ihnen verbunden und irgendwie vertraut, obwohl man sich gar nicht kennt.

So erstaunt es auch nicht, dass man zwischendurch immer wieder etwas Persönliches von den Kursteilnehmerinnen erfährt. Über Depressionen wird gesprochen, darüber, wie hart es manchmal ist, den Alltag zu bewältigen und sich dabei gut zu fühlen. Doch die positive Energie im Raum kann dadurch nicht überschattet werden. Es wird klar, dass viele ins Lach-Yoga gehen, um Kraft zu tanken. Und es scheint tatsächlich zu funktionieren.

Lauter und schräger als sonst

Wie auch im herkömmlichen Yoga üblich, endet der Kurs mit einer Meditation. Wir legen uns auf Matten, das Licht wird gelöscht, und wir konzentrieren uns auf die Atmung. Plötzlich beginnt jemand zu lachen. Nach und nach steigen andere ein. Dann wird es wieder still. Und dann beginnt wieder jemand, bis alle anderen einfach nicht anders können, als mitzulachen. Kaum haben sich die einen wieder beruhigt, beginnen die anderen wiederum damit – frei heraus, ein ehrliches und ungezwungenes Lachen, eine gute Viertelstunde lang. Was am Ende bleibt, ist ein gutes Gefühl, das auch am nächsten Tag noch nicht verschwunden ist. Wir lachen nämlich ungezwungen weiter – und das etwas lauter und schräger als sonst.

Wer sich noch immer nicht ganz davon überzeugen konnte, wie wichtig Lachen für die Gesundheit ist, dem erklärt es Bundespräsident Johann Schneider-Amman in seiner Videoansprache:

Yoga ist im Trend – und die Angebote teilweise ausgefallen. Lesen Sie hier, wie es im Nackt-Yoga und im Sauna-Yoga zu und her geht.

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