50 Fragen an Alex Frei

«Ich investiere lieber in Steine als in Beine»

FCL-Sportchef Alex Frei auf der Suche nach Antworten. (Bild: Fleur Budry)

Als Sportchef des FC Luzern hat ein neuer Abschnitt in der Karriere von Alex Frei begonnen. Was für ein Mensch verbirgt sich hinter dem Rekordtorschützen der Schweizer Nationalmannschaft, dessen Arbeitsort nun in der Zentralschweiz liegt? zentral+ wollte es ganz genau wissen und stellte ihm 50 Fragen.

Auf dem grünen Schild neben der Tür des Sitzungszimmers Nr. 1 im Bauch der swissporarena in Luzern steht «Frei». Zwar ist damit gemeint, dass der Raum unbesetzt ist, dennoch passt es zum heutigen Interview mit Alex Frei, dem neuen Sportchef des FC Luzern.

Er lässt auf sich warten. Verständlich, wenn man bedenkt, dass er zurzeit alle Hände voll zu tun hat. Gerade erst hat er sein Premiere-Spiel als Sportchef hinter sich gebracht und in zwei Tagen steht der schwere Gang mit dem FCL zum FC Basel in den St. Jakobspark an – Freis alter Liebe und bisheriger Arbeitgeber.

Dann springt die Tür auf und Alex Frei hetzt herein. «Hallo, ich bin Alex.» Der oberste Knopf des blassblauen Hemdes ist offen, in den Haaren glänzt wie gewohnt etwas zu viel Gel, im Gesicht spriesst der Dreitagebart. So, wie man den bald 34-Jährigen kennt.

Frei setzt sich und rückt seine Uhr zurecht. Die erwartungsvolle Mine macht deutlich, dass er jetzt gerne beginnen würde. Gleichzeitig scheint er neugierig zu sein, was jetzt gerade auf ihn zukommen wird.

Viele Fragen warten auf Alex Frei – 50 um genauer zu sein. Aber keine Angst, Alex, die Fragen sind harmlos. Die meisten zumindest. Los gehts, Anpfiff.

 

1.    Sind Sie jetzt Luzerner Einwohner?

Nein. Ich wohne noch in Binningen, ab Sommer dann in Biel-Benken. Ich habe mir aber eine Wohnung in Luzern genommen.

2.    Fast Food oder Haute Cuisine?

Haute Cuisine.

3.    Mozart oder Snoop Dogg?

Mozart.

4.    SP oder SVP?

Alex Freis Hände liegen gefaltet auf dem Tisch, die mächtige Uhr mit den grossen Ziffern blitzt unter seinem Hemdsärmel hervor. Er blickt auf das Fragenblatt, das verkehrt herum vor ihm liegt und überlegt kurz.

Die Mitte von den beiden.

5.    Der schönste Ort in Luzern?

Städte, die an einem See liegen haben unglaublich viel Charme. In Luzern gibt es so viel zu entdecken und zu erleben, dass ich mich nicht auf einen schönsten Ort festlegen kann.

6.    Was dürfen Sie nun tun, was Ihnen als aktiver Fussballer untersagt war?

Den Tag so einteilen, wie ich es will.

7.    Wie viele Stunden pro Tag telefoniert ein Sportchef?

Blick zur Decke. Frei rechnet.

Eine Stunde. Nein, zwei.

8.    Haben Sie die Verpflichtung des neuen FCL-Trainers Carlos Bernegger in die Wege geleitet?

Alex Frei schaut stumm aufs Blatt vor ihm. Es scheint, als müsse er abwägen, was er sagen darf.

Ich habe dem FC Luzern meine Idee vorgestellt, welcher Trainer am besten zum Club passen würde. Da kamen nur zwei infrage. Einer davon war Carlos Bernegger und der andere, nun ja, war ein anderer.

9.    Was hat sich seit Ihrem letzten FCL-Engagement 2001 in Luzern verändert?

Der FCL ist professioneller geworden, die Infrastruktur, das Stadion sind viel besser. Man ist hier schon viel weiter als damals. Was sich nicht verändert hat, ist die Herzlichkeit und Wärme der Leute.

10. Am Sonntag spielt der FCL gegen den FC Basel. Ihr Tipp?

Einen Tipp habe ich nicht, aber ich weiss, dass es sehr schwierig wird den FC Basel zu schlagen.

11. Was kann der FC Luzern am meisten vom FC Basel lernen?

Tiefes Durchatmen.

Der FC Basel ist vorbildlich was die Kommunikation und das Krisenmanagement betrifft. Auch der Aufbau einer nachhaltig erfolgreichen Mannschaft ist den Baslern sehr gut gelungen. Das geht nicht von heute auf morgen, aber das kann der FCL vom FCB lernen.

12. Das schönste Stadion der Schweiz?

In der Schweiz?

Freis Augenbrauen sind hochgezogen. Als gäbe es anderswo viel schönere Stadien.

Die swissporarena in Luzern und der St. Jakobspark in Basel.

13. Wenn Sie unlimitierte finanzielle Mittel zur Verfügung hätten, welche drei Spieler aus der Schweizer Fussballnationalmannschaft würden ganz zuoberst auf Ihrer Wunschliste stehen?

Ich würde Xherdan Shakiri und Granit Xhaka holen. Die beiden würden reichen.

Aber das ist eine Boulevardfrage. Wenn ich unbegrenzte Finanzen zur Verfügung hätte, würde ich zuerst die Infrastruktur rund um den FC Luzern stärken – Investitionen tätigen in neue Rasenplätze, in abgesperrte oder überdachte Plätze. Ich würde also lieber in Steine investieren als in Beine.

14. Wann wird der FC Luzern Schweizer Meister?

Er bleibt sehr ernst. Und es scheint, als hätte er sich das auch schon gefragt. Also keinesfalls eine utopische Frage.

Wenn wir geduldig bleiben,  wird der FC Luzern irgendwann wieder einmal an die Reihe kommen, Schweizer Meister zu werden. Wann, das ist im Fussball unmöglich zu sagen. Es könnte nächste Saison sein oder erst in zehn Jahren.

15. Ist die Funktion des Sportchefs nur ein Zwischenschritt zum Trainer?

Alex Frei hebt den Blick vom Fragenblatt und antwortet prompt und ohne zu blinzeln.

Nein.

16. Sie sind Rekordtorschütze der Schweizer Nationalmannschaft, trotzdem hatten Sie einen schweren Stand bei den Fans. Wie erklären Sie sich das?

Es war sicherlich so, dass ich manchmal für Schweizer Verhältnisse zu forsche oder zu direkte Aussagen gemacht habe. Aber wenigstens habe ich immer das gesagt, was ich gefühlt habe. Fertig.

17. Die Schweiz war U17-Weltmeister und U21-Vize-Europameister. Weshalb übertragen sich diese Erfolge nicht auf die A-Nationalmannschaft?

Die Schweiz hat das Potenzial, irgendwann in einen Viertel- oder Halbfinal bei einem grossen Turnier vorstossen zu können. Bei der Nationalmannschaft spielen sehr viele Faktoren eine Rolle, ob sie erfolgreich ist oder nicht: Es gibt Stimmungsschwankungen, Verletzte, Spieler mit wenig Spielpraxis oder solche, die gerade einen Höhenflug haben. Zudem ist es kein Vorteil, dass in der Schweizer Super League nur zehn Vereine spielen – 16 Mannschaften würden beispielsweise die Breite und somit die Qualität der Nationalmannschaft verbessern. Und ganz wichtig: Die Schweizer Vereine müssen geduldiger werden. Wir sind das Land mit dem grössten Trainerverschleiss in Europa, nur schon das sollte zum Nachdenken anregen.

18. Konnten Sie Ihre Auswechslung kurz vor dem Penaltyschiessen gegen die Ukraine im Achtelfinale der WM 2006 nachvollziehen?

Heute würde ich auf dem Platz bleiben. Und Köbi Kuhn würde mich auch nicht mehr auswechseln. Damals habe ich Kuhns Entscheid nicht hinterfragt, dazu war unser Verhältnis einfach zu gut.

19. Die Basellandschaftliche Zeitung verlangte kürzlich, dass alle in der Schweiz etwas mehr vom Alex-Frei-Gen gebrauchen könnten. Was ist das Frei-Gen?

Das müssen Sie die Zeitung fragen.

20. Das hässlichste Trikot, das Sie je anziehen mussten?

Freis Mundwinkel ziehen sich in die Länge. Das überraschte Lächeln lässt vermuten, dass ihm diese Frage wahrscheinlich noch nie gestellt wurde.

Ich hatte das Glück immer in modebewussten Vereinen spielen zu können.

21. Der mühsamste Verteidiger, gegen den Sie je gespielt haben?

Fabio Cannavaro und Roberto Ayala.

Frei antwortet, bevor die Frage überhaupt zu Ende gestellt ist. Anscheinend wird er die Begegnungen mit diesen Verteidigern nicht so schnell vergessen.

22. Weshalb die Rückennummer 13?

Ich sehe, Sie haben mein Buch nicht gelesen, sonst wüssten Sie die Antwort.

Nein. Aber das wird noch nachgeholt. Bestimmt!

Als ich nach Dortmund gewechselt habe, wollte ich zuerst die 23 – die Nummer hatte ich zuvor auch bei Rennes. Nur war sie schon von Philipp Degen besetzt. Die 13 war die einzige tiefe freie Nummer, und ich wollte nicht mit der 28 oder 36 spielen. Schliesslich überzeugte mich BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke damit, dass Gerd Müller an der WM 1970 mit der 13 Torschützenkönig geworden ist.

23. Der grösste Unterschied zwischen der Super League und der Bundesliga?

Das Spieltempo, die Grösse der Stadien, die Platzverhältnisse sowie die Professionalität und die Aufmachung rund um den Spieltag.

24. Jürgen Klopp, Trainer von Borussia Dortmund, meinte einmal, dass Sie seine grösste sportliche Herausforderung waren. Ein Kompliment?

Ja, ein sehr grosses!

25. Wie viele Partien haben Sie unter Schmerzmitteln gespielt?

Einige.

In Freis Unterton schwingt ein gewisses Leiden mit.

26. Ihr schlimmster Moment mit einem Journalisten?

In den letzten zwölf Jahren gab es viele komische Momente mit Journalisten. Meistens versuchte ich das Gespräch dennoch professionell über die Bühne zu bringen. Und manchmal wollte ich einfach nur davonrennen.

27. Wird im Fussball gedopt?

Eine gute Frage. Hin und wieder hört man von Spielern, die gekokst, einen Joint geraucht oder Kreatin zu sich genommen haben. Aber einen Dopingfall wie im Radsport oder der Leichtathletik gab es bisher nicht. Ich glaube auch nicht, dass das im Fussball etwas bringt. Man trifft das Tor nicht besser, wenn man dopt.

28. Mögen Sie Frauenfussball?

Ja.

29. Dürfen sich Fussballer im Ausgang betrinken?

Es kommt auf den Moment an. Wenn es nicht während der Saison, sondern in den Ferien vorkommt, ist es Privatsache der Spieler.

30. Cristiano Ronaldo wechselte mal in der Halbzeit seine Frisur. Wie oft blickten Sie in der Pause in den Spiegel?

Die Frage findet er offensichtlich doof. Trotzdem:

Das ist doch ein Reflex beim Händewaschen. Also jedes Mal.

31. Kennen Sie schwule Fussballer?

Nein.

32. Ihr Buch heisst «Alex Frei – König des Strafraums». Haben Sie sich diesen Titel ausgedacht?

Nein.

33. Wie reagieren Sie, wenn Sie heute noch auf die Spuckaffäre von 2004 angesprochen werden?

Ich weiss, dass dieser Akt zu mir gehört. Das bereue ich auch und dafür habe ich mich auch entschuldigt. Meine Karriere jedoch nur darauf zu reduzieren, fände ich doch etwas sehr einfach. Manchmal wird mir das zwar noch vorgehalten, aber es ist allgemein kein Problem mehr für mich.

34. Welches Ihrer 42 Nati-Tore hat Sie am meisten bewegt?

Frei scheint die Antwort wieder auf dem Fragenblatt zu suchen.

Karriereentscheidend für mich war das 1:0 gegen Togo an der WM 2006 in Deutschland. Sportlich wie auch finanziell war dieses Tor das Zünglein an der Waage. 

35. Sie kochen angeblich gerne. Was ist Ihr Paradegericht?

Ein Paradegericht habe ich nicht. Meine Frau beklagt sich jedenfalls nicht.

36. Wer hat mehr Schuhe – Ihre Frau Nina oder Sie?

Ich.

37. Was schenken Sie Ihrer Tochter Lia zum ersten Geburtstag?

Ich schenke meiner Tochter viele Sachen und sie wird auch verwöhnt – vor allem von den Grosseltern. Zum Geburtstag werde ich aber uns allen etwas schenken. Es tut gut, als Familie etwas zusammen zu machen.

38. Was naschen Sie vor dem Fernseher?

Erstmals lehnt sich Alex Frei zurück. Er lacht.

Mövenpick-Glace oder Gummibärchen.

39. Haben Sie einen Spitznamen?

Nein.

40. Welches Buch können Sie weiterempfehlen?

Das Buch «Barca» über die Geschichte vom FC Barcelona ist sehr interessant. Auch die Biographie vom ehemaligen Skirennfahrer Hermann Meier ist eindrücklich. Zudem kann ich auch das Buch über die Kaffee-Familie Jacobs weiterempfehlen.

41. Wie viel Trinkgeld geben Sie der Bedienung im Restaurant?

Das kommt auf die Sympathie an.

42. Mit welcher Schweizer Persönlichkeit möchten Sie gerne mal essen gehen?

Mich fasziniert der Unternehmergeist der Hayeks. Ich würde also gerne mal mit Nick Hayek essen gehen. Auch gegen ein Essen mit Hublot-Chef Jean-Claude Biver hätte ich nichts einzuwenden. Aus beruflichen Gründen möchte ich natürlich auch mal mit Herrn Alpstaeg essen gehen – das wird aber sicher auch geschehen.

43. Wann zuletzt geraucht?

Bei der Meisterfeier 2012 habe ich eine Zigarre geraucht.

44. Wann zuletzt auf Skiern gestanden?

Diesen März. Als aktiver Fussballer war mir das damals zwar noch verboten, aber ich bin das Risiko eingegangen. Viel zu verlieren hatte ich ja nicht mehr.

45. Wenn Sie ein Tier wären, welches wäre das?

Ein Fuchs.

46. Was halten Sie von Uli Hoeness?

Meiner Meinung nach war es falsch, dass er Steuern hinterzogen hat, und dafür muss er bestraft werden. Wenn ich nun aber sehe, dass man ihm ein ähnlich hartes Strafmass androht wie einem Schwerverbrecher, der sich beispielsweise an Kindern vergeht, wird mir übel. Uli Hoeness ist ein Monsieur, er ist Bayern München. Was er aus diesem Verein gemacht hat, ist beispielslos. Von ihm könnten sich einige Politiker und Unternehmer eine Scheibe abschneiden.

47. Ihr schlimmster Moment auf dem Fussballplatz?

Die letzten Minuten an der Euro 2004 in Portugal.

48. Beni Turnheer ist…

…eine Institution beim SRF.

49. Sind Pyros im Stadion nicht geil?

Frei überlegt lange. Klar, das ist eine heikle Frage, die er wohl nun aus der Sicht des Sportchefs beantworten muss.

Es ist so: Pyros sehen zwar cool aus und ich verstehe, dass sie zur Fankultur gehören. Aber sie sind nun mal verboten. Wenn ich gerne mit 180 Sachen über die Autobahn fahre, aber nur 120 erlaubt sind, muss ich auch mit den Konsequenzen leben. Was man einfach auch nicht vergessen darf, ist, dass immer der Verein zur Verantwortung gezogen wird und die Bussen bezahlen muss. Daran sollten die Fans einfach auch denken.

50. Absolut undenkbar, dass Alex Frei irgendwann doch noch im FCL-Dress auflaufen wird?

Ein lauter Jauchzer rutscht dem sonst so besonnenen Alex Frei über die Lippen. Es ist unklar, ob ihn tatsächlich die Frage so amüsiert, oder ob er einfach nur froh ist, dass das Interview nun zu Ende ist.

Ja, das ist undenkbar.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von tonino wir sind cool.org
    tonino wir sind cool.org, 27.04.2013, 14:04 Uhr

    FREI sein und FREI seine persönliche Meinung ausdrücken können, was will man pardon frau noch mehr?
    Alex Frei – Willkommen in Luzern.

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