Mehr Elektroautos auf den Zuger Strassen unterwegs

«Irgendwie ist man immer am Tanken»

Schwärmt für seinen Stromer: Thomas Balli beim E-Tanken.

(Bild: woz)

Erneuerbare Energien sollen künftig den Ton angeben. Im Verkehr macht sich diese Trendwende mit immer mehr Elektroautos langsam auch auf Zugs Strassen bemerkbar. Doch wie alltagstauglich sind E-Autos? zentralplus ist mitgefahren.

Das ist echt der helle Wahnsinn! Wenn es der Zuger Thomas Balli eilig hat, drückt er einfach die «Wahnsinntaste» auf dem Touchscreen seines Elektroautos. Er warnt mich noch. «Lehnen Sie am besten den Kopf gegen die Nackenstütze und halten Sie den Fotoapparat fest.» Und schon macht der Tesla Sport S des Zugers wie eine Raubkatze einen gewaltigen Satz nach vorne und frisst den Asphalt gierig in sich rein ­– wie ein Löwe in der Savanne, der tagelang nichts zwischen den Zähnen hatte. Uff!

Nach dieser beeindruckenden Vorführung, bei der das Gefährt innerhalb von 3,1 Sekunden auf 100 Stundenkilometer katapultiert wird, drückt Balli wieder die Sporttaste. Der Tesla gleitet nun sanft und fast geräuschlos durch die Kurven. «Es ist fantastisch, die konstante Ruhe beim Fahren», schwärmt der E-Automobilist, der vorher einen Porsche Panamera 4 S sein Eigen nannte.

Er ist überzeugt, sich mit seinem Elektroauto nun viel entspannter und unangestrengter auf den Strassen fortzubewegen. «Ganz zu schweigen vom totalen Musikgenuss oder von Gesprächen im Auto – die vom Motorenlärm nicht gestört werden.» Man gewöhne sich relativ schnell an diese Ruhe, doch diese werde ihm jeweils auch wieder bewusst, wenn Freunde mitfahren und ganz erstaunt meinen: «Ui, das Auto fährt ja schon.»

«Es macht einfach Spass.»

Thomas Balli, Tesla-Fahrer

Doch diese angenehme Geräuschlosigkeit der E-Autos kann auch gefährlich sein. Denn Fussgänger etwa hören so sich heranschleichende Autos kaum mehr. «Das war zu Beginn tatsächlich ein Thema, das ich unterschätzt hatte», räumt Balli ein. Es gelte noch viel mehr Rücksicht zu nehmen, zu antizipieren und Vorsicht walten zu lassen. Gerade innerorts, in Parkhäusern oder in fussgänger- oder velointensiven Zonen müsse man sehr aufmerksam sein.

Kreditkarte hinhalten – und tanken.

Kreditkarte hinhalten – und tanken.

(Bild: woz)

Infrastruktur für «Stromer» genügend, aber noch ausbaufähig

Eine weitere, sehr angenehme und schlussendlich auch finanziell spürbare Umgewöhnung ist für Balli die fehlende Fahrt zur Tankstellen oder in die Garage, um einen Service machen zu lassen. «Sprich: Der ganze Unterhalt wird vereinfacht und reduziert, da es lediglich Elektromotoren und Batterien im Fahrzeug hat, also weder Kupplung, Getriebe, Motor, Auspuff noch ähnliche Verschleissteile», sagt der Tesla-Fahrer. 

Und doch räumt er ein, dass man «irgendwie immer am Tanken beziehungsweise Laden ist». Grundsätzlich sei es vielmehr ein Umdenken: Habe ich einen Termin, gehe ins Kino oder Einkaufen, so halte ich Ausschau nach einer Lademöglichkeit und lade das Auto während dieser Zeit halt auf», erklärt Balli.

Neue Ladestationen der WWZ

Was die Infrastruktur für «Stromer» angeht, versichert der gebürtige Solothurner, dass Zug beziehungsweise die Region bereits einige Ladepunkte biete. «Ich würde die Infrastruktur als genügend bis gut bezeichnen. Gerade erst vor Kurzem haben die WWZ mit verschiedenen Gemeinden neue Ladestationen eingerichtet.»

Allerdings verhehlt Balli nicht, dass die Abrechnung beim Tanken noch nicht überall einheitlich organisiert ist. «An den meisten Ladestellen in Zug kostet das Parkieren pro Stunde einen Franken, der Strom ist gratis. In Hünenberg ist es gerade umgekehrt.»

 

Die E-Flotte der Stadt Zug.

Die E-Flotte der Stadt Zug.

(Bild: Stadt Zug)

Und selbst wer wie er so einen Rolls-Royce unter den E-Autos fährt – sprich einen Tesla für gut 100’000 Stutz –, muss in Zug auf die markeneigenen «Supercharger» verzichten, die es sonst in ganz Europa gibt und die es bekanntlich ermöglichen, den Tesla schnell aufzuladen. «Zu Hause habe ich mir in der Garage eine entsprechende Lademöglichkeit installieren lassen, sodass ich das Auto über Nacht immer aufladen kann.»

Will heissen: Viele Zuger laden ihr Elektroauto zu Hause auf. Die vier modernen Tankanlagen mit Ladestationen mit einer Leistung von bis zu 22 Kilowattstunden auf dem Gebiet der Stadt Zug sowie weitere in Baar, Cham und Hünenberg werden gemäss Experten vor allem von Reisenden genutzt.

Stadt Zug schon 2011 elektrisch unterwegs

Unterm Strich steht für Thomas Balli fest: «Nach rund 18 Monaten Nutzung als Alleinfahrzeug kann ich sagen – Elektroautos sind für mich absolut alltagstauglich.
 Und es macht einfach Spass.»

Aber wie sieht es aus, wenn sich eine Firma einen ganzen Fuhrpark an Elektroautos zulegen möchte? Die Verwaltung der Stadt Zug ist beispielsweise schon seit 2011 elektrisch unterwegs. Als eine der ersten Gemeinden in der Schweiz wurde in der Zuger Zeughausgasse ein Elektro-Smart von Mobility mit einfacher Ladeinfrastruktur stationiert. Ab 2012 ersetzte die Stadt drei weitere Verwaltungsfahrzeuge durch Elektrofahrzeuge (Mitsubishi i-MiEV) und installierte zwei weitere Ladesäulen.

«Man verspürt rasch einen besonderen Reiz mit Suchtpotenzial.»

Walter Fassbind, Leiter Abteilung Umwelt und Energie der Stadt Zug

«Die praktischen Erfahrungen mit den Fahrzeugen und der Ladeinfrastruktur sind positiv, sie funktionieren tadellos», versichert Walter Fassbind, Leiter der Abteilung Umwelt und Energie bei der Stadtverwaltung Zug. Bei der Erweiterung der Flotte habe man die elektrische Leitung und Absicherung der Ladestationen etwas vergrössern müssen.

Fassbind: «Die eigentliche Umstellung zum Elektromobilisten ist einfach und gelingt gut. Für gewöhnlich ist man vor der ersten Fahrt skeptisch, das legt sich aber nach den ersten Metern, und man verspürt rasch einen besonderen Reiz mit Suchtpotenzial.»

Nicht mehr Zündung starten und in den Gängen rühren

Man müsse sich daran gewöhnen, nicht mehr per Zündung zu starten und in den Gängen zu rühren. «Es reicht zu bestimmen, ob es vorwärts oder rückwärts geht. Manche vermissen auch den Getriebe- oder Motorenlärm oder den Duft von Benzin und Diesel. Eine Umstellung sei auch, sagt der Stadtökologe, dass man keine Tankstelle anzufahren braucht.»

In der Regel braucht’s auch unterwegs keine Ladestation. «Denn unsere Fahrzeuge haben eine Reichweite von bis zu 150 Kilometern, im tiefen Winter sind es etwas über 100 Kilometer. Und da wir in der Regel innerhalb der Kantonsgrenze unterwegs sind, hat uns das noch nie eingeschränkt.»

Idyllisch unter Bäumen parkiert: Die Elektroautos von Mobility.

Idyllisch unter Bäumen parkiert: Die Elektroautos von Mobility.

(Bild: woz)

Viele Autofahrer rümpfen ja immer noch die Nase, weil die Stromer viel teurer seien als normale Autos. «Der Anschaffungspreis liegt je nach Fahrzeug maximal 20 Prozent höher als bei Fahrzeugen mit vergleichbarem Leistungsangebot», gibt Fassbind zu. Der Unterhalt sei dafür wesentlich günstiger. Mehr als die Reifen oder zwischendurch die Wischerblätter gebe es nicht zu wechseln oder zu prüfen, und die Batterie und der Motor seien wartungsfrei.

«Wir fahren mit 2.40 Franken 100 Kilometer weit.»

Walter Fassbind

«Ausserdem werde im Kanton Zug den Fahrzeugen mit Elektroantrieb eine 50-Prozent-Ermässigung bei der Strassenverkehrssteuer gewährt. Die Energiekosten sind besonders interessant», rechnet Fassbind vor. «Wir fahren mit 2.40 Franken 100 Kilometer weit. Das unterbietet nicht einmal das Velo, ausser man verzichtet nach 100 Kilometern Pedalen aufs wohlverdiente Bierchen», sagt er und lacht.

Mit E-Autos erneuerbare Energien nutzen

Das heisst, unterm Strich könnten eigentlich noch viel mehr Firmen in Zug ihren Fuhrpark auf Elektroautos umrüsten, um ökologischer unterwegs zu sein. Fassbind: «Die Kapazitäten sind vorhanden und mittelfristig können E-Mobile auch als Speicher dienen.» Wenn heute ein fossil betriebenes Fahrzeug mit einem E-Mobil ersetzt werde, sei das in vielerlei Hinsicht sinnvoll.

Der Öko-Experte stellt klar: «Schliesslich ist es nach wie vor der Verkehr, der hauptsächlich für die Lärm- und Luftbelastungen in den Innenstädten verantwortlich ist. Zudem nimmt die fossil betriebene Mobilität inzwischen mehr als ein Drittel des Energiebedarfs in Anspruch und trägt fast zur Hälfte zu unserem CO2-Ausstoss bei. Aus energiepolitischer und volkswirtschaftlicher Sicht, aber auch unserer Gesundheit zuliebe wäre es deshalb sinnvoller, E-Mobile einzusetzen und hierfür einheimische, erneuerbare Elektrizität zu nutzen.»

So viele «Stromer» sind im Kanton Zug unterwegs

Obwohl sich die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge bei den Personenwagen im Kanton Zug in den letzten Jahren deutlich verbessert hat, ist der Anteil von E-Autos im Vergleich zu Personenwagen mit normalen Verbrennungsmotoren noch immer verschwindend gering. Grund: Grosse, PS- und prestigeträchtige Nobelkarossen sind noch immer offensichtlich der Renner.

Dies zeigt eine Statistik des Zuger Strassenverkehrsamts. 2016 wurden in Zug 47’555 Personenwagen mit Benzin- und 24’553 mit Dieselantrieb registriert. Im Vergleich dazu wirkt die Zahl der reinen «Stromer» – sprich: Elektrofahrzeuge – mit 216 geradezu mickrig.

Reine Elektroautos: nur 0,3 Prozent

Im Verhältnis zum gesamten Fahrzeugbestand (73’614 Autos) machen die Stromer nur einen Prozentanteil von gerade mal 0,3 Prozent aus. Andererseits sieht die Bilanz nicht so schlecht aus. Denn allein die Anzahl der reinen Elektrofahrzeuge hat sich seit 2012 (26 Autos) auf – wie gesagt – 216 sprunghaft vermehrt und damit quasi verzehnfacht.

Und wenn man die Hybridfahrzeuge hinzunimmt (Benzin-Elektrisch, Diesel-Elektrisch, Elektrisch mit RE), sind immerhin schon fast zwei Prozent des Fahrzeugbestands ökologischer unterwegs. Ausserdem gibt es im Kanton Zug auch noch Fahrzeuge mit anderen alternativen Antriebsarten: Benzin/Alkohol (Ethanol) 84, Erdgas (CNG) 56, Gas/Benzin (CNG/LPG) 56, Flüssiggas (LPG)/Benzin 2, Gas (CNG/LPG) 1, Methanol 1.

 

 

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