Gesellschaft
Anwohner wehren sich gegen geplantes Stadtzuger Schulhaus

Im Baarer Quartier Arbach flammt Widerstand auf

Auf dieser grünen Landwirtschaftswiese will die Stadt Zug ein Schulhaus bauen. Das angrenzende Quartier gehört bereits zur Gemeinde Baar. (Bild: wia)

Die Bewohnerinnen des Baarer Quartiers Arbach halten wenig davon, dass die Stadt Zug direkt anschliessend an die Gemeinde ein neues Schulhaus bauen will. Die Schule bringt den Baarern wenig Nutzen, aber es muss wertvolles Land vernichtet werden.

In der Stadt Zug soll ein neues Schulhaus entstehen. Genauer gesagt soll es an den östlichen Stadtrand der Stadt an der Göblistrasse gebaut werden. Das verkündete der Stadtrat Anfang Mai an einer Medienkonferenz (zentralplus berichtete). Per se ist das eine gute Nachricht. Denn der Schulraum ist knapp, es braucht dringend neue Lösungen, insbesondere fürs Gebiet Guthirt.

Die Begeisterung bleibt dennoch aus. Denn weder die Zuger Parlamentarierinnen noch die direkte Baarer Nachbarschaft wurden vorgängig über das Vorhaben informiert. Kürzlich äusserten sich alle städtischen Parteien bis auf die FDP in einer Interpellation kritisch gegen die Vorgehensweise der Stadt und äusserten Bedenken bezüglich der Standortwahl (zentralplus berichtete).

Ein Quartier begehrt auf

Auch in Baar, insbesondere im Quartier Arbach, das direkt an das geplante Schulhaus grenzt, ist man «not amused» über die Pläne der Stadt. «Mit grossem Erstaunen hat Nabia, der Quartierverein Inwil-Arbach, aus der Presse erfahren, dass die Stadt Zug ein neues Schulhaus mit Doppelturnhalle auf der grünen Wiese am Arbach bauen möchte», schreibt der Verein in einem Leserbrief.

Man verstehe zwar die Notwendigkeit für den Bau von zusätzlichem Schulraum in der Umgebung. Dennoch bezweifelt der Verein, ob der gewählte Standort mitten im Siedlungsgebiet des Baarer Arbach-Quartiers sorgfältig ausgewählt sei.

Die Vereinspräsidentin Caroline Vetter sagt auf Anfrage: «Wir waren ziemlich überrascht von den Plänen. Gerade, weil es sich beim Areal um Landwirtschaftsland handelt.» Ausserdem gelte das Land als ein ökologisch wertvolles und schützenswertes Naherholungs- und Gewässerschutzgebiet. «Wir finden, die Wiese am Arbach soll auch in Zukunft für die Bevölkerung unserer Nachbarschaft und der Stadt Zug erhalten bleiben», heisst es im Leserbrief. Viele Tierarten seien auf diesem Land anzutreffen, vom Feuersalamander bis hin zu Wieseln und Fischreihern.

Transparentere Kommunikation gewünscht

Vetter weiter: «Wir fühlen uns schon etwas vor den Kopf gestossen. Wenn eine Zone bebaut werden soll, die sich am Rand der Stadt, aber mitten in einem Baarer Quartier befindet, könnte man erwarten, dass mit der anderen Gemeinde Kontakt aufgenommen wird.» Sie gibt zu bedenken: «Man hätte das vorab transparenter kommunizieren können, und nicht erst, wenn die Pläne finalisiert scheinen.» Gerade auch deshalb, weil man erfahren habe, dass die Planung im Hintergrund bereits laufe.

Eine weitere, wichtige Frage stellt sich für die «Arbächlerinnen» bezüglich Baarer Schulkinder, die künftig die nahegelegene Schule in Zug besuchen könnten. «Der Zuger Schulvorsteher Etienne Schumpf sprach in den Medien zwar davon, dass man in den Grenzgebieten bezüglich der Schulkinder jeweils pragmatische Lösungen finde. Auf diese würde ich mich jedoch nicht verlassen.» Dies, da es sich bislang bei den Schulkindern, die in anderen Gemeinden unterrichtet würden, lediglich um Einzelfälle handle.

Angst vor dem Mehrverkehr durch Elterntaxis

Last but not least fragt sich der Verein Nabia, wie sich ein Schulhaus in diesem Gebiet auf den Verkehr auswirken wird. Ein Thema, das gemäss ihm bislang zu wenig Beachtung in der öffentlichen Diskussion finde. «Ein Schulhaus in der Peripherie von Zug jedoch mitten im Siedlungsgebiet von Arbach bringt insbesondere Mehrverkehr durch Elterntaxis in der bereits stark befahrenen Göblistrasse mit sich.» Die Sicherheit der Schulkinder und Spaziergänger entlang des Arbachs müsse höchste Priorität haben und dürfe nicht vergessen gehen.

Im Leserbrief des Vereins heisst es: «Wir sind verwundert über das Vorgehen des Zuger Stadtrates, dass der Quartierverein Nabia in Vertretung von über 500 Mitgliedern von Inwil-Arbach nicht bereits im Rahmen der Machbarkeitsstudie kontaktiert und angehört wurde.»

Und weiter: «Im Sinne einer einvernehmlichen Lösung und Wahrung der verschiedenen Interessen wäre eine transparente Information und der Einbezug des Quartiervereins und der Quartierbewohner von Inwil-Arbach sehr begrüssenswert.» Oder wie es Vetter formuliert: «Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.»

Nabia ist nicht die einzige Organisation aus Arbach, die sich kritisch gegenüber dem Zuger Vorhaben äussert. Die Pläne der Stadt Zug veranlassten direkt betroffene Anwohner, sich zu einer Interessengemeinschaft zusammenzuschliessen.

IG Arbach hinterfragt die Schulraum-Auswertung

Wolfgang Krull, Präsident der neu gegründeten IG Arbach, hat sich in den letzten Wochen intensiv mit dem geplanten Schulstandort befasst. Er sagt auf Anfrage: «Klar haben wir als Direktbetroffene ein persönliches Interesse daran, dass die Wiese nicht verbaut wird. Doch es geht letztlich um etwas anderes.»

Er führt aus: «Ich habe mir die Nutzwertanalyse zur Schulraumplanung Guthirt angeschaut, in der verschiedene Standorte nach diversen Kriterien evaluiert wurden. Bloss: Wenn ich mir die Auswertungen ansehe, entdecke ich mehrere Fehler», sagt Krull. «Ein Schulstandort im Göbli wäre klar zentraler, doch wird dieser als dezentraler taxiert.

Weiter wird der Standort im Arbach bezüglich Einschätzung der Synergienutzung für das Quartier, also etwa als Quartiertreff als optimal eingestuft», erklärt der Baarer, und ergänzt, «Wir sprechen hier vom Quartier Guthirt, welches über einen Kilometer in westlicher Richtung liegt».

«Meines Erachtens wird die Öffentlichkeit an der Nase herumgeführt.»

Wolfgang Krull, Präsident IG Arbach

Auch werde beim Standort Arbach das Einspracherisiko als gering eingestuft. «Dabei ist es nirgends so hoch wie hier, ist dies doch der einzige der evaluierten Standorte, welcher nicht in der Bauzone liegt.» Ebenfalls werde die Anbindung als gut bezeichnet. «Tatsächlich gibt es im Arbach einen Bus. Nur: Um von der Bushaltestelle zum geplanten Schulhaus zu gelangen, müssten die Kinder über unser Privatgrundstück gehen. Solche Dinge müsste die Stadt in ihrer Machbarkeitsstudie berücksichtigen.»

Ebendiese Machbarkeitsstudie, welche Aufschluss geben könnte über den Entscheidungsweg des Stadtrats, wolle dieser jedoch nicht herausrücken, sagt Krull. «Es kann sein, dass alles Sinn ergibt, wenn ich mir diese Studie anschaue. Leider erhalte ich sie nicht.» Grundsätzlich empfindet Krull die Vorgehensweise des Stadtrats als zu wenig transparent. Für den Arbächler ist klar: «Meines Erachtens wird die Öffentlichkeit an der Nase herumgeführt.»

Last but not least befindet Krull: «Der als beste Variante vom Stadtrat erkorene Standort im Arbach, widerspricht der im April 2022 abgefassten Räumlichen Gesamtstrategie der Stadt Zug, welche Grünzonen am Stadtrand erhalten und in den Zentren verdichten soll.»

Das Schulhausprojekt am Arbach hat bereits einige Gegner auf den Plan gerufen. (Bild: zvg)

Die Stadträtin beschwichtigt: Noch sei nicht aller Tage Abend

Auf Anfrage von zentralplus äussert sich auch die zuständige Bauchefin Eliane Birchmeier zum Thema. Sie beschwichtigt: «Die Stadt Zug steht mit dem Projekt noch ganz am Anfang. Es ist aktuell erst abgeklärt, ob das Areal für die geplante Nutzung ausreichend gross ist, eine gute Erschliessung gegeben ist und eine Umzonung beantragt werden kann.»

Mit der Medienorientierung vom 3. Mai 2023 habe die Stadt Zug die Öffentlichkeit nach dem Prinzip der Gleichzeitigkeit über den geplanten Standort informiert. Diese Kommunikation baue auf den Schulraumberichten Teil 1 bis 3 auf, die ebenfalls öffentlich zugänglich seien. Der Schulraumbericht Teil 3 zeige den dringenden Bedarf im Schulkreis Guthirt nach einer zweiten Schulanlage für insgesamt 16 Klassen auf.

«Ob dieser Bedarf vollumfänglich auf besagtem Areal oder teilweise andernorts umgesetzt werden kann, ist ebenfalls noch in Abklärung. In die eigentliche Planung und Projektierung steigen wir erst mit dem Wettbewerbsverfahren, das im Jahr 2024 startet, ein», erklärt Birchmeier. «Wie bei anderen Bauprojekten der Stadt Zug haben wir einem Vertreter der direkt betroffenen Nachbarschaft auf Baarer Boden die Einbindung in das künftige Projekt angeboten, unter anderem mit Einsatz in der Wettbewerbs-Jury.»

Ein Info-Anlass, an dem keine Fragen beantwortet werden?

Die Betroffenheit und das Informationsbedürfnis der Nachbarschaft könne der Stadtrat nachvollziehen, er habe grosses Verständnis dafür. «Auch wenn die vorhandenen Informationen aufgrund des frühen Planungsstandes noch nicht sehr aussagekräftig sind, sind wir an einem konstruktiven Dialog interessiert und kommen dem Wunsch der Nachbarschaft nach einem persönlichen Austausch nach.» Dazu soll ein Informationsanlass vom 28. Juni 2023 dienen.

Tatsächlich haben die Bewohnerinnen von Arbach kurz nach der Publikation des Leserbriefs eine Einladung zu besagtem Anlass erhalten. So weit, so gut. Auch wenn sich Caroline Vetter am Wortlaut stört, den die Stadt in ihrem Brief verwendet. In diesem, zentralplus vorliegenden Schreiben heisst es: «An dieser Stelle weisen wir darauf hin, dass wir zum heutigen Zeitpunkt über die bereits öffentlich gemachten Informationen hinaus keine weiteren Auskünfte erteilen oder darüber hinausgehende Fragen beantworten können.»

Der Stadtrat und der Grosse Gemeinderat würden sich zu diesem Projekt erst anlässlich der Vorlage für den Wettbewerbskredit äussern. «Bis dahin können die entsprechenden Dokumente, wie von der Gruppe der Anwohnerinnen und Anwohner gewünscht, nicht zugänglich gemacht werden.»

«Dass die Stadt Zug keine weiteren Auskünfte zu den öffentlichen Informationen geben will, finde ich schon seltsam. Das klingt, als handle es sich beim geplanten Informationsanlass um eine reine Alibiübung», gibt Caroline Vetter zu bedenken.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Caroline Vetter
  • Kontakt mit IG Arbach
  • Schriftlicher Austausch mit Eliane Birchmeier
  • Einladung zur Informationsveranstaltung
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