In Luzern ist es umgekehrt

Immer weniger Ausländer beziehen Sozialhilfe in Zug

In Zug beziehen weniger Ausländerinnen Sozialhilfe, in Luzern sind es mehr. (Bild: Adobe Stock)

Die Zahl der ausländischen Sozialhilfebezüger sinkt im Kanton Zug. In Luzern hingegen ist es genau umgekehrt. Wie ist das zu erklären? zentralplus hat nachgeforscht.

Die Quote der ausländischen Sozialhilfebezüger ist im Kanton Zug 2020 im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken (von 3,4 auf 3,3 Prozent). Damit schert Zug im Vergleich zu den anderen Zentralschweizer Kantonen aus. In Luzern liegt die Quote nicht nur generell deutlich höher, sie ist auch noch angestiegen (von 6,2 auf 6,5 Prozent).

Woran liegt das? Auf Nachfrage erklärt Claudia Schwager, Leiterin des Sozialamtes Zug, dass «vor allem die Zahl der Personen mit Niederlassungsbewilligung C» gesunken ist. «Dieser Rückgang ist seit 2019 beobachtbar.» Eine «fundierte Erklärung» warum das so ist, gebe es nicht.

Was diesbezüglich auffällt: Das neue Ausländer- und Integrationsgesetz ist auf Anfang 2019 in Kraft getreten. Dieses sieht vor, dass die Behörden eine Niederlassungsbewilligung C in eine Aufenthaltsbewilligung B zurückstufen können, wenn die Integrationskriterien nicht erfüllt sind. Dazu gehört die Beachtung der Rechtsordnung und der Werte der Bundesverfassung, Sprachkompetenzen, aber eben auch die Teilnahme am Wirtschaftsleben. Könnte das ein Grund sein, dass die Zahl der Sozialhilfebezüger mit C-Bewilligung gesunken ist?

Zahl der ausländischen Sozialhilfebezüger sinkt. Weil sie sich fürchten?

«Aus unserer Sicht ist es für eine fundierte Interpretation noch zu früh», meint Claudia Schwager dazu. Ein entsprechender Zusammenhang könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht erhärtet, sondern lediglich vermutet werden.

Wir fragen bei Georg Blum nach, dem Leiter des Zuger Amts für Migration. Er erklärt, wie die Migrationsbehörden das neue Gesetz in der Praxis anwenden. «Wenn wir feststellen, dass sich die finanzielle Situation einer Person mit Niederlassungsbewilligung kritisch entwickelt, nehmen wir zunächst Kontakt auf und erklären, dass dies eine Rückstufung zur Folge haben könnte», sagt Blum.

Die Möglichkeit der Rückstufung sei vom Parlament primär geschaffen worden, um die Integration von niedergelassenen Ausländerinnen zu fördern. «Wenn eine Person dauerhaft und in erheblichem Mass von der Sozialhilfe abhängig ist, gibt es die Möglichkeit, sie direkt wegzuweisen. Wenn man hingegen eine Rückstufung androht, will man die Leute dazu bewegen, sich besser zu integrieren», so Blum. «Das zeigt oft bereits Wirkung. Die Betroffenen nehmen sich das zu Herzen und suchen einen Job. Das könnte durchaus einer der Gründe sein, weshalb die Sozialhilfequote von Ausländern mit Niederlassungsbewilligung etwas sinkt.»

In Zug wohnen – das ist teuer

Es ist aber sicher nicht der einzige Grund. Vor 2014 hatten anerkannte Flüchtlinge nach fünf Jahren einen Anspruch auf eine Niederlassungsbewilligung. Heute setzt eine solche einen mindestens 10-jährigen Aufenthalt in der Schweiz sowie eine gute sprachliche und wirtschaftliche Integration voraus. Das heisst: Aus dem Flüchtlingsbereich gibt es keinen weiteren Zuwachs an Sozialhilfebezügerinnen mit Niederlassungsbewilligung. «Das könnte ein weiterer Faktor sein, weshalb die Sozialhilfequote von Menschen mit Niederlassung C heute tiefer ist», meint Blum.

Nicht zu vergessen ist: Für Ausländer mit tiefem Einkommen sind die Hürden relativ hoch, in Zug überhaupt wohnhaft zu werden. Dies etwa wegen der hohen Mieten. Das könnte ein weiterer Grund sein, weshalb immer weniger Ausländer Sozialhilfe in Zug beziehen.

Viele internationale Unternehmen mit ausländischen Mitarbeitern

Es überrascht daher nicht, dass die Quote der Ausländer, die Sozialhilfe in Zug beziehen, generell deutlich tiefer ist als in Luzern. Das könnte zusätzlich damit zusammenhängen, dass in Zug viele internationale Unternehmen angesiedelt sind, die gut ausgebildete ausländische Arbeitskräfte einstellen.

Das bestätigt Alexander Lieb, Leiter des Amts für Migration in Luzern: «Es ist anzunehmen, dass – im Gegensatz zu anderen Kantonen – im Kanton Zug überproportional viele Menschen ausländischer Herkunft leben, die eher nicht Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen», sagt er auf Anfrage von zentralplus.

Dass eine unterschiedliche Rückstufungspraxis der Kantone eine direkte Auswirkung haben könnte, hält er für «sehr unwahrscheinlich». «Wir können ausschliessen, dass der Kanton Zug die Rechtsgrundlagen anders als andere Kantone auslegt», so Lieb.

Selbstverschuldet oder nicht? Das wird berücksichtigt

In den letzten rund 2,5 Jahren hat das Luzerner Amt für Migration für Personen mit einer C-Bewilligung vier Rückstufungen und vier Widerrufe allein wegen Sozialhilfebezug gemacht. Dies bei 47'892 Personen mit C-Bewilligung. «Diese tiefe Zahl hängt wohl damit zusammen, dass die Gerichte die Hürde bei einem Widerruf sehr hoch ansetzen, vor allem wenn eine Person schon sehr lange in der Schweiz wohnt», erklärt Lieb. Für Zug liegen keine Vergleichszahlen vor.

Klar ist: Die Zurückhaltung wurde in Luzern politisch so gefordert (zentralplus berichtete). Die SP hat entsprechende Vorstösse eingereicht (mehr dazu hier und hier). Aus der Antwort der Regierung geht hervor, dass der Bezug von Sozialhilfe nicht direkt den Entzug der Aufenthaltsbewilligung zur Folge hat.

Meldet ein Sozialamt dem Amt für Migration in Luzern den Bezug von Sozialhilfe einer ausländischen Person, so macht dieses eine Gesamtbetrachtung des Falles. Es klärt ab, weshalb jemand Sozialhilfe bezieht, wie das sonstige Verhalten der Person ist und wie die mutmassliche weitere Entwicklung aussieht.

Es wird also auch berücksichtigt, ob der Bezug von Sozialhilfe selbstverschuldet ist oder nicht. Die Stadt Luzern hat zudem zusätzliche Mittel gesprochen, um zu verhindern, dass Ausländer allein wegen der Corona-Krise ihre Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung verlieren (zentralplus berichtete).

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