Handy-Antennen

Gut getarnt ist halb versteckt

In der Luzerner Eisengasse ist keine Antenne zu sehen, was jedoch nicht bedeutet, dass sie nicht da ist. (Bild: Kilian Bannwart)

Kaum ist eine Mobilfunk-Antenne geplant, entsteht ein Aufstand bei den Anwohnern. Doch was, wenn sie es gar nicht mitbekommen – weil die Antenne aussieht wie ein Kamin, eine Fahnenstange, eine Tanne? Oder ganz klein in einer Leuchtreklame versteckt ist, wie in der Luzerner Eisengasse? Das sei nur wegen der Ästhetik, sagen die Mobilfunkanbieter.

Zahlreiche Pendler stehen auf dem Perron und warten auf den Zug – alle sind in ihr Smartphone vertieft – nur eine einzelne Frau schaut geradeaus. Die Bildunterschrift lautet: «Was schaut sie sich denn an? Die Welt etwa?» – ein Foto, welches immer wieder auf Facebook kursiert.

Es verdeutlicht, wie sehr sich die Nutzung von Smartphones im öffentlichen Raum in den letzten Jahren verstärkt hat. Das Bundesamt für Kommunikation teilte vor kurzem mit, dass sich die genutzte Datenmenge in den nächsten fünf Jahren wahrscheinlich noch verzehnfachen werde. Pro Tag würden deshalb bereits heute schweizweit zwei neue Antennen aufgestellt. Und auch in der Stadt Luzern steigt die Anforderung an ein ungestörtes Mobilnetz in jedem Winkel und jeder Gasse.

Weniger Leistung, aber kaum Auflagen

Volksinitiative zum Thema

Die Volksinitiative «Für Ordnung statt Wildwuchs beim Mobilfunk» wurde am 5. Januar 2015 bei der Luzerner Stadtkanzlei eingereicht. Ein parteiunabhängiges Komitee hat 1'280 gültige Unterschriften gesammelt. Die Initiative fordert, dass das Antennennetz in der Stadt Luzern nicht ungebremst ausgebaut werden kann, sondern klar reglementiert wird.

Und für die Netzabdeckung benötigen wir Mobilfunk-Antennen überall – um auch immer und überall erreichbar zu sein. Und bereits steht man vor dem Konflikt. Mobilfunkanbieter gegen Antennengegner, ein ewiger Kampf. Die eine Seite stellt Antennen auf, die andere klagt dagegen. Ein Problem der Gegner ist allerdings, dass viele Antennenstandorte erst einmal gefunden werden müssen.

Während bei grossen Antennen Baugesuche eingereicht werden müssen, können Mininatelantennen, die sogenannten Mikrozellen, ohne Gesuche jederzeit und überall auf privatem Grund angebracht werden. Dies, da ihre Sendeleistung kleiner ist. Sie sind nur ungefähr 20 Zentimeter gross, fallen daher kaum auf und lassen sich beispielsweise gut auch in Leuchtreklamen verstecken.

Ästhetische Frage oder geschickter Schachzug?

Aber auch grosse Antennen können vor suchenden Blicken kritischer Nachbarn geschützt werden.

Sogar von «Exzessen mit versteckten Antennen» spricht die Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener. Die IG wirft den Anbietern betrügerische Methoden vor: «Alle gegenwärtigen und vor allem künftigen Nachbarn werden arglistig getäuscht», kritisieren die Antennengegner die getarnten Antennen auf ihrer Website. Nur um Einsprachen zu umgehen, würden die Antennen versteckt. Die Anbieter jedoch sprechen von einem «ästhetischen Einpassen in die Umgebung». Das habe nichts mit Tarnung oder Täuschung zu tun.

Ein falsches Cheminée an der Maihofstrasse.

Ein falsches Cheminée an der Maihofstrasse.

Tarnung im Kamin oder Kirchturm

Die bekannteste Tarnung von grossen Antennen sind Kirchtürme. Schon mehrmals fanden sich schweizweit Kirchgemeinden im Fokus der Presse und musste sich wegen versteckten Antennen im heiligen Haus rechtfertigen. Bei einem Fall im Kanton Bern sind sogar Kirchenmitglieder deswegen ausgetreten.

Gleich nach der Kirche kommen falsche Cheminées, Fahnenstangen und Bäume als «ästhetische Verstecke» in Frage. Auf dem Dach der Pilatusbahnen sind beispielsweise Antennen als Fahnenstangen getarnt. Auf dem Luzerner Hausberg selbst sind ganze vier grosse Antennen installiert. Auf dem Krienser Schappe-Center steht ein weisses, hohes, falsches Cheminée.

Das falsche Cheminée auf dem Schappe-Center in Kriens.

Das falsche Cheminée auf dem Schappe-Center in Kriens.

zentral+ erhielt auch die Information, dass im Dach – konkret in einer Kuppel – des Hotel Palace eine Antenne eingebaut worden sei, die Ziegel darüber seien durch Kunststoffziegel ersetzt worden. Das Palace bestätigte diese Information auf Anfrage.

Bekannt ist, dass ein Luzerner Hotel eine Antenne in die hauseigene Leuchtschrift einbauen lies. Welches Hotel es tatsächlich ist, wurde nie bekannt, doch auf der Karte mit den Antennenstandorten kann man das relativ schnell eingrenzen (siehe Slideshow). Ein Standort scheint sich auf dem Hotel Schweizerhof zu befinden. Auf Nachfrage heisst es jedoch, es gäbe keine Antenne auf dem Hotel Schweizerhof.

Spannend wird es, wenn, wie beim Beispiel des Baarer Rathauses, nicht einmal der Gemeindepräsident von der Antenne in der hauseigenen Leuchtsäule wusste. Bei grossen Antennen ist dies grundsätzlich nicht möglich, da die Gemeinde wegen der Baubewilligung Bescheid wissen sollte. Mikrozellen hingegen können praktsch überall versteckt sein. Vom Standort her werden jedoch oft Leuchtreklamen, wie die der Post, die über Telefonzellen oder von privaten Geschäften genutzt. Ein Beispiel ist die Leuchtreklame von JR Hairdressing in der Eisengasse.

Auch in ein Holzkreuz am Strassenrand bei Sihlbrugg war eine Antenne integriert, bis vor kurzem. Was Jesus wohl dazu gesagt hätte?

Dieses Holzkreuz bei Sihlbrugg soll eine Antenne beinhalten.

Dieses Holzkreuz bei Sihlbrugg soll eine Antenne beinhalten.

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