Vor drei Jahren öffnete das Begegnungscafé d’Bauhütte in Zug seine Türen. Das Konzept hat sich bis heute bewährt. So sehr, dass die Verantwortlichen nun ein neues Angebot lancieren. Damit wollen sie der Einsamkeit vorbeugen.
Restaurants und Cafés verbindet man mit Genuss und Geselligkeit. Bloss: Wer allein ins Restaurant geht, der kann sich dort sehr schnell einsam fühlen. Kommt dazu: Nicht jede Zugerin kann es sich leisten, auswärts ein Kafi zu trinken, um unter die Leute zu kommen.
Seit rund drei Jahren gibt es in Zug mit der «Bauhütte» ein Café, welche dieses Dilemma charmant umschifft. Konsumieren muss hier niemand. Wer sich kein Kafi leisten kann, darf dank Café-Surprise-System trotzdem eines geniessen. Die «Bauhütte», ein ökumenisches Projekt der Katholischen Kirche Stadt Zug, der Reformierten Kirche Kanton Zug und der CityKircheZug, ist zudem auf eines bedacht: darauf, dass sich hier alle aufgehoben fühlen. Seelsorger sind meist vor Ort und suchen bei Bedarf das Gespräch mit den Gästen. Niemand soll sich einsam fühlen.
Über Einsamkeit und Alleinsein
Christian Betschart ist der Seelsorger, der an diesem Donnerstag in der Bauhütte im Einsatz steht: «Es ist ein Urbedürfnis des Menschen, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Ich habe mich eine Zeit lang intensiv mit Einsiedeleien befasst. Nur wenige Menschen sind geschaffen für ein solches Leben.» Alleinsein und Einsamkeit seien indes zwei sehr unterschiedliche Dinge. «Letztere entsteht erst dann, wenn man unter dem Alleinsein leidet. Einsamkeit ist eine schlimme Krankheit, vergleichbar mit Heimweh», sagt Betschart. Eine, die sich immer stärker ausbreitet. «Orte, wo sich Menschen begegnen können und wo man einfach sein kann, ohne etwas zu zahlen, werden immer weniger. Das ist bedauerlich.»
Und weiter: «Die ‹Bauhütte› soll ein solcher Ort sein. Es ist unter Umständen für eine ältere Person, die allein ist, schwierig, in ein Café zu sitzen. Bei uns dürfen die Leute zu erkennen geben, wenn sie reden möchten.» Er denkt kurz nach und resümiert: «Viele der Menschen, die hierherkommen, tragen einen interessanten ‹Rucksack›. Um das zu erfahren, muss man sich nur für sie interessieren.»
Allen steht die Möglichkeit zum Gespräch offen
Grundsätzlich versuche man, alle Gäste anzusprechen. «Das gelingt uns nicht immer ganz», sagt Betschart. Das ist nachvollziehbar, denn: Der Laden läuft. Auch an diesem Mittag sind praktisch alle Tische im Innern des Lokals besetzt. Das dürfte wohl auch mit den tiefen Preisen zu tun haben. Fünf Franken zahlt man hier für eine Suppe. Nachschlag inklusive.
Trotz der Bezeichnung Begegnungscafé sei das Klientel sehr unterschiedlich, ergänzt Sandra Heine, die Leiterin des Lokals, die seit 25 Jahren im Sozialbereich arbeitet. «Hierher kommen Mütter mit ihren Kindern, Studenten, die einen Arbeitsraum benötigen. Teils sind auch sie froh, erzählen zu können, was ihnen gerade Freude bereitet und was schwierig ist.» Heine weiter: «Auch Menschen mit psychischen Erkrankungen kommen her oder aber ältere Menschen, die sich in einer schwierigen Situation befinden, da beispielsweise ihr Partner verstorben ist.»
Ein neues Angebot im Sinne einer Selbsthilfegruppe
Diese Begegnungskultur hat sich bewährt. Dennoch hat das «Bauhütte»-Team beschlossen, ein weiteres Angebot ins Leben zu rufen. Eines, das sich noch expliziter an Menschen richtet, die einsam sind. Bei «Kafi gmeinsam – gmeinsam Kafi» treffen sich Gäste in der Gruppe, um im Sinne einer Selbsthilfegruppe miteinander in Kontakt zu treten. Geleitet wird der Anlass von der Fachstelle Diakonie und Soziales «Leuchtturm».
Zu reden, insbesondere über das eigene Innenleben, dürfte nicht für alle leicht sein. Viele Menschen können zwar wunderbar über das Wetter und den neusten Nachbarschaftsklatsch sprechen, doch fällt es ihnen schwer, über ihr Innenleben zu reden. «Wenn jemand von sich selbst erzählt, ist das wie ein Geschenk.» Doch wie schafft man das? Betschart denkt kurz nach und sagt: «Indem man gute Fragen stellt. Das ist etwas, was ich noch immer lerne. Ausserdem braucht es Vertrauen, damit jemand zu reden beginnt.»
Betschart hofft, dass das den Menschen einfacher fällt, wenn sie in einer Gruppe zusammenkommen. «Einsamkeit hat sehr stark auch mit dem Gefühl zu tun, dass man die einzige Person mit einem bestimmten Problem sei. Wenn man dieses bei sich behält, bauscht es sich auf.» Spreche man hingegen darüber, merke man oft, dass es anderen ganz ähnlich gehe wie einem selbst.
Wer möchte, erhält eine Beratung
Doch nicht nur Gespräche, sondern auch Beratungen sollen im neuen Angebot möglich sein. «Je nachdem, welche Themen eine Person beschäftigen, können wir sie an die richtigen Leute weiterverweisen.» Beim Thema Wohnen oder wenn jemand mit Geldsorgen kämpfe, könne er als Seelsorger etwa weniger beitragen als beim Thema Einsamkeit. «Dann können wir die Leute jedoch weitervermitteln, beispielsweise an die Beratungsstelle Triangel oder die Sozialberatung Leuchtturm.»
Sandra Heine ergänzt: «Ziel ist es, dass neue Menschen durch dieses Angebot die ‹Bauhütte› entdecken und in schwierigen Zeiten eine Ansprechperson finden.» Weiter hoffe man, dass sich die Gäste dadurch auch untereinander vernetzen. «Und natürlich, dass es ihnen dadurch besser geht.»
Betschart ergänzt: «Ich kann nichts anfangen mit einer Kirche, die Museumscharakter hat. Mir ist die offene Kirche wichtig. Und meines Erachtens ist es der Auftrag der Kirchen, dafür zu sorgen, dass es den Menschen besser geht.»
Das erste «Kafi gmeinsam – gmeinsam Kafi» findet am Dienstag, 22. Oktober 2024, von 13.30 bis 14.30 Uhr im Café für Begegnung und Beratung «d’Bauhütte» an der Kirchenstrasse 9 in Zug statt. Danach alle zwei Wochen, jeweils dienstags.
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.