«Chat with us» – was dabei herauskommt

«Hallo Luzern Tourismus, darf ich Du sagen?»

Die neue Website von Luzern Tourismus bietet nicht nur stimmige Bilder, sondern auch freundliche Worte.

(Bild: Montage zentralplus)

Jahrelang haben wir den Befehl ignoriert: «Chatten Sie mit uns!» Bis wir neugierig wurden: Was hat uns Luzern Tourismus zu sagen? Ein Selbstversuch mit einem überraschenden Schluss.

Luzern Tourismus hat eine neue Website: Das schlichte Design ist ansprechend, beim Ladevorgang braust ein Dampfschiff über den Screen und es zeigt laufend herbstliche #mylucerne-Instagram-Bilder an. Was geblieben ist: der Chat.

Jedes Mal, wenn ich auf die Website von Luzern Tourismus surfe, lockt unten rechts der Imperativ: «Chat with us!» – «Fragen Sie uns!» Jahrelang bin ich der Aufforderung nicht nachgekommen, denn ich suche mir meine Informationen lieber selber und verschwinde wieder.

Doch irgendwann habe ich mich gefragt: Wer möchte da unbedingt chatten? Was kann man alles fragen? Und hat die Person – oder der Roboter – Humor? Auf zum Versuch mit vier Anläufen.

1. Ein erstes Abtasten

Ich bin kein geübter Chatter, ich ziehe die zeitversetzte Kommunikation vor. Darum verläuft die erste Kontaktaufnahme noch etwas unbeholfen und wenig konkret. Das Fenster ploppt auf – Hallo?

Tourist Information: Hallo

Ich: Darf ich Du sagen? 🙂

Tourist Information: natürlich

Das ging zackig, keine Warteschlaufe, als hätten sie darauf gewartet. Ich schmeichle mit netten Worten zur neuen Website und frage ganz allgemein nach Herbst-Aktivitäten, jetzt, wo leider die Määs zu Ende ist.

Bei dieser Frage dauert es länger, Minuten verstreichen und ich freue mich auf ausgefeilte Tipps. Die Antwort ist dann enttäuschend, zwar sehr freundlich, aber wenig konkret.

Tourist Information: Sie können Schifffahren, auf verschiedene Berge gehen, oder auch in Museen.

Das Gegenüber bleibt beim formellen «Sie». Und ich Chatanfänger habe es versäumt, nach dem besten Berg oder der schönsten Schifffahrt zu fragen, nach ihrem oder seinem ganz persönlichen Favoriten. Vielleicht wäre das ein Eisbrecher gewesen. Aber gut, immerhin scheint hier ein echter Mensch zu interagieren.

Ich: Dann halt› ich dich nicht länger auf …

Tourist Information: Kein Problem, für das sind wir ja da.

Ein Ausschnitt aus dem Chat:

(Bild: Screenshot)

2. Ein Versuch auf Englisch

Nach der Aufwärmrunde möchte ich es nun genauer wissen und schlüpfe in die Rolle des unwissenden Touristen von auswärts, der deutschen Sprache nicht mächtig. «Feel free to chat with us», heisst es ja schliesslich.

Ich: Where can I find typical swiss food in Lucerne?

Statt einer Antwort gibt’s ein PDF mit Restaurants, die Schweizer Spezialitäten servieren (hier zu finden). Es gibt mir in detaillierten Tabellen Auskunft, wo ich Fleisch- oder Käse-Fondue, Raclette oder Chügeli-Pastetli essen kann. Nützlich, aber etwas gar wortkarg und formell.

Ich will es genauer wissen und frage nach persönlichen Tipps. Und siehe: «Pfistern is very nice.» Zudem Lapin, Rebstock und Stadtalp. Letzteres gleich bei der Viscosistadt in Emmenbrücke dürfte selbst für viele Luzerner ein Geheimtipp sein.

Nun will ich den Chat herausfordern:

Ich: It’s not possible to book rooms at Palace, do you know why?

Tourist Information: Oh no sorry, I don’t know.

Hoppla! Die Tourist Information dürfte wissen, dass eines der bekanntesten Hotels der Stadt momentan wegen der Renovation geschlossen ist.

Ich: I heard about a place called «Schüür». Do you know what it is?

Tourist Information: Yes, it is like an old barn / stable. Where is now a concert house. (Es folgt der Link aufs Programm)

Ich: Is it dangerous there? Or should I better go to KKL?

Tourist Information: No no, it is not dangerous there. But maybe another kind of music.

Gut gemacht, ich bedanke mich artig und schmiere der Chatterin noch etwas Honig ums Maul. Und auf meine Frage, ob sie denn kein Computer sei, versichert sie: «I am a real person.»

(Bild: Screenshot)

3. Hallo us Züri

Ich bin absolut kein Fan von schweizerdeutschen Mails oder SMS. Die Chatterin der Tourist Information – sie wird mir später sogar ihren Namen verraten – schaltet umstandslos auf Dialekt um. Sympathisch.

Liegt’s an der Mundartsprache, an den Themen oder den Fragen? Jedenfalls beweist sie hier Humor und Witz und ich hätte gerne noch länger gechattet, das Eis war schnell gebrochen. Sie antwortet nicht nur auf Sachfragen, sondern geht auch auf Smalltalk ein.

Ich: Heds in Luzern eigentlich ned viel z viel Touris?

Tourist Information: Nei, die Touris bruched mer jo ide Stadt 🙂 Das esch scho guet so.

Ich: Chan ich als Zürcher glich au cho, au wenn’s nur Chinese hed?

Tourist Information: Notürlech, au Zürcher send willkomme 😉

Nun möchte ich von ihr drei ultimative Tipps, was man an einem Schlecht-Wetter-Wochenende nicht verpassen darf. (Aber bitte ohne Pilatus, denn «wir Zürcher» haben ja schon den Üetliberg.)

Die Tipps sind zwar auch nicht sonderlich überraschend, aber doch angereichert mit einer persönlichen Note und nicht einfach ein PDF, eine Tabelle oder ein Link. Es klingt echt, was die Chatterin hier empfiehlt: das Verkehrshaus («do go au ech als Lozärneri»), ein Ausflug auf den Bürgenstock (im Restaurant reservieren!), ein Kaffee im Montana («es Träumli!») und ein Spaziergang auf die Museggmauer.

Und auch sie versichert zum Schluss: Hier schreibt ein Mensch und kein Roboter.

Ich: Denn wünsch ich hoffentlich nume agnähmi chats 🙂

Tourist Information: Danke vell mol, jo es ged au anders, aber do musmer döre 😉

(Bild: Screenshot)

4. Werden wir politisch

Und nun versuchen wir’s noch auf der politischen Ebene – denn Tourismus ist in Luzern ja momentan ein Politikum. Getarnt als deutscher Interessent frage ich nach möglichen Touristen-Gebühren und Einschränkungen für Cars.

Lag es am Wort «Recherche» oder habe ich mich sonst verraten? Denn nach ein paar Fragen verweist die Person doch tatsächlich auf die Medienstelle. Ich fühle mich ertappt …

Ich: Ich habe bei der Recherche gehört, dass ich bald eine Gebühr bezahlen muss, wenn ich Luzern besuche. Stimmt das?

Tourist Information: Nein, das stimmt nicht.

Ich: Dann kommt das nicht so schnell?

Tourist Information: Nein, ich denke nicht 🙂

Okay, es ist natürlich übertrieben, aber es gab ja kürzlich durchaus die Forderung nach Reglementierung … so braucht die Person am anderen Ende für diese Antwort etwas länger. Und es spricht wiederum für die Tourist Information, dass sie auf solche Fragen überhaupt eingeht.

Ich: Ich habe auch gelesen, dass Cars vielleicht nicht mehr ins Zentrum fahren dürfen?

Tourist Information: Ja, das könnte eventuell sein, aber auch dies muss noch ausführlich diskutiert werden, bevor so etwas umgesetzt wird. Oder eben dann nicht.

Und dann eben der Verweis auf die Medienstelle. Touché!

Fazit: Einfach mal chatten, freundlich sein und man erhält erhellende Antworten. Habe ich da nicht kürzlich bei der Krankenkasse ein Chatfenster entdeckt … ?

(Bild: Screenshot)

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