Wir wagen uns zwischen die regionalen Kirchenbänke

In welcher Kirche betet es sich am besten?

Nicht nur die Performance der Besucher und Verantwortlichen, auch die Atmosphäre in der Kirche wird getestet (im Bild die Luzerner Jesuitenkirche).

(Bild: Kirche in Not)

Wollten Sie schon immer wissen, welcher Pfarrer die spannendste Predigt hält und welcher Chor seine Hymnen am ergreifendsten in Richtung Altar schmettert? Ab Sonntag bewertet zentralplus die Gottesdienste in der Region. Durchaus seriös, aber auch mit einem Augenzwinkern. Verfasst durch einen Luzerner Theologen und Journalisten.

Beizen und Windeln, Konzerte und Gipfeli, Sex-Toys oder Navigations-Apps. Fast jede Dienstleistung und jedes Produkt wird getestet und bewertet. Mit einer Ausnahme: Religion. Dabei sind wir der Meinung: Auch die Leistung der Kirchen verdient Respekt. Und Respekt heisst immer auch Kritik.

Start mit 10 Kirchen

zentralplus wagt sich daher in die Kirchenbänke und testet 10 Zuger und Luzerner Kirchen, sowohl katholische als auch reformierte. Ähnlich einer Gastro- oder Fussballkritik bewerten wir das Erlebte und die Leistung der Beteiligten. Immer mit Feingefühl, aber auch für Laien erlebbar und durchaus etwas mutig. Kriterien sind unter anderem Aktualitätsbezug, Tiefgang, Präsenz und Gesangsstärke (siehe Box).

So wird getestet

Die Kritiken erscheinen alle 14 Tage auf zentralplus, natürlich immer am Sonntag. Getestet werden vorerst Gottesdienste in Luzern und Zug. Wie bei einer Gastrokritik vergeben wir Punkte zu mehreren Kriterien: Kirchenraum, Ausstrahlung der Priester, Feierlichkeit, Predigt, Musik und Integrationsfaktor.

Verfasst werden die Kritiken von Remo Wiegand. Der 40-jährige studierte katholische Theologie ist ausgebildeter Seelsorger und war Jugendarbeiter in Kriens und Pastoralassistent in Baar. Seit 2006 schreibt er als Fachjournalist für zahlreiche nationale Medien, unter anderem auch zentralplus.

Für den Luzerner Theologen und Journalisten Remo Wiegand, der die Kritiken für zentralplus verfasst, geht mit der Umsetzung ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung. Gottesdienste seien von sehr unterschiedlicher Qualität. «Ich leide darunter, wenn Gottesdienste einfach routinemässig durchgerattert werden, oder der Pfarrer nicht den Mut hat, Position zu beziehen und Profil zu zeigen.» Indem er darüber schreibe, frei, frech und alltagsnah, wie über ein Konzert oder ein Fussballspiel, wolle er Kirchenfernen gleichzeitig etwas den Respekt oder sogar die Angst vor dem Rätsel Religion nehmen, erklärt Wiegand seine Motivation.

Lob – aber auch Bedenken

Luzerner Kirchenexperten begrüssen das Projekt. Zwar gab es bereits früher externes Feedback, wie Urban Schwegler von der Katholischen Kirche Stadt Luzern bestätigt. «Diese war aber nie öffentlich zugänglich und hat allein der internen Weiterbildung gedient.» Auch Franziska Loretan von der Universität Luzern weiss von einem Dramaturgen, der die Franziskanerkirche für interne Zwecke vor rund zehn Jahren begleitete. In der öffentlichen Bewertung sieht die Luzerner Theologin und Dozentin allenfalls ein Risiko. «Für mich ist ein Gottesdienst keine Dienstleistung wie ein Restaurant oder eine Theateraufführung, sondern ein Gemeinschaftswerk aller Beteiligten.»

Der Autor der Serie, Remo Wiegand (hier mit einem in Peru lebenden Bischof).

Der Autor der Serie, Remo Wiegand (hier mit einem in Peru lebenden Bischof).

(Bild: Kirche in Not)

Auch Remo Wiegand versteht Gottesdienste als Gesamtkunstwerk. Dennoch zielen auch sie auf ein anspruchsvolles Publikum und vermögen es zu berühren – oder eben nicht. «Gesprochen wird darüber kaum. Es fehlt eine Sprache dafür, für manche ist es fast ein Tabu.» Sogar in den Teams der Pfarreien und Kirchgemeinden fehle oft eine Diskussionskultur darüber, was einen guten Gottesdienst, eine gute Predigt ausmache.

Intern kaum konstruktive Kritik

Mehr Öffentlichkeit wünscht sich auch Urban Schwegler. «Ich fände es spannend und aufschlussreich, solche Kritiken zu lesen.» Dies gerade auch, weil die Qualität der Gottesdienste intern selten thematisiert werde. «Negative Rückmeldungen, die einen vielleicht weiterbringen, kommen fast nie oder sind sehr heftig oder verletzend.»

Gleichzeitig sind sich die Fachleute einig darin, dass nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden dürfen. Aus diesem Grund werden wir uns vorerst an klassische Sonntags-Gottesdienste halten und auf die Besprechung anderer Formen verzichten. Dies in einer frischen, authentischen Sprache, die deutlich sein darf, aber nicht verletzen soll. Da kaum eine Tradition besteht, Gottesdienste kritisch zu analysieren, dürften sich dennoch manche Betroffene und Gottesdienstbesucher ärgern, wenn sie eine solche Kritik lesen, glaubt Wiegand. Und zitiert einen in diesem Zusammenhang gehörten Ausspruch: «Aber das macht man doch einfach nicht…!»

Weltuntergang in der Hofkirche macht den Auftakt

Doch, zentralplus macht’s. Weil wir als Medium und Autoren an die konstruktive Kraft der Worte glauben. Dem schliessen sich auch die Experten an. «Es wäre natürlich schön, wenn man so zu einem Kirchenbesuch animieren könnte», sagt Loretan.

Unser erster Besuch war übrigens in der Luzerner Hofkirche. Was Chorherr Franz Josef Egli und Pastoralassistent Thomas Lang zum Weltuntergang zu sagen hatten und wie das Trompetenensemble der Hochschule Luzern sie vertonte, lesen Sie hier.

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