Zuger werden vom Regierungsgebäude vertrieben

In öffentlichem Garten: «Die Wachleute kamen zu fünft, mit Hund»

Öffentliche Terrasse des Zuger Regierungsgebäudes: Wird manchmal von Sicherheitsleuten mit Hund geräumt.

(Bild: Montage mam)

Er ist ein Juwel am Zugersee: Der Garten des Regierungsgebäudes in Zug. Ein Parlamentarier wollte, dass er für die Öffentlichkeit nutzbar wird. Doch überraschenderweise ist er das schon. Das wissen nicht einmal Wachleute, welche immer wieder Besucher ohne Rechtsgrundlage fortweisen.

Eine geräumige Terrasse mit einem Steintisch, leicht erhöht über der Uferpromenade und hervorragend geeignet, um in relativer Abgeschiedenheit den Sonnenuntergang nahe der Zuger Altstadt zu geniessen – das bietet die Umgebung des Regierungsgebäudes in Zug.

Diese Terrasse und den zugehörigen Garten wollte der Zuger Anwalt Martin Eisenring der Öffentlichkeit zugänglich machen – und reichte letztes Jahr zum Abschluss seiner Laufbahn als CVP-Stadtparlamentarier einen Vorstoss im Zuger Gemeinderat ein. Darin wurde die Stadtregierung verpflichtet, beim Kanton anzuklopfen, um den Garten des Regierungsgebäudes für die Bevölkerung zugänglich zu machen und einladender zu gestalten. Eisenring dachte auch an eine kleine Restauration, welche die Örtlichkeit erschliessen könnte.

Gatter zum See bleiben geschlossen

Die kürzlich veröffentlichte Antwort von Stadtschreiber Martin Würmli und Stadtpräsident Karl Kobelt (FDP) überrascht. Denn die Terrasse und der Garten seien bereits öffentlich zugänglich, wird darin enthüllt. Sie werden ab und zu von Leuten besucht, welche die Aussicht auf den See fotografieren wollten. Gelegentlich würde die Terrasse nachts auch von Gruppen genutzt – «leider mit sichtbaren Folgen von Littering». Doch der Stadtrat weiss: «Der Kanton duldet diese Nutzung.»

Zuger Regierungsgebäude mit vorgelagerter Terrasse und Garten.

Zuger Regierungsgebäude mit vorgelagerter Terrasse und Garten.

(Bild: mam)

Allzu öffentlich soll die Anlage aber wohl doch nicht werden. Sie ist von einem hohen Zaun umgeben, die beiden seeseitigen Tore bleiben verriegelt. Vom Postplatz her lässt sich die Anlage auf der nördlichen Seite versteckt, aber hindernisfrei neben der neu gebauten Fluchttreppe aus dem Kantonsratssaal betreten.

«Der Garten des Regierungsgebäudes steht symbolisch dafür, dass uns manchmal mehr Türen offen stehen, als wir glauben.»

Stefan W. Huber (GLP), Zug

Im Südosten, wo die Seestrasse vom Postplatz zum Landsgemeindeplatz führt und viele Passanten zirkulieren, grenzt indes ein Zaun mit Gartentor das Gelände ab. Diesen könne man nicht ohne Weiteres entfernen, heisst es beim Kanton, denn er sei Bestandteil der denkmalgeschützten Liegenschaft.

Restauration könnte Politiker stören

Auch von einer gastronomischen Nutzung will man nichts wissen. Denn während der Sitzungen des Kantons- und Regierungsrats lasse sich die Terrasse aus Sicherheitsgründen nicht benützen. Auch fänden im Regierungsgebäude Kommissionssitzungen statt. Da das historische Gebäude nicht klimatisiert sei, müsse man die Fenster öffnen können, und Lärm von der Terrasse würde bei der Arbeit stören.

Man müsste ausserdem womöglich bauliche Massnahmen vornehmen, Treppengeländer installieren oder eine Beleuchtung – und da sei möglicherweise der Denkmalschutz dagegen.

Traumort ist ein paar Rauchern vorbehalten

Wer den Garten derzeit regelmässig benützt, sind die kantonalen Angestellten, welche dort einen Velounterstand finden, der ihnen vorbehalten ist. Ausserdem verbringen rauchende Mitarbeiter der Staatskanzlei ihre Zigarettenpausen in der lauschigen Umgebung. Davon zeugen verschiedene Aschenbecher.

Dabei gäbe es neben der Terrasse auch hübsche Kieswege zu begehen und eine kleine Rasenfläche zu besetzen. Im Notfall steht auf dem Areal sogar ein Defibrillator bereit. Aber eben: Wer weiss schon, dass das Gartentor an der Seestrasse nicht abgeschlossen ist – und das Gelände frei zugänglich? Ein Infoschild oder eine Hausordnung sucht man vergeblich.

«Das Feld räumen»

Stefan W. Huber, Fraktionschef der Grünliberalen im Zuger Stadtparlament, war von der frohen Botschaft des Stadtrats so überrascht, dass er den neu entdeckten Hangout gleich auf den sozialen Medien bekannt machte.

Neben entzückten Reaktionen berichtete in der FB-Selbsthilfegruppe «Zuger helfen Zugern» aber auch eine Frau, sie sei von der «Security» vergangenes Jahr weggewiesen worden. Dies geschah, als sie am Steintisch der Terrasse mit einem Kollegen eine Pizza gegessen und den Sonnenuntergang beobachtet hatte. «Und dann kamen sie zu fünft, mit Hund», schreibt die Zugerin. Als Begründung sei angegeben worden, sie sollten «das Feld räumen».

Tischlein deck Dich: Gneistisch auf der Terrasse des Zuger Regierungsgebäudes.

Tischlein deck dich: Gneistisch auf der Terrasse des Zuger Regierungsgebäudes.

(Bild: mam)

Securitas arbeitet für Stadt Zug

Auch andere Gewährsleute berichten zentralplus davon, dass aus dem Garten gelegentlich Besucher fortgeschickt wurden. Stellt sich also die Frage: Wie öffentlich ist die öffentliche Terrasse? Und wer räumt sie in wessen Auftrag?

Wachleute der Securitas patrouillieren für die Stadt Zug auf öffentlichem städtischen Grund, um dort für Zucht und Ordnung zu sorgen. Aber das Regierungsgebäude gehört dem Kanton Zug. «Wir können keinen Auftrag erteilen, um kantonale Liegenschaften zu überwachen», sagt der zuständige Stadtrat Urs Raschle (CVP), «und das haben wir natürlich auch nicht getan.»

Florian Weber: «Wir schicken niemanden weg»

Auch Baudirektor Florian Weber (FDP) betont: «Der Kanton hat keinen Bewachungsauftrag an eine Sicherheitsfirma erteilt. Es werden keine Besucher des Gartens weggeschickt, wenn sie sich korrekt verhalten.»

Vielleicht hat ja die Sicherheitsdirektion Wachleute in Gang gesetzt – oder gar die Staatskanzlei, welche im Gebäude arbeitet? Nein, sagt Sprecher Marcel Tobler, weder die Sicherheitsdirektion noch die Zuger Polizei habe einen Sicherheitsdienst beauftragt – und auch die Staatskanzlei nicht, wie eine Nachfrage ergeben habe.

Öffentlich: Garten ind Terrasse des Zuger Regierungsgebäudes.

Öffentlich: Garten und Terrasse des Zuger Regierungsgebäudes.

(Bild: mam)

Mut, die Freiheit zu nutzen

Eine schriftliche Anfrage bei der Regionaldirektion der Securitas in Luzern und der Zuger Niederlassung bleibt unbeantwortet. Nicht nur die Stadtregierung musste also erst beim Kanton nachfragen, ob der Garten öffentlich ist. Offenbar war dies nicht mal den Securitas-Wächtern selber bewusst.

«Der Garten des Regierungsgebäudes steht symbolisch dafür, dass uns manchmal mehr Türen offen stehen, als wir glauben,» kommentiert Stefan W. Huber. «Wir müssen uns nur trauen, unsere Freiheit auch zu nutzen.»

Das moderne Tor und der Zaun sind laut Kanton denkmalgeschützt.

Das moderne Tor und der Zaun sind laut Kanton denkmalgeschützt.

(Bild: mam)

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