Multimillionär in Luzern

«Ich bin der norwegische Botschafter für Luzern»

Dem norwegischen Multimillionär Tord Ueland Kolstad gefällt es in Luzern – hier auf der Kapellbrücke – ausserordentlich gut. (Bild: mst)

Tord Ueland Kolstad ist aus dem hohen Norden nach Luzern gezogen. Er gibt im Gespräch mit zentralplus offen zu, dass er dies aus Steuergründen tat. Mittlerweile schätzt er aber noch viel mehr an der Region.

Tord Ueland Kolstad hat ein gewinnendes Auftreten. Er bietet einem unkompliziert das Du an und entschuldigt sich für die drei Minuten Verspätung. Dann folgt ein Gespräch, bei dem es über das Steuersystem Norwegens und über die Vorzüge der Schweiz und Luzerns geht.

Doch von vorne: Der 51-Jährige gehört zu einer wachsenden Gruppe wohlhabender Norweger, die ihrem Heimatland den Rücken kehren und in die Schweiz ziehen. Luzern steht dabei weit oben auf der Liste der möglichen Niederlassungsorte (zentralplus berichtete). Seit knapp einem Jahr ist dieser Trend zu beobachten. Die Millionäre und Milliardäre haben genug von den vergleichsweise hohen Steuern in Norwegen und fliehen in steuergünstigere Gefilde.

Die NZZ schätzt das Vermögen des Mannes aus der nordnorwegischen Stadt Bodø, der als 19-Jähriger seine erste Wohnung kaufte und später zum schwerreichen Immobilienunternehmer wurde, auf 190 Millionen Franken.

Über 1,2 Millionen Franken an Vermögenssteuern pro Jahr

Während andere norwegische Multimillionäre die Öffentlichkeit meiden wie der Teufel das Weihwasser, ist Tord Ueland Kolstad bereit, über seine Beweggründe zu sprechen. Diese sind einfach: Steuern. «Die neue sozialdemokratische Regierung verdoppelte die Vermögenssteuern», erklärt er beim Treffen mit zentralplus. Neu müsste er in seiner Heimat jährlich über 1,2 Millionen Franken Vermögenssteuern zahlen. Da sein Vermögen aber fast ausschliesslich aus Unternehmensanteilen bestehe, habe er kaum Möglichkeiten gehabt. «Es war klar: Entweder ich schliesse mein Unternehmen oder ich ziehe ins Ausland.»

Er tat Letzteres – im Oktober vergangenen Jahres.

Nun spart er gemäss eigenen Aussagen rund eine Million Franken pro Jahr. Der Hauptgrund für seinen Umzug in die Schweiz – auch hier ist der Vater von vier Kindern erstaunlich offen – ist das Steuersystem. Die Schweiz kennt als eines der wenigen OECD-Länder eine Vermögenssteuer. Er habe in ein Land mit Vermögenssteuern ziehen müssen, da er sonst nach wie vor dem norwegischen Fiskus unterstellt gewesen wäre, wie er erklärt. «Deshalb zog ich beispielsweise auch nicht nach Schweden.»

Viele weitere reiche Norweger stünden vor derselben Entscheidung. Tord Ueland Kolstad kontaktieren gemäss eigenen Aussagen jede Woche mehrere wohlhabende Landsleute. «Sie wollen von mir wissen, wie das Leben in der Schweiz ist. Ich sage ihnen jeweils, ich bereue nur etwas: dass ich nicht früher hierhin gezogen bin.» Er ist überzeugt davon, dass noch mehr Norweger in die Schweiz und nach Luzern kommen werden. Das freut ihn. «Ich bin der norwegische Botschafter für Luzern», sagt er lachend.

Luzern: Klein, aber eben nicht zu klein

Tord Ueland Kolstad geniesst sein neues Leben in der Schweiz. Er wohnt mit seiner Lebenspartnerin und der zehnjährigen Tochter in der Luzerner Neustadt, die drei älteren Kinder leben in Norwegen und in den USA. Er hat hier eine Immobilienfirma gegründet und bereits sein erstes Objekt gekauft, einen Wohnblock an der Luzerner Bruchstrasse. «Wir waren schon vor unserem Umzug diverse Male in der Region. Uns hat es hier immer gefallen», erklärt er. Auch über Zug und Hergiswil habe er sich informiert, sich aber schliesslich für Luzern entschieden. «Wir sind sehr glücklich hier.» Luzern sei klein, aber eben nicht zu klein. «Zudem liegt die Stadt sehr nahe an den Bergen.»

«Ich bezahle in Norwegen durch meine Firma immer noch sehr viel Steuern.»

Tord Ueland Kolstad

Etwas will der Unternehmer während des Gesprächs noch klarstellen. Natürlich sei es der Hauptgrund, aber er sei nicht ausschliesslich der Steuern wegen in die Schweiz gezogen. Die Schweiz sei politisch stabil und ausserdem gut gelegen. Das komme ihm als Vielreisendem entgegen. «Ausserdem ist das Schulsystem eines der besten, das ich je gesehen habe, was wichtig ist für meine Tochter.» Auch die medizinische Versorgung und der öffentliche Verkehr seien hervorragend. Zudem schätze er es, dass die Läden abends und sonntags geschlossen sind. «Das bringt auch Ruhe in die Gesellschaft.»

Kritik an seinem Wegzug

Ob er denn nichts auszusetzen habe, will zentralplus von ihm wissen. «Nein, nicht wirklich. Aber wenn ich etwas nennen müsste, wären es die hohen Fleischpreise. Aber ich esse ja glücklicherweise nicht 10 Kilo Steak pro Woche.»

Der Multimillionär interessiert sich für das Gegenüber, und er interessiert sich auch dafür, was die Leute denken. Ihm sei die Kritik an seinem Wegzug von Norwegen aus steuertechnischen Gründen durchaus bewusst. So ist er auch auf die Frage vorbereitet, ob ebendieser Wegzug nicht asozial gegenüber der norwegischen Gesellschaft gewesen sei. «Ich bezahle in Norwegen durch meine Firma immer noch sehr viel Steuern», antwortet er.

Zudem beschäftige seine Unternehmensgruppe über 300 Angestellte, er leiste also immer noch viel für Norwegen. «Aber wenn sich die Steuerlast verdoppelt und dadurch so gross wird, dass sie einen fast erdrückt, glaube ich, dass es viele Leute verstehen, wenn man die Konsequenzen zieht.»

Regelmässiger Austausch mit anderen Norwegern

Tord Ueland Kolstad sieht seine Zukunft in Luzern. Dabei kann er auch auf Unterstützung einiger Landsleute zählen. Er trifft sich regelmässig mit anderen Norwegern in Luzern. Das sei wichtig, man tausche sich aus und unterstütze sich gegenseitig. Wenn es so weitergeht, wird die wohlhabende norwegische Gemeinschaft in Luzern in den nächsten Monaten und Jahren noch deutlich anwachsen. Denn der «norwegische Botschafter für Luzern» weibelt in seiner Heimat kräftig für seinen neuen Wohnort.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Tord Ueland Kolstad
  • Artikel in der NZZ
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